Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Geredet wurde von den Wirthen wenig, denn
der Bauer spricht während des Essens nicht gern,
doch erfuhr der Jäger von dem Hofschulzen auf
Befragen, daß hier herum in der ganzen Gegend
kein Mensch, Namens Schrimbs oder Peppel, bekannt
geworden sei. Die Knechte und Mägde, welche
gesondert von den Herrenplätzen am andern Ende
der langen Tafel saßen, waren ganz stumm und
blickten nur auf die Schüssel, aus welcher sie mit
ihren Löffeln die Speise zum Munde führten.

Nachdem sie aber abgegessen und sich die Mäu-
ler gewischt hatten, trat Eines nach dem Andern
vor den Herrn und sagte: Baas, *) meinen
Spruch. -- Der Hofschulze theilte hierauf Jedem
eine sprichwörtliche Redensart oder eine Bibelstelle
mit. So sagte er zum ersten Knechte, einem roth-
haarigen Kerl: Jach seyn zum Hader, zündet
Feuer an, und jach seyn zu zanken, vergießt Blut;
zum Zweiten, einem dicken, langsamen Menschen:
Gehe hin zur Ameise, du Fauler, sieh ihre Weise
an und lerne; zum Dritten, einem kleinen schwarz-
äugichten verwogen blickenden Gesellen: Besser ein

*) Ausdruck für Brodherr.
Immermann's Münchhausen. 1. Th. 20

Geredet wurde von den Wirthen wenig, denn
der Bauer ſpricht während des Eſſens nicht gern,
doch erfuhr der Jäger von dem Hofſchulzen auf
Befragen, daß hier herum in der ganzen Gegend
kein Menſch, Namens Schrimbs oder Peppel, bekannt
geworden ſei. Die Knechte und Mägde, welche
geſondert von den Herrenplätzen am andern Ende
der langen Tafel ſaßen, waren ganz ſtumm und
blickten nur auf die Schüſſel, aus welcher ſie mit
ihren Löffeln die Speiſe zum Munde führten.

Nachdem ſie aber abgegeſſen und ſich die Mäu-
ler gewiſcht hatten, trat Eines nach dem Andern
vor den Herrn und ſagte: Baas, *) meinen
Spruch. — Der Hofſchulze theilte hierauf Jedem
eine ſprichwörtliche Redensart oder eine Bibelſtelle
mit. So ſagte er zum erſten Knechte, einem roth-
haarigen Kerl: Jach ſeyn zum Hader, zündet
Feuer an, und jach ſeyn zu zanken, vergießt Blut;
zum Zweiten, einem dicken, langſamen Menſchen:
Gehe hin zur Ameiſe, du Fauler, ſieh ihre Weiſe
an und lerne; zum Dritten, einem kleinen ſchwarz-
äugichten verwogen blickenden Geſellen: Beſſer ein

*) Ausdruck für Brodherr.
Immermann’s Münchhauſen. 1. Th. 20
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0313" n="305"/>
          <p>Geredet wurde von den Wirthen wenig, denn<lb/>
der Bauer &#x017F;pricht während des E&#x017F;&#x017F;ens nicht gern,<lb/>
doch erfuhr der Jäger von dem Hof&#x017F;chulzen auf<lb/>
Befragen, daß hier herum in der ganzen Gegend<lb/>
kein Men&#x017F;ch, Namens Schrimbs oder Peppel, bekannt<lb/>
geworden &#x017F;ei. Die Knechte und Mägde, welche<lb/>
ge&#x017F;ondert von den Herrenplätzen am andern Ende<lb/>
der langen Tafel &#x017F;aßen, waren ganz &#x017F;tumm und<lb/>
blickten nur auf die Schü&#x017F;&#x017F;el, aus welcher &#x017F;ie mit<lb/>
ihren Löffeln die Spei&#x017F;e zum Munde führten.</p><lb/>
          <p>Nachdem &#x017F;ie aber abgege&#x017F;&#x017F;en und &#x017F;ich die Mäu-<lb/>
ler gewi&#x017F;cht hatten, trat Eines nach dem Andern<lb/>
vor den Herrn und &#x017F;agte: Baas, <note place="foot" n="*)">Ausdruck für <hi rendition="#g">Brodherr</hi>.</note> meinen<lb/>
Spruch. &#x2014; Der Hof&#x017F;chulze theilte hierauf Jedem<lb/>
eine &#x017F;prichwörtliche Redensart oder eine Bibel&#x017F;telle<lb/>
mit. So &#x017F;agte er zum er&#x017F;ten Knechte, einem roth-<lb/>
haarigen Kerl: Jach &#x017F;eyn zum Hader, zündet<lb/>
Feuer an, und jach &#x017F;eyn zu zanken, vergießt Blut;<lb/>
zum Zweiten, einem dicken, lang&#x017F;amen Men&#x017F;chen:<lb/>
Gehe hin zur Amei&#x017F;e, du Fauler, &#x017F;ieh ihre Wei&#x017F;e<lb/>
an und lerne; zum Dritten, einem kleinen &#x017F;chwarz-<lb/>
äugichten verwogen blickenden Ge&#x017F;ellen: Be&#x017F;&#x017F;er ein<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Immermann&#x2019;s Münchhau&#x017F;en. 1. Th. 20</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[305/0313] Geredet wurde von den Wirthen wenig, denn der Bauer ſpricht während des Eſſens nicht gern, doch erfuhr der Jäger von dem Hofſchulzen auf Befragen, daß hier herum in der ganzen Gegend kein Menſch, Namens Schrimbs oder Peppel, bekannt geworden ſei. Die Knechte und Mägde, welche geſondert von den Herrenplätzen am andern Ende der langen Tafel ſaßen, waren ganz ſtumm und blickten nur auf die Schüſſel, aus welcher ſie mit ihren Löffeln die Speiſe zum Munde führten. Nachdem ſie aber abgegeſſen und ſich die Mäu- ler gewiſcht hatten, trat Eines nach dem Andern vor den Herrn und ſagte: Baas, *) meinen Spruch. — Der Hofſchulze theilte hierauf Jedem eine ſprichwörtliche Redensart oder eine Bibelſtelle mit. So ſagte er zum erſten Knechte, einem roth- haarigen Kerl: Jach ſeyn zum Hader, zündet Feuer an, und jach ſeyn zu zanken, vergießt Blut; zum Zweiten, einem dicken, langſamen Menſchen: Gehe hin zur Ameiſe, du Fauler, ſieh ihre Weiſe an und lerne; zum Dritten, einem kleinen ſchwarz- äugichten verwogen blickenden Geſellen: Beſſer ein *) Ausdruck für Brodherr. Immermann’s Münchhauſen. 1. Th. 20

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/313
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/313>, abgerufen am 15.08.2024.