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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

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dem Thiere bei Laternenlicht seine Studien machen
und in dieser Beleuchtung eine Farbenskizze von
ihm entwerfen.

Nein, Myn Heer van Toll, das geht nicht an,
versetzte der Hausherr. Die nächtliche Ruhe von
Welgelegen darf unter keiner Bedingung gestört
werden. Ihr könnet bei Tage dieses fremde Thier
durch Euren Chemicus in Helldunkel abzeichnen
lassen. -- Gertruid ging mit dem Theegeräthe nach
dem Lusthäuschen. -- Kommt hinein, fuhr Myn
Heer van Streef fort, ich will Euch, meine Freunde
und Nachbarn eine neue Sorte Thee zu kosten
geben.

Wieder also sollst du gestohlen werden! dachte
ich für mich. Bist du denn so kostbar? -- In-
zwischen war es im Lusthäuschen sehr lustig gewor-
den, freilich nur auf niederländische Weise. Offenbar
hatte das Wasser der Hippokrene durch die Reise
seine Kraft nicht verloren. Die drei Freunde
waren nach der ersten Tasse vom Theetische auf-
gestanden und gingen, phantastisch erregt, ohne sich
um einander zu bekümmern, im Stübchen auf und
nieder. De Jonghe versuchte, während er ging,
einen Pas aus der Menuet a la Reine zu bewerk-

dem Thiere bei Laternenlicht ſeine Studien machen
und in dieſer Beleuchtung eine Farbenſkizze von
ihm entwerfen.

Nein, Myn Heer van Toll, das geht nicht an,
verſetzte der Hausherr. Die nächtliche Ruhe von
Welgelegen darf unter keiner Bedingung geſtört
werden. Ihr könnet bei Tage dieſes fremde Thier
durch Euren Chemicus in Helldunkel abzeichnen
laſſen. — Gertruid ging mit dem Theegeräthe nach
dem Luſthäuschen. — Kommt hinein, fuhr Myn
Heer van Streef fort, ich will Euch, meine Freunde
und Nachbarn eine neue Sorte Thee zu koſten
geben.

Wieder alſo ſollſt du geſtohlen werden! dachte
ich für mich. Biſt du denn ſo koſtbar? — In-
zwiſchen war es im Luſthäuschen ſehr luſtig gewor-
den, freilich nur auf niederländiſche Weiſe. Offenbar
hatte das Waſſer der Hippokrene durch die Reiſe
ſeine Kraft nicht verloren. Die drei Freunde
waren nach der erſten Taſſe vom Theetiſche auf-
geſtanden und gingen, phantaſtiſch erregt, ohne ſich
um einander zu bekümmern, im Stübchen auf und
nieder. De Jonghe verſuchte, während er ging,
einen Pas aus der Menuet a la Reine zu bewerk-

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[203/0221] dem Thiere bei Laternenlicht ſeine Studien machen und in dieſer Beleuchtung eine Farbenſkizze von ihm entwerfen. Nein, Myn Heer van Toll, das geht nicht an, verſetzte der Hausherr. Die nächtliche Ruhe von Welgelegen darf unter keiner Bedingung geſtört werden. Ihr könnet bei Tage dieſes fremde Thier durch Euren Chemicus in Helldunkel abzeichnen laſſen. — Gertruid ging mit dem Theegeräthe nach dem Luſthäuschen. — Kommt hinein, fuhr Myn Heer van Streef fort, ich will Euch, meine Freunde und Nachbarn eine neue Sorte Thee zu koſten geben. Wieder alſo ſollſt du geſtohlen werden! dachte ich für mich. Biſt du denn ſo koſtbar? — In- zwiſchen war es im Luſthäuschen ſehr luſtig gewor- den, freilich nur auf niederländiſche Weiſe. Offenbar hatte das Waſſer der Hippokrene durch die Reiſe ſeine Kraft nicht verloren. Die drei Freunde waren nach der erſten Taſſe vom Theetiſche auf- geſtanden und gingen, phantaſtiſch erregt, ohne ſich um einander zu bekümmern, im Stübchen auf und nieder. De Jonghe verſuchte, während er ging, einen Pas aus der Menuet a la Reine zu bewerk-

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/221>, abgerufen am 29.11.2024.