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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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mit solcher Würde und Klugheit benommen, daß
ich ihn jedem bevollmächtigten Minister, welcher
eine verwickelte Angelegenheit seines Hofes zu
schlichten hat, als Muster empfehlen möchte.

Ja, sagte der Geistliche, das ist heute sein Eh-
rentag, auf den er sich schon sechs Wochen vorher
freut. Ueberhaupt giebt es unter den Küstern noch
viele komische Figuren, welche sonst so sehr jetzt
abnehmen. Das beständige Anhören hoher und
erbaulicher Worte von ihrem Standpuncte der
Dienstbarkeit dabei, das Läuten, das Ansagen der
Geburten und Sterbfälle giebt ihrem Wesen einen
wundersamen Schwung, mit welchem nun wieder
ihr glücklicher Appetit, oder besser zu sagen, ihre
maaßlose Freßgier seltsam contrastirt. Denn da sie
zu Hause nicht viel zu beißen und zu brechen haben,
so versorgen sie sich auf Kindtaufen, Hochzeiten
und Leichenschmäusen für ganze Wochen, und ver-
schlingen die außerordentlichsten Portionen, aber
immer mit einem Anstriche von Salbung, und nicht
selten die hellen Thränen der Mitfreude oder Mit-
trauer in den Augen. Der meinige hat nun zu
allen diesen Standeseigenschaften noch den Privat-
charakter der Feigheit; er ist ein ausgemachter

mit ſolcher Würde und Klugheit benommen, daß
ich ihn jedem bevollmächtigten Miniſter, welcher
eine verwickelte Angelegenheit ſeines Hofes zu
ſchlichten hat, als Muſter empfehlen möchte.

Ja, ſagte der Geiſtliche, das iſt heute ſein Eh-
rentag, auf den er ſich ſchon ſechs Wochen vorher
freut. Ueberhaupt giebt es unter den Küſtern noch
viele komiſche Figuren, welche ſonſt ſo ſehr jetzt
abnehmen. Das beſtändige Anhören hoher und
erbaulicher Worte von ihrem Standpuncte der
Dienſtbarkeit dabei, das Läuten, das Anſagen der
Geburten und Sterbfälle giebt ihrem Weſen einen
wunderſamen Schwung, mit welchem nun wieder
ihr glücklicher Appetit, oder beſſer zu ſagen, ihre
maaßloſe Freßgier ſeltſam contraſtirt. Denn da ſie
zu Hauſe nicht viel zu beißen und zu brechen haben,
ſo verſorgen ſie ſich auf Kindtaufen, Hochzeiten
und Leichenſchmäuſen für ganze Wochen, und ver-
ſchlingen die außerordentlichſten Portionen, aber
immer mit einem Anſtriche von Salbung, und nicht
ſelten die hellen Thränen der Mitfreude oder Mit-
trauer in den Augen. Der meinige hat nun zu
allen dieſen Standeseigenſchaften noch den Privat-
charakter der Feigheit; er iſt ein ausgemachter

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[391/0399] mit ſolcher Würde und Klugheit benommen, daß ich ihn jedem bevollmächtigten Miniſter, welcher eine verwickelte Angelegenheit ſeines Hofes zu ſchlichten hat, als Muſter empfehlen möchte. Ja, ſagte der Geiſtliche, das iſt heute ſein Eh- rentag, auf den er ſich ſchon ſechs Wochen vorher freut. Ueberhaupt giebt es unter den Küſtern noch viele komiſche Figuren, welche ſonſt ſo ſehr jetzt abnehmen. Das beſtändige Anhören hoher und erbaulicher Worte von ihrem Standpuncte der Dienſtbarkeit dabei, das Läuten, das Anſagen der Geburten und Sterbfälle giebt ihrem Weſen einen wunderſamen Schwung, mit welchem nun wieder ihr glücklicher Appetit, oder beſſer zu ſagen, ihre maaßloſe Freßgier ſeltſam contraſtirt. Denn da ſie zu Hauſe nicht viel zu beißen und zu brechen haben, ſo verſorgen ſie ſich auf Kindtaufen, Hochzeiten und Leichenſchmäuſen für ganze Wochen, und ver- ſchlingen die außerordentlichſten Portionen, aber immer mit einem Anſtriche von Salbung, und nicht ſelten die hellen Thränen der Mitfreude oder Mit- trauer in den Augen. Der meinige hat nun zu allen dieſen Standeseigenſchaften noch den Privat- charakter der Feigheit; er iſt ein ausgemachter

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/399>, abgerufen am 25.11.2024.