Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

ausgehen ließ, was der Welt nicht unbekannt blieb,
daß man überhaupt mit ihm von Allem und Jedem
sprechen kann, weil er so ziemlich für Alles und
Jedes sich interessirt, und über die Dinge, von
denen er nichts versteht, gern Belehrung empfängt
-- vergebens alles dieses, sage ich -- die Dame
äußert, so oft er das Glück hat, ihr zu nahen,
nur ihre Ueberzeugung, daß im Sommer das
Wetter schöner zu seyn pflege, als im Winter.

Unmöglich! rief der alte Baron.

Vielleicht unmöglich, aber gewiß wahr, versetzte
Münchhausen. Der Dichter ist mein Freund und
hat mir die Thatsache bei seinem Ehrenworte
betheuert. -- Münchhausen fuhr heiter fort: Ich
wollte Ihnen einige kurze Nachrichten über meine
Familie geben; hier sind sie. Der sogenannte
Lügenmünchhausen ist mein Großvater, wenn unser
Stammbaum in Bodenwerder Recht hat. Adolph
Schrötter in Düsseldorf hat ihn jüngst gemalt, wie
er unter Jägern und Pachtern sein Pfeifchen
schmaucht, und diesen Leuten seine Geschichten
erzählt. Ein dicker Mann sitzt ihm gegenüber und
hat den Rock ausgezogen, um besser zuhören zu
konnen, in seinem Gesichte spricht sich die gläubigste

ausgehen ließ, was der Welt nicht unbekannt blieb,
daß man überhaupt mit ihm von Allem und Jedem
ſprechen kann, weil er ſo ziemlich für Alles und
Jedes ſich intereſſirt, und über die Dinge, von
denen er nichts verſteht, gern Belehrung empfängt
— vergebens alles dieſes, ſage ich — die Dame
äußert, ſo oft er das Glück hat, ihr zu nahen,
nur ihre Ueberzeugung, daß im Sommer das
Wetter ſchöner zu ſeyn pflege, als im Winter.

Unmöglich! rief der alte Baron.

Vielleicht unmöglich, aber gewiß wahr, verſetzte
Münchhauſen. Der Dichter iſt mein Freund und
hat mir die Thatſache bei ſeinem Ehrenworte
betheuert. — Münchhauſen fuhr heiter fort: Ich
wollte Ihnen einige kurze Nachrichten über meine
Familie geben; hier ſind ſie. Der ſogenannte
Lügenmünchhauſen iſt mein Großvater, wenn unſer
Stammbaum in Bodenwerder Recht hat. Adolph
Schrötter in Düſſeldorf hat ihn jüngſt gemalt, wie
er unter Jägern und Pachtern ſein Pfeifchen
ſchmaucht, und dieſen Leuten ſeine Geſchichten
erzählt. Ein dicker Mann ſitzt ihm gegenüber und
hat den Rock ausgezogen, um beſſer zuhören zu
konnen, in ſeinem Geſichte ſpricht ſich die gläubigſte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0081" n="73"/>
ausgehen ließ, was der Welt nicht unbekannt blieb,<lb/>
daß man überhaupt mit ihm von Allem und Jedem<lb/>
&#x017F;prechen kann, weil er &#x017F;o ziemlich für Alles und<lb/>
Jedes &#x017F;ich intere&#x017F;&#x017F;irt, und über <hi rendition="#g">die</hi> Dinge, von<lb/>
denen er nichts ver&#x017F;teht, gern Belehrung empfängt<lb/>
&#x2014; vergebens alles die&#x017F;es, &#x017F;age ich &#x2014; die Dame<lb/>
äußert, &#x017F;o oft er das Glück hat, ihr zu nahen,<lb/>
nur ihre Ueberzeugung, daß im Sommer das<lb/>
Wetter &#x017F;chöner zu &#x017F;eyn pflege, als im Winter.</p><lb/>
          <p>Unmöglich! rief der alte Baron.</p><lb/>
          <p>Vielleicht unmöglich, aber gewiß wahr, ver&#x017F;etzte<lb/>
Münchhau&#x017F;en. Der Dichter i&#x017F;t mein Freund und<lb/>
hat mir die That&#x017F;ache bei &#x017F;einem Ehrenworte<lb/>
betheuert. &#x2014; Münchhau&#x017F;en fuhr heiter fort: Ich<lb/>
wollte Ihnen einige kurze Nachrichten über meine<lb/>
Familie geben; hier &#x017F;ind &#x017F;ie. Der &#x017F;ogenannte<lb/>
Lügenmünchhau&#x017F;en i&#x017F;t mein Großvater, wenn un&#x017F;er<lb/>
Stammbaum in Bodenwerder Recht hat. Adolph<lb/>
Schrötter in Dü&#x017F;&#x017F;eldorf hat ihn jüng&#x017F;t gemalt, wie<lb/>
er unter Jägern und Pachtern &#x017F;ein Pfeifchen<lb/>
&#x017F;chmaucht, und die&#x017F;en Leuten &#x017F;eine Ge&#x017F;chichten<lb/>
erzählt. Ein dicker Mann &#x017F;itzt ihm gegenüber und<lb/>
hat den Rock ausgezogen, um be&#x017F;&#x017F;er zuhören zu<lb/>
konnen, in &#x017F;einem Ge&#x017F;ichte &#x017F;pricht &#x017F;ich die gläubig&#x017F;te<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[73/0081] ausgehen ließ, was der Welt nicht unbekannt blieb, daß man überhaupt mit ihm von Allem und Jedem ſprechen kann, weil er ſo ziemlich für Alles und Jedes ſich intereſſirt, und über die Dinge, von denen er nichts verſteht, gern Belehrung empfängt — vergebens alles dieſes, ſage ich — die Dame äußert, ſo oft er das Glück hat, ihr zu nahen, nur ihre Ueberzeugung, daß im Sommer das Wetter ſchöner zu ſeyn pflege, als im Winter. Unmöglich! rief der alte Baron. Vielleicht unmöglich, aber gewiß wahr, verſetzte Münchhauſen. Der Dichter iſt mein Freund und hat mir die Thatſache bei ſeinem Ehrenworte betheuert. — Münchhauſen fuhr heiter fort: Ich wollte Ihnen einige kurze Nachrichten über meine Familie geben; hier ſind ſie. Der ſogenannte Lügenmünchhauſen iſt mein Großvater, wenn unſer Stammbaum in Bodenwerder Recht hat. Adolph Schrötter in Düſſeldorf hat ihn jüngſt gemalt, wie er unter Jägern und Pachtern ſein Pfeifchen ſchmaucht, und dieſen Leuten ſeine Geſchichten erzählt. Ein dicker Mann ſitzt ihm gegenüber und hat den Rock ausgezogen, um beſſer zuhören zu konnen, in ſeinem Geſichte ſpricht ſich die gläubigſte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/81
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/81>, abgerufen am 27.11.2024.