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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

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mit zwei Verrichtungen an einem Orte! Wo ein
Webstuhl steht, kann keine Hobelbank stehen. Wo-
fern Sie hier sitzen bleiben, ist's aus mit all
meiner Freude auf Schnick-Schnack-Schnurr, und
Schwiegerväter haben sonst auf Schwiegersöhne
einige Rücksicht genommen und ihnen nicht ihr Brod
verdorben, besonders wenn Schwiegersöhne mit dem
gehörigen Respect sich betragen, und ich kann sagen,
daß noch kein unrechter Gedanke gegen Sie in
dieses mein Herz gekommen ist, und neulich ver-
standen Sie mich nicht, als ich Ihnen die Stiefeln
auszog und Sie bedeutsam anblickte, und heute
wird's auch wohl noch dunkel bleiben zwischen uns,
das thut aber nichts, wenn das Herz nur was
taugt, und Gott sieht nicht den Rock an, sondern
den Mann, und ich wollte Sie so gern schon ein-
mal vorläufig kindlich verehren, und deßhalb bitte
ich, reichen Sie mir Ihre Hand zum Kusse und
dann thun Sie mir den Gefallen, vom Söller
zu gehen!

Von allem Seinem Gewäsche verstehe ich bloß,
daß Er mich gern von hier fort haben will, von
welchem Verlangen ich nun aber wieder den Grund
nicht einsehe, sagte der Baron. Hier hat Er

mit zwei Verrichtungen an einem Orte! Wo ein
Webſtuhl ſteht, kann keine Hobelbank ſtehen. Wo-
fern Sie hier ſitzen bleiben, iſt’s aus mit all
meiner Freude auf Schnick-Schnack-Schnurr, und
Schwiegerväter haben ſonſt auf Schwiegerſöhne
einige Rückſicht genommen und ihnen nicht ihr Brod
verdorben, beſonders wenn Schwiegerſöhne mit dem
gehörigen Reſpect ſich betragen, und ich kann ſagen,
daß noch kein unrechter Gedanke gegen Sie in
dieſes mein Herz gekommen iſt, und neulich ver-
ſtanden Sie mich nicht, als ich Ihnen die Stiefeln
auszog und Sie bedeutſam anblickte, und heute
wird’s auch wohl noch dunkel bleiben zwiſchen uns,
das thut aber nichts, wenn das Herz nur was
taugt, und Gott ſieht nicht den Rock an, ſondern
den Mann, und ich wollte Sie ſo gern ſchon ein-
mal vorläufig kindlich verehren, und deßhalb bitte
ich, reichen Sie mir Ihre Hand zum Kuſſe und
dann thun Sie mir den Gefallen, vom Söller
zu gehen!

Von allem Seinem Gewäſche verſtehe ich bloß,
daß Er mich gern von hier fort haben will, von
welchem Verlangen ich nun aber wieder den Grund
nicht einſehe, ſagte der Baron. Hier hat Er

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[93/0111] mit zwei Verrichtungen an einem Orte! Wo ein Webſtuhl ſteht, kann keine Hobelbank ſtehen. Wo- fern Sie hier ſitzen bleiben, iſt’s aus mit all meiner Freude auf Schnick-Schnack-Schnurr, und Schwiegerväter haben ſonſt auf Schwiegerſöhne einige Rückſicht genommen und ihnen nicht ihr Brod verdorben, beſonders wenn Schwiegerſöhne mit dem gehörigen Reſpect ſich betragen, und ich kann ſagen, daß noch kein unrechter Gedanke gegen Sie in dieſes mein Herz gekommen iſt, und neulich ver- ſtanden Sie mich nicht, als ich Ihnen die Stiefeln auszog und Sie bedeutſam anblickte, und heute wird’s auch wohl noch dunkel bleiben zwiſchen uns, das thut aber nichts, wenn das Herz nur was taugt, und Gott ſieht nicht den Rock an, ſondern den Mann, und ich wollte Sie ſo gern ſchon ein- mal vorläufig kindlich verehren, und deßhalb bitte ich, reichen Sie mir Ihre Hand zum Kuſſe und dann thun Sie mir den Gefallen, vom Söller zu gehen! Von allem Seinem Gewäſche verſtehe ich bloß, daß Er mich gern von hier fort haben will, von welchem Verlangen ich nun aber wieder den Grund nicht einſehe, ſagte der Baron. Hier hat Er

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/111>, abgerufen am 22.12.2024.