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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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die Magd die Kuh melkt, so steht ihr immer der
Liebste vor Augen. Kriegt aber der Mensch so
einen Spruch auf zu rathen, so ruht er nicht ehen-
der, als bis er die Moral davon heraus hat, und
derweile ist die Zeit vergangen, ohne daß ihm
etwas Uebles in den Sinn kam.

Ihr seid ja ein wahrer Weltweiser und Priester!
rief der Jäger, dessen Verwunderung hier mit
jedem Augenblicke zunahm.

Es läßt sich viel mit dem Menschen ausrichten,
wenn man ihm die Moral beibringt, sagte der
Hofschulze bedächtig. Die Moral steckt aber in
kurzen Sprüchen besser, als in langen Reden und
Predigten. Meine Leute halten sich viel länger,
seitdem ich auf die Moral verfallen bin. Freilich
das ganze Jahr hindurch geht es mit den Sprüchen
nicht; während der Bestellzeit und in der Ernte
hört alles Nachdenken auf. Dann thut es aber
auch nicht Noth, denn sie haben zu Schlechtigkeiten
keine Zeit.

Ihr macht also förmliche Abschnitte in Eurem
Unterrichte? fragte der Jäger.

Bei Winterszeit gehen die Sprüche gemeiniglich
nach dem Dreschen an und dauern bis zum Säen,

20*

die Magd die Kuh melkt, ſo ſteht ihr immer der
Liebſte vor Augen. Kriegt aber der Menſch ſo
einen Spruch auf zu rathen, ſo ruht er nicht ehen-
der, als bis er die Moral davon heraus hat, und
derweile iſt die Zeit vergangen, ohne daß ihm
etwas Uebles in den Sinn kam.

Ihr ſeid ja ein wahrer Weltweiſer und Prieſter!
rief der Jäger, deſſen Verwunderung hier mit
jedem Augenblicke zunahm.

Es läßt ſich viel mit dem Menſchen ausrichten,
wenn man ihm die Moral beibringt, ſagte der
Hofſchulze bedächtig. Die Moral ſteckt aber in
kurzen Sprüchen beſſer, als in langen Reden und
Predigten. Meine Leute halten ſich viel länger,
ſeitdem ich auf die Moral verfallen bin. Freilich
das ganze Jahr hindurch geht es mit den Sprüchen
nicht; während der Beſtellzeit und in der Ernte
hört alles Nachdenken auf. Dann thut es aber
auch nicht Noth, denn ſie haben zu Schlechtigkeiten
keine Zeit.

Ihr macht alſo förmliche Abſchnitte in Eurem
Unterrichte? fragte der Jäger.

Bei Winterszeit gehen die Sprüche gemeiniglich
nach dem Dreſchen an und dauern bis zum Säen,

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[307/0315] die Magd die Kuh melkt, ſo ſteht ihr immer der Liebſte vor Augen. Kriegt aber der Menſch ſo einen Spruch auf zu rathen, ſo ruht er nicht ehen- der, als bis er die Moral davon heraus hat, und derweile iſt die Zeit vergangen, ohne daß ihm etwas Uebles in den Sinn kam. Ihr ſeid ja ein wahrer Weltweiſer und Prieſter! rief der Jäger, deſſen Verwunderung hier mit jedem Augenblicke zunahm. Es läßt ſich viel mit dem Menſchen ausrichten, wenn man ihm die Moral beibringt, ſagte der Hofſchulze bedächtig. Die Moral ſteckt aber in kurzen Sprüchen beſſer, als in langen Reden und Predigten. Meine Leute halten ſich viel länger, ſeitdem ich auf die Moral verfallen bin. Freilich das ganze Jahr hindurch geht es mit den Sprüchen nicht; während der Beſtellzeit und in der Ernte hört alles Nachdenken auf. Dann thut es aber auch nicht Noth, denn ſie haben zu Schlechtigkeiten keine Zeit. Ihr macht alſo förmliche Abſchnitte in Eurem Unterrichte? fragte der Jäger. Bei Winterszeit gehen die Sprüche gemeiniglich nach dem Dreſchen an und dauern bis zum Säen, 20*

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/315>, abgerufen am 22.11.2024.