katholisch oder evangelisch machen solle. Die Schnotterbaum lag die Nacht durch in wüthenden Krämpfen, was uns weiter nichts anging, denn wir hatten es nicht mit ihr, sondern mit ihrem Miethsmanne.
Die folgenden Tage und Wochen waren freilich stürmisch, und wir sahen, daß wir noch nicht ein- mal die Vorhügel des Berges, geschweige den Berg erstiegen hatten. Der magische Schneider blieb dabei, daß der Grobschmidt aus der Teufels- schmiede in die Schnotterbaum gefahren sei, und kämpfte wie ein Held für diese Wahrheit, die er, so oft er nüchtern war, dem Dämon unter fürch- terlichen Bedräuungen in das Antlitz sagte, oder vielmehr in den Mund der Besessenen hinein. Da- gegen versicherte der Dämon, er sei kein Grob- schmidt, sondern ein Magister, habe keinen Knecht mit dem Hammer erschlagen, sondern nur über dies und das frei gedacht.
Es war wohl das erstemal, daß das Zwi- schenreich so mit sich selbst in Conflict gerieth. Denn Einer von Beiden konnte doch nur Recht haben, der Seher Dürr, oder der Dämon. Die Schnotterbaum verhielt sich dabei leidend. Sie
katholiſch oder evangeliſch machen ſolle. Die Schnotterbaum lag die Nacht durch in wüthenden Krämpfen, was uns weiter nichts anging, denn wir hatten es nicht mit ihr, ſondern mit ihrem Miethsmanne.
Die folgenden Tage und Wochen waren freilich ſtürmiſch, und wir ſahen, daß wir noch nicht ein- mal die Vorhügel des Berges, geſchweige den Berg erſtiegen hatten. Der magiſche Schneider blieb dabei, daß der Grobſchmidt aus der Teufels- ſchmiede in die Schnotterbaum gefahren ſei, und kämpfte wie ein Held für dieſe Wahrheit, die er, ſo oft er nüchtern war, dem Dämon unter fürch- terlichen Bedräuungen in das Antlitz ſagte, oder vielmehr in den Mund der Beſeſſenen hinein. Da- gegen verſicherte der Dämon, er ſei kein Grob- ſchmidt, ſondern ein Magiſter, habe keinen Knecht mit dem Hammer erſchlagen, ſondern nur über dies und das frei gedacht.
Es war wohl das erſtemal, daß das Zwi- ſchenreich ſo mit ſich ſelbſt in Conflict gerieth. Denn Einer von Beiden konnte doch nur Recht haben, der Seher Dürr, oder der Dämon. Die Schnotterbaum verhielt ſich dabei leidend. Sie
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katholiſch oder evangeliſch machen ſolle. Die
Schnotterbaum lag die Nacht durch in wüthenden
Krämpfen, was uns weiter nichts anging, denn
wir hatten es nicht mit ihr, ſondern mit ihrem
Miethsmanne.
Die folgenden Tage und Wochen waren freilich
ſtürmiſch, und wir ſahen, daß wir noch nicht ein-
mal die Vorhügel des Berges, geſchweige den
Berg erſtiegen hatten. Der magiſche Schneider
blieb dabei, daß der Grobſchmidt aus der Teufels-
ſchmiede in die Schnotterbaum gefahren ſei, und
kämpfte wie ein Held für dieſe Wahrheit, die er,
ſo oft er nüchtern war, dem Dämon unter fürch-
terlichen Bedräuungen in das Antlitz ſagte, oder
vielmehr in den Mund der Beſeſſenen hinein. Da-
gegen verſicherte der Dämon, er ſei kein Grob-
ſchmidt, ſondern ein Magiſter, habe keinen Knecht
mit dem Hammer erſchlagen, ſondern nur über
dies und das frei gedacht.
Es war wohl das erſtemal, daß das Zwi-
ſchenreich ſo mit ſich ſelbſt in Conflict gerieth.
Denn Einer von Beiden konnte doch nur Recht
haben, der Seher Dürr, oder der Dämon. Die
Schnotterbaum verhielt ſich dabei leidend. Sie
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/311>, abgerufen am 18.12.2024.
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