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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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schlug die Decke des Bettes zurück und sah an
kleinen Fältchen der übrigens blendend weißen
Leintücher, daß die Leute nicht für nöthig gefunden
hatten, dieselben nach dem letzten Besuche, welcher
auf dieser Stube geherbergt, zu wechseln. Eine
wunderbare Empfindung durchrieselte ihn; er hatte
das Mädchen, welches hier geruht, schon ganz ver-
gessen gehabt, nun fiel ihm das Nachthäubchen wie-
der ein, er nahm es vom Stuhl, maaß abermals
an der Zerknitterung das Oval des Gesichtes ab,
drückte es an seine Wange, wie um sie zu kühlen,
und brach plötzlich in heftige Thränen aus. Denn
in dieser jungen, saftschwangern Natur lagen noch
alle Widersprüche des Ernsten und Närrischen,
welche das Leben später bis zur Gleichgültigkeit
abdämpft, chaotisch neben einander.

Seine Unruhe, als er sich zwischen den Decken
ausgestreckt hatte, wurde vermehrt, als er sich auf
einmal erinnerte, daß er bei dem Abschiede von
dem alten Jochem diesem ja gar nicht gesagt habe,
wo er während dessen Spürfahrt verweilen wolle.




Immermann's Münchhausen. 1. Th. 21

ſchlug die Decke des Bettes zurück und ſah an
kleinen Fältchen der übrigens blendend weißen
Leintücher, daß die Leute nicht für nöthig gefunden
hatten, dieſelben nach dem letzten Beſuche, welcher
auf dieſer Stube geherbergt, zu wechſeln. Eine
wunderbare Empfindung durchrieſelte ihn; er hatte
das Mädchen, welches hier geruht, ſchon ganz ver-
geſſen gehabt, nun fiel ihm das Nachthäubchen wie-
der ein, er nahm es vom Stuhl, maaß abermals
an der Zerknitterung das Oval des Geſichtes ab,
drückte es an ſeine Wange, wie um ſie zu kühlen,
und brach plötzlich in heftige Thränen aus. Denn
in dieſer jungen, ſaftſchwangern Natur lagen noch
alle Widerſprüche des Ernſten und Närriſchen,
welche das Leben ſpäter bis zur Gleichgültigkeit
abdämpft, chaotiſch neben einander.

Seine Unruhe, als er ſich zwiſchen den Decken
ausgeſtreckt hatte, wurde vermehrt, als er ſich auf
einmal erinnerte, daß er bei dem Abſchiede von
dem alten Jochem dieſem ja gar nicht geſagt habe,
wo er während deſſen Spürfahrt verweilen wolle.




Immermann’s Münchhauſen. 1. Th. 21
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[321/0329] ſchlug die Decke des Bettes zurück und ſah an kleinen Fältchen der übrigens blendend weißen Leintücher, daß die Leute nicht für nöthig gefunden hatten, dieſelben nach dem letzten Beſuche, welcher auf dieſer Stube geherbergt, zu wechſeln. Eine wunderbare Empfindung durchrieſelte ihn; er hatte das Mädchen, welches hier geruht, ſchon ganz ver- geſſen gehabt, nun fiel ihm das Nachthäubchen wie- der ein, er nahm es vom Stuhl, maaß abermals an der Zerknitterung das Oval des Geſichtes ab, drückte es an ſeine Wange, wie um ſie zu kühlen, und brach plötzlich in heftige Thränen aus. Denn in dieſer jungen, ſaftſchwangern Natur lagen noch alle Widerſprüche des Ernſten und Närriſchen, welche das Leben ſpäter bis zur Gleichgültigkeit abdämpft, chaotiſch neben einander. Seine Unruhe, als er ſich zwiſchen den Decken ausgeſtreckt hatte, wurde vermehrt, als er ſich auf einmal erinnerte, daß er bei dem Abſchiede von dem alten Jochem dieſem ja gar nicht geſagt habe, wo er während deſſen Spürfahrt verweilen wolle. Immermann’s Münchhauſen. 1. Th. 21

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/329>, abgerufen am 25.11.2024.