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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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wollte, mit den Worten: Wenn Alles bei der
Maulsperre vergebens ist, so hilft das! aus Lei-
beskräften eine Ohrfeige. Alsobald flogen die
Kinnbacken des entsetzten Mannes zusammen wie
Thorflügel, er wischte sich die Thränen aus den
Augen und sagte zu seiner Frau: Ich danke dir,
Gertrud, für diese Backpfeife, durch welche du
mich von schweren Leiden curirt hast. Und zum
Diaconus sich wendend: Ja, Herr Diaconus, ein
wüthender, ein toller Hund! Schweif eingeklemmt,
rothe und dabei triefende Augen, Schaum vor der
Schnauze, blaue Zunge, heraushängend, taumeln-
der Gang, kurz alle Kennzeichen der wasserscheuen
Wuth!

Um Gotteswillen, wo hat er Euch gebissen?
rief der Diaconus erblassend.

Nirgend, mein Herr Diaconus, versetzte der
Küster feierlich, nirgend; dem Allmächtigen sei
Dank dafür. Aber wie leichtlich hätte er mich
beißen können. Ich habe das Ungeheuer, wie An-
dere einen grimmen Wolf durch Geigenspiel in die
Flucht schlugen, durch den Ton meiner Stimme,
die mir Gott gegeben, verscheuchet und verjaget,
als es eben im Anspringen auf mich begriffen war.

wollte, mit den Worten: Wenn Alles bei der
Maulſperre vergebens iſt, ſo hilft das! aus Lei-
beskräften eine Ohrfeige. Alſobald flogen die
Kinnbacken des entſetzten Mannes zuſammen wie
Thorflügel, er wiſchte ſich die Thränen aus den
Augen und ſagte zu ſeiner Frau: Ich danke dir,
Gertrud, für dieſe Backpfeife, durch welche du
mich von ſchweren Leiden curirt haſt. Und zum
Diaconus ſich wendend: Ja, Herr Diaconus, ein
wüthender, ein toller Hund! Schweif eingeklemmt,
rothe und dabei triefende Augen, Schaum vor der
Schnauze, blaue Zunge, heraushängend, taumeln-
der Gang, kurz alle Kennzeichen der waſſerſcheuen
Wuth!

Um Gotteswillen, wo hat er Euch gebiſſen?
rief der Diaconus erblaſſend.

Nirgend, mein Herr Diaconus, verſetzte der
Küſter feierlich, nirgend; dem Allmächtigen ſei
Dank dafür. Aber wie leichtlich hätte er mich
beißen können. Ich habe das Ungeheuer, wie An-
dere einen grimmen Wolf durch Geigenſpiel in die
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die mir Gott gegeben, verſcheuchet und verjaget,
als es eben im Anſpringen auf mich begriffen war.

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[406/0414] wollte, mit den Worten: Wenn Alles bei der Maulſperre vergebens iſt, ſo hilft das! aus Lei- beskräften eine Ohrfeige. Alſobald flogen die Kinnbacken des entſetzten Mannes zuſammen wie Thorflügel, er wiſchte ſich die Thränen aus den Augen und ſagte zu ſeiner Frau: Ich danke dir, Gertrud, für dieſe Backpfeife, durch welche du mich von ſchweren Leiden curirt haſt. Und zum Diaconus ſich wendend: Ja, Herr Diaconus, ein wüthender, ein toller Hund! Schweif eingeklemmt, rothe und dabei triefende Augen, Schaum vor der Schnauze, blaue Zunge, heraushängend, taumeln- der Gang, kurz alle Kennzeichen der waſſerſcheuen Wuth! Um Gotteswillen, wo hat er Euch gebiſſen? rief der Diaconus erblaſſend. Nirgend, mein Herr Diaconus, verſetzte der Küſter feierlich, nirgend; dem Allmächtigen ſei Dank dafür. Aber wie leichtlich hätte er mich beißen können. Ich habe das Ungeheuer, wie An- dere einen grimmen Wolf durch Geigenſpiel in die Flucht ſchlugen, durch den Ton meiner Stimme, die mir Gott gegeben, verſcheuchet und verjaget, als es eben im Anſpringen auf mich begriffen war.

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/414>, abgerufen am 22.11.2024.