beinen bewerkstelligen, ich konnte an mein Fell fassen, und die Haare fielen ab, so wie ich sie nur berührte, endlich schien in meinem Antlitze ein förmliches Umziehen und Quartierverändern von Maul, Nase und Augen vor sich zu gehen, so rück- ten und knackten dort die Knochen. Aber auf alles Dieses hatte ich weiter nicht Acht, ganz ver- loren in die Furcht vor dem Ausstopfen.
Gegen Mitternacht Geräusch draußen vor der Mauer, Klimmen, Herabwerfen einer Strickleiter! Ein Kerl steigt an ihr nieder, tappt zwischen Biber und Schildkröte vorsichtig hindurch -- -- Ich sitze (denn ich vermochte auch schon wieder zu sitzen;) stumm da, und raufe mir vollends alles Fell ab; seine rauhe Tatze ergreift mich -- hui und davon mit mir über die Mauer! Ich hange schlotternd und an allen Gliedern gebrochen in seinen Armen. -- Was, zum Teufel, habe ich denn da gefaßt? Das ist ja kein -- murrt er, während er einige Schritte längst des Canals nach dem Landhause Schoone Zicht zu macht. Ehe er zu Ende gesprochen, stürzt ihm ein Mann entgegen, ruft mit einer von der Tugend selbst gebildeten Stimme heftig: Steh du Dieb, ich sah dich über die Mauer steigen! und
beinen bewerkſtelligen, ich konnte an mein Fell faſſen, und die Haare fielen ab, ſo wie ich ſie nur berührte, endlich ſchien in meinem Antlitze ein förmliches Umziehen und Quartierverändern von Maul, Naſe und Augen vor ſich zu gehen, ſo rück- ten und knackten dort die Knochen. Aber auf alles Dieſes hatte ich weiter nicht Acht, ganz ver- loren in die Furcht vor dem Ausſtopfen.
Gegen Mitternacht Geräuſch draußen vor der Mauer, Klimmen, Herabwerfen einer Strickleiter! Ein Kerl ſteigt an ihr nieder, tappt zwiſchen Biber und Schildkröte vorſichtig hindurch — — Ich ſitze (denn ich vermochte auch ſchon wieder zu ſitzen;) ſtumm da, und raufe mir vollends alles Fell ab; ſeine rauhe Tatze ergreift mich — hui und davon mit mir über die Mauer! Ich hange ſchlotternd und an allen Gliedern gebrochen in ſeinen Armen. — Was, zum Teufel, habe ich denn da gefaßt? Das iſt ja kein — murrt er, während er einige Schritte längſt des Canals nach dem Landhauſe Schoone Zicht zu macht. Ehe er zu Ende geſprochen, ſtürzt ihm ein Mann entgegen, ruft mit einer von der Tugend ſelbſt gebildeten Stimme heftig: Steh du Dieb, ich ſah dich über die Mauer ſteigen! und
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0226"n="208"/>
beinen bewerkſtelligen, ich konnte an mein Fell<lb/>
faſſen, und die Haare fielen ab, ſo wie ich ſie nur<lb/>
berührte, endlich ſchien in meinem Antlitze ein<lb/>
förmliches Umziehen und Quartierverändern von<lb/>
Maul, Naſe und Augen vor ſich zu gehen, ſo rück-<lb/>
ten und knackten dort die Knochen. Aber auf<lb/>
alles Dieſes hatte ich weiter nicht Acht, ganz ver-<lb/>
loren in die Furcht vor dem Ausſtopfen.</p><lb/><p>Gegen Mitternacht Geräuſch draußen vor der<lb/>
Mauer, Klimmen, Herabwerfen einer Strickleiter!<lb/>
Ein Kerl ſteigt an ihr nieder, tappt zwiſchen Biber<lb/>
und Schildkröte vorſichtig hindurch —— Ich ſitze<lb/>
(denn ich vermochte auch ſchon wieder zu ſitzen;)<lb/>ſtumm da, und raufe mir vollends alles Fell ab;<lb/>ſeine rauhe Tatze ergreift mich — hui und davon mit<lb/>
mir über die Mauer! Ich hange ſchlotternd und<lb/>
an allen Gliedern gebrochen in ſeinen Armen. —<lb/>
Was, zum Teufel, habe ich denn da gefaßt? Das<lb/>
iſt ja kein — murrt er, während er einige Schritte<lb/>
längſt des Canals nach dem Landhauſe Schoone<lb/>
Zicht zu macht. Ehe er zu Ende geſprochen, ſtürzt<lb/>
ihm ein Mann entgegen, ruft mit einer von der<lb/>
Tugend ſelbſt gebildeten Stimme heftig: Steh du<lb/>
Dieb, ich ſah dich über die Mauer ſteigen! und<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[208/0226]
beinen bewerkſtelligen, ich konnte an mein Fell
faſſen, und die Haare fielen ab, ſo wie ich ſie nur
berührte, endlich ſchien in meinem Antlitze ein
förmliches Umziehen und Quartierverändern von
Maul, Naſe und Augen vor ſich zu gehen, ſo rück-
ten und knackten dort die Knochen. Aber auf
alles Dieſes hatte ich weiter nicht Acht, ganz ver-
loren in die Furcht vor dem Ausſtopfen.
Gegen Mitternacht Geräuſch draußen vor der
Mauer, Klimmen, Herabwerfen einer Strickleiter!
Ein Kerl ſteigt an ihr nieder, tappt zwiſchen Biber
und Schildkröte vorſichtig hindurch — — Ich ſitze
(denn ich vermochte auch ſchon wieder zu ſitzen;)
ſtumm da, und raufe mir vollends alles Fell ab;
ſeine rauhe Tatze ergreift mich — hui und davon mit
mir über die Mauer! Ich hange ſchlotternd und
an allen Gliedern gebrochen in ſeinen Armen. —
Was, zum Teufel, habe ich denn da gefaßt? Das
iſt ja kein — murrt er, während er einige Schritte
längſt des Canals nach dem Landhauſe Schoone
Zicht zu macht. Ehe er zu Ende geſprochen, ſtürzt
ihm ein Mann entgegen, ruft mit einer von der
Tugend ſelbſt gebildeten Stimme heftig: Steh du
Dieb, ich ſah dich über die Mauer ſteigen! und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/226>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.