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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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Schade, unterbrach ihn der Jäger lachend, daß
Euch kein Philosoph von Profession anhört, Hof-
schulze. Er würde die architectonische Symmetrie
Eures Gedankenbau's loben. Drei Aergernisse, ent-
sprechend drei Moralen!

Der Schulze fuhr, ohne sich stören zu lassen,
fort: Erstens sind immer in der Gesellschaft Leute,
die gerne freien möchten und nicht können, und in
denen stiftet so ein öffentliches Liebeswesen gehei-
men Neid und stille Abgunst, wovor der Mensch
seinen Nächsten bewahren soll. Dieses ist das erste
Aergerniß. Zweitens läßt, wenn sie sich vor so
vielen Leuten nicht scheuen, das zu thun, was in
die Verborgenheit gehört, vermuthen, daß sie da-
heim eine Brinneiferigkeit haben, welche die Gesund-
heit ruinirt, und drittens denkt Dieser und Jener
in der Gesellschaft: Was dem Einen recht, ist
dem Andern billig, genirt Ihr Euch nicht, genir'
ich mich auch nicht, dürft Ihr schmatzen, darf ich
kratzen; läßt nun alle geheimen Würmer und Ottern-
gezüchte, welche er im Herzen trägt und sonst bei sich
behielte, los, die schlechten, spöttischen Reden, die
Schraubereien und Verläumdungen, welche denn wie-
der von Andern aufgefangen und erwiedert werden,

Schade, unterbrach ihn der Jäger lachend, daß
Euch kein Philoſoph von Profeſſion anhört, Hof-
ſchulze. Er würde die architectoniſche Symmetrie
Eures Gedankenbau’s loben. Drei Aergerniſſe, ent-
ſprechend drei Moralen!

Der Schulze fuhr, ohne ſich ſtören zu laſſen,
fort: Erſtens ſind immer in der Geſellſchaft Leute,
die gerne freien möchten und nicht können, und in
denen ſtiftet ſo ein öffentliches Liebesweſen gehei-
men Neid und ſtille Abgunſt, wovor der Menſch
ſeinen Nächſten bewahren ſoll. Dieſes iſt das erſte
Aergerniß. Zweitens läßt, wenn ſie ſich vor ſo
vielen Leuten nicht ſcheuen, das zu thun, was in
die Verborgenheit gehört, vermuthen, daß ſie da-
heim eine Brinneiferigkeit haben, welche die Geſund-
heit ruinirt, und drittens denkt Dieſer und Jener
in der Geſellſchaft: Was dem Einen recht, iſt
dem Andern billig, genirt Ihr Euch nicht, genir’
ich mich auch nicht, dürft Ihr ſchmatzen, darf ich
kratzen; läßt nun alle geheimen Würmer und Ottern-
gezüchte, welche er im Herzen trägt und ſonſt bei ſich
behielte, los, die ſchlechten, ſpöttiſchen Reden, die
Schraubereien und Verläumdungen, welche denn wie-
der von Andern aufgefangen und erwiedert werden,

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[370/0378] Schade, unterbrach ihn der Jäger lachend, daß Euch kein Philoſoph von Profeſſion anhört, Hof- ſchulze. Er würde die architectoniſche Symmetrie Eures Gedankenbau’s loben. Drei Aergerniſſe, ent- ſprechend drei Moralen! Der Schulze fuhr, ohne ſich ſtören zu laſſen, fort: Erſtens ſind immer in der Geſellſchaft Leute, die gerne freien möchten und nicht können, und in denen ſtiftet ſo ein öffentliches Liebesweſen gehei- men Neid und ſtille Abgunſt, wovor der Menſch ſeinen Nächſten bewahren ſoll. Dieſes iſt das erſte Aergerniß. Zweitens läßt, wenn ſie ſich vor ſo vielen Leuten nicht ſcheuen, das zu thun, was in die Verborgenheit gehört, vermuthen, daß ſie da- heim eine Brinneiferigkeit haben, welche die Geſund- heit ruinirt, und drittens denkt Dieſer und Jener in der Geſellſchaft: Was dem Einen recht, iſt dem Andern billig, genirt Ihr Euch nicht, genir’ ich mich auch nicht, dürft Ihr ſchmatzen, darf ich kratzen; läßt nun alle geheimen Würmer und Ottern- gezüchte, welche er im Herzen trägt und ſonſt bei ſich behielte, los, die ſchlechten, ſpöttiſchen Reden, die Schraubereien und Verläumdungen, welche denn wie- der von Andern aufgefangen und erwiedert werden,

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/378>, abgerufen am 25.11.2024.