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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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verdefendiren! rief er, indem plötzlich der lachende
Ausdruck seines Gesichts in den des loderndsten
Zornes überging. Die Stirnadern schwollen ihm
an, das Blut trat dunkelroth in seine Wangen,
die Augäpfel verloren ihr Weißes und wurden röth-
lich; man hätte vor dem Alten erschrecken können.

Ihr habt Recht, Vater, es giebt nichts Unvernünf-
tigeres, als die sogenannten Jagdgerechtsame, sagte
der Jäger, um ihn zu beruhigen. Deßhalb will
ich die Sünde über mich nehmen, zum Frommen
Eures Gutes am Wildbann der hiesigen Edelleute
zu freveln, obgleich ich eigentlich dadurch -- --

Er wollte etwas hinzusetzen, brach aber schnell
ab und ging auf andere gleichgültige Gegenstände
über.

Wer aber glaubt, daß die Unterhaltung dieses
westphälischen Hofschulzen und schwäbischen Jägers
so flüssig von Statten gegangen sei, wie meine
Autorfeder sie niedergeschrieben hat, der irrt sich.
Vielmehr waren noch oft mehrmalige Wiederho-
lungen nöthig, ehe und bevor ein nothdürftiges
Verständniß zwischen ihnen eintrat. Hin und wie-
der mußte selbst die Finger- und Zeichensprache zu
Hülfe genommen werden. Denn der Hofschulze

verdefendiren! rief er, indem plötzlich der lachende
Ausdruck ſeines Geſichts in den des loderndſten
Zornes überging. Die Stirnadern ſchwollen ihm
an, das Blut trat dunkelroth in ſeine Wangen,
die Augäpfel verloren ihr Weißes und wurden röth-
lich; man hätte vor dem Alten erſchrecken können.

Ihr habt Recht, Vater, es giebt nichts Unvernünf-
tigeres, als die ſogenannten Jagdgerechtſame, ſagte
der Jäger, um ihn zu beruhigen. Deßhalb will
ich die Sünde über mich nehmen, zum Frommen
Eures Gutes am Wildbann der hieſigen Edelleute
zu freveln, obgleich ich eigentlich dadurch — —

Er wollte etwas hinzuſetzen, brach aber ſchnell
ab und ging auf andere gleichgültige Gegenſtände
über.

Wer aber glaubt, daß die Unterhaltung dieſes
weſtphäliſchen Hofſchulzen und ſchwäbiſchen Jägers
ſo flüſſig von Statten gegangen ſei, wie meine
Autorfeder ſie niedergeſchrieben hat, der irrt ſich.
Vielmehr waren noch oft mehrmalige Wiederho-
lungen nöthig, ehe und bevor ein nothdürftiges
Verſtändniß zwiſchen ihnen eintrat. Hin und wie-
der mußte ſelbſt die Finger- und Zeichenſprache zu
Hülfe genommen werden. Denn der Hofſchulze

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[314/0322] verdefendiren! rief er, indem plötzlich der lachende Ausdruck ſeines Geſichts in den des loderndſten Zornes überging. Die Stirnadern ſchwollen ihm an, das Blut trat dunkelroth in ſeine Wangen, die Augäpfel verloren ihr Weißes und wurden röth- lich; man hätte vor dem Alten erſchrecken können. Ihr habt Recht, Vater, es giebt nichts Unvernünf- tigeres, als die ſogenannten Jagdgerechtſame, ſagte der Jäger, um ihn zu beruhigen. Deßhalb will ich die Sünde über mich nehmen, zum Frommen Eures Gutes am Wildbann der hieſigen Edelleute zu freveln, obgleich ich eigentlich dadurch — — Er wollte etwas hinzuſetzen, brach aber ſchnell ab und ging auf andere gleichgültige Gegenſtände über. Wer aber glaubt, daß die Unterhaltung dieſes weſtphäliſchen Hofſchulzen und ſchwäbiſchen Jägers ſo flüſſig von Statten gegangen ſei, wie meine Autorfeder ſie niedergeſchrieben hat, der irrt ſich. Vielmehr waren noch oft mehrmalige Wiederho- lungen nöthig, ehe und bevor ein nothdürftiges Verſtändniß zwiſchen ihnen eintrat. Hin und wie- der mußte ſelbſt die Finger- und Zeichenſprache zu Hülfe genommen werden. Denn der Hofſchulze

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/322>, abgerufen am 22.11.2024.