Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

todtgeschlagen, feierte am andern Morgen seine
Auferstehung mit drei neuen mittelmäßigen Stücken,
die wie ein Echo die ihm vorgerückten Albernhei-
ten wiederholten. Die Leute aber sagten: Der
versteht es, so muß man es machen. Selbst der
Heroismus erlahmte endlich an dieser Beharrlich-
keit der Industrie; man ließ die Fabrik zuletzt
spulen und schnurren, ohne ferner Eingriffe in ihre
thranduftigen Räder zu versuchen. -- Aber in die
Walhalla kommt er doch nicht, wenn sie fertig
wird und ihre Bestimmung behält, und nicht mit
der Zeit vielleicht in ein Bräuhaus verwandelt
wird. Der Graf von Platen kommt hinein, und
der gehört auch hinein, trotz aller seiner Thorheiten
und Mißgriffe, aber Hirsewenzel kommt nicht hin-
ein und schriebe er auch noch Einundzwanzigmil-
lionen Verse mehr. Doch ist es freilich noch un-
gewiß, ob er überhaupt sterben, und ob nicht
vielmehr der Tod jedesmal einnicken wird, so oft
er ihn sieht.

Nun, Gott beßre das deutsche Theater!

Melpomene sitzt, von der Scene verscheucht,
unten im Keller, da wo die Arbeitsleute an den
Versenkungen und Verwandlungen handthieren, der

todtgeſchlagen, feierte am andern Morgen ſeine
Auferſtehung mit drei neuen mittelmäßigen Stücken,
die wie ein Echo die ihm vorgerückten Albernhei-
ten wiederholten. Die Leute aber ſagten: Der
verſteht es, ſo muß man es machen. Selbſt der
Heroismus erlahmte endlich an dieſer Beharrlich-
keit der Induſtrie; man ließ die Fabrik zuletzt
ſpulen und ſchnurren, ohne ferner Eingriffe in ihre
thranduftigen Räder zu verſuchen. — Aber in die
Walhalla kommt er doch nicht, wenn ſie fertig
wird und ihre Beſtimmung behält, und nicht mit
der Zeit vielleicht in ein Bräuhaus verwandelt
wird. Der Graf von Platen kommt hinein, und
der gehört auch hinein, trotz aller ſeiner Thorheiten
und Mißgriffe, aber Hirſewenzel kommt nicht hin-
ein und ſchriebe er auch noch Einundzwanzigmil-
lionen Verſe mehr. Doch iſt es freilich noch un-
gewiß, ob er überhaupt ſterben, und ob nicht
vielmehr der Tod jedesmal einnicken wird, ſo oft
er ihn ſieht.

Nun, Gott beßre das deutſche Theater!

Melpomene ſitzt, von der Scene verſcheucht,
unten im Keller, da wo die Arbeitsleute an den
Verſenkungen und Verwandlungen handthieren, der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0064" n="56"/>
todtge&#x017F;chlagen, feierte am andern Morgen &#x017F;eine<lb/>
Aufer&#x017F;tehung mit drei neuen mittelmäßigen Stücken,<lb/>
die wie ein Echo die ihm vorgerückten Albernhei-<lb/>
ten wiederholten. Die Leute aber &#x017F;agten: <hi rendition="#g">Der</hi><lb/>
ver&#x017F;teht es, &#x017F;o muß man es machen. Selb&#x017F;t der<lb/>
Heroismus erlahmte endlich an die&#x017F;er Beharrlich-<lb/>
keit der Indu&#x017F;trie; man ließ die Fabrik zuletzt<lb/>
&#x017F;pulen und &#x017F;chnurren, ohne ferner Eingriffe in ihre<lb/>
thranduftigen Räder zu ver&#x017F;uchen. &#x2014; Aber in die<lb/>
Walhalla kommt er doch nicht, wenn &#x017F;ie fertig<lb/>
wird und ihre Be&#x017F;timmung behält, und nicht mit<lb/>
der Zeit vielleicht in ein Bräuhaus verwandelt<lb/>
wird. Der Graf von Platen kommt hinein, und<lb/>
der gehört auch hinein, trotz aller &#x017F;einer Thorheiten<lb/>
und Mißgriffe, aber Hir&#x017F;ewenzel kommt nicht hin-<lb/>
ein und &#x017F;chriebe er auch noch Einundzwanzigmil-<lb/>
lionen Ver&#x017F;e mehr. Doch i&#x017F;t es freilich noch un-<lb/>
gewiß, ob er überhaupt &#x017F;terben, und ob nicht<lb/>
vielmehr der Tod jedesmal einnicken wird, &#x017F;o oft<lb/>
er ihn &#x017F;ieht.</p><lb/>
          <p>Nun, Gott beßre das deut&#x017F;che Theater!</p><lb/>
          <p>Melpomene &#x017F;itzt, von der Scene ver&#x017F;cheucht,<lb/>
unten im Keller, da wo die Arbeitsleute an den<lb/>
Ver&#x017F;enkungen und Verwandlungen handthieren, der<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[56/0064] todtgeſchlagen, feierte am andern Morgen ſeine Auferſtehung mit drei neuen mittelmäßigen Stücken, die wie ein Echo die ihm vorgerückten Albernhei- ten wiederholten. Die Leute aber ſagten: Der verſteht es, ſo muß man es machen. Selbſt der Heroismus erlahmte endlich an dieſer Beharrlich- keit der Induſtrie; man ließ die Fabrik zuletzt ſpulen und ſchnurren, ohne ferner Eingriffe in ihre thranduftigen Räder zu verſuchen. — Aber in die Walhalla kommt er doch nicht, wenn ſie fertig wird und ihre Beſtimmung behält, und nicht mit der Zeit vielleicht in ein Bräuhaus verwandelt wird. Der Graf von Platen kommt hinein, und der gehört auch hinein, trotz aller ſeiner Thorheiten und Mißgriffe, aber Hirſewenzel kommt nicht hin- ein und ſchriebe er auch noch Einundzwanzigmil- lionen Verſe mehr. Doch iſt es freilich noch un- gewiß, ob er überhaupt ſterben, und ob nicht vielmehr der Tod jedesmal einnicken wird, ſo oft er ihn ſieht. Nun, Gott beßre das deutſche Theater! Melpomene ſitzt, von der Scene verſcheucht, unten im Keller, da wo die Arbeitsleute an den Verſenkungen und Verwandlungen handthieren, der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/64
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/64>, abgerufen am 27.11.2024.