Sophismen sich in die Unterredung einschleichen wollten mit donnerndem Ton: Halt's Maul!
Nachdem Schneider und Dämon einander wohl eine Stunde lang wie die Rohrsperlinge ausge- schimpft hatten, wurde der Dämon wirklich klein- laut und brummte: Der Vernünftigste giebt nach. Mit solchem verwetterten Bügeleisen ist ja gar nicht auszukommen. Gut, ich will mich erlösen lassen, aber wie soll ich's anfangen? Ich hab' ja keine Händ' und Füß', etwas Gutes zu schaffen. -- Du dummer Dämon! rief der Magische, was braucht's da Händ' und Füß'? Du wirst erlöst, damit gut. -- Nur nicht immer so ungeschliffen! erwiederte der Dämon. Ihr könnt doch mit Geistern manier- lich umgehen, besonders wenn man in einer Frauens- person sitzt.
Siehst'u deinen guten Engel neben dir stehen? fuhr ihn der Schneider an, da ein Lichtstrahl durch das dunkle Zimmer schoß. Nachher hörten wir, der Knecht sei zur nämlichen Zeit unten mit der Stalllaterne über den Hof gegangen. Wie wun- derbar, daß der himmlische Bote gerade diesen na- türlichen Vorfall wählte, seine Erscheinung ein- dringlicher zu machen! -- Ich seh' Alles, was
Sophismen ſich in die Unterredung einſchleichen wollten mit donnerndem Ton: Halt’s Maul!
Nachdem Schneider und Dämon einander wohl eine Stunde lang wie die Rohrſperlinge ausge- ſchimpft hatten, wurde der Dämon wirklich klein- laut und brummte: Der Vernünftigſte giebt nach. Mit ſolchem verwetterten Bügeleiſen iſt ja gar nicht auszukommen. Gut, ich will mich erlöſen laſſen, aber wie ſoll ich’s anfangen? Ich hab’ ja keine Händ’ und Füß’, etwas Gutes zu ſchaffen. — Du dummer Dämon! rief der Magiſche, was braucht’s da Händ’ und Füß’? Du wirſt erlöſt, damit gut. — Nur nicht immer ſo ungeſchliffen! erwiederte der Dämon. Ihr könnt doch mit Geiſtern manier- lich umgehen, beſonders wenn man in einer Frauens- perſon ſitzt.
Siehſt’u deinen guten Engel neben dir ſtehen? fuhr ihn der Schneider an, da ein Lichtſtrahl durch das dunkle Zimmer ſchoß. Nachher hörten wir, der Knecht ſei zur nämlichen Zeit unten mit der Stalllaterne über den Hof gegangen. Wie wun- derbar, daß der himmliſche Bote gerade dieſen na- türlichen Vorfall wählte, ſeine Erſcheinung ein- dringlicher zu machen! — Ich ſeh’ Alles, was
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Sophismen ſich in die Unterredung einſchleichen
wollten mit donnerndem Ton: Halt’s Maul!
Nachdem Schneider und Dämon einander wohl
eine Stunde lang wie die Rohrſperlinge ausge-
ſchimpft hatten, wurde der Dämon wirklich klein-
laut und brummte: Der Vernünftigſte giebt nach.
Mit ſolchem verwetterten Bügeleiſen iſt ja gar nicht
auszukommen. Gut, ich will mich erlöſen laſſen,
aber wie ſoll ich’s anfangen? Ich hab’ ja keine
Händ’ und Füß’, etwas Gutes zu ſchaffen. — Du
dummer Dämon! rief der Magiſche, was braucht’s
da Händ’ und Füß’? Du wirſt erlöſt, damit gut.
— Nur nicht immer ſo ungeſchliffen! erwiederte
der Dämon. Ihr könnt doch mit Geiſtern manier-
lich umgehen, beſonders wenn man in einer Frauens-
perſon ſitzt.
Siehſt’u deinen guten Engel neben dir ſtehen?
fuhr ihn der Schneider an, da ein Lichtſtrahl durch
das dunkle Zimmer ſchoß. Nachher hörten wir,
der Knecht ſei zur nämlichen Zeit unten mit der
Stalllaterne über den Hof gegangen. Wie wun-
derbar, daß der himmliſche Bote gerade dieſen na-
türlichen Vorfall wählte, ſeine Erſcheinung ein-
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/324>, abgerufen am 09.01.2025.
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