Deßhalb haben wir in solchen Höfen eine Empfin- dung froher Ruhe aller Sinne, wie sie Prachtgär- ten, Parks und Villen nicht zu erregen vermögen. Denn das aesthetische Landschaftsgefühl ist schon ein Product der Ueberfeinerung, weßhalb es denn auch nie in eigentlich robusten Zeiten auftritt. Diese halten vielmehr die Stimmung zur Mutter Erde, als zu der Allernährerin fest, wollen und verlangen nichts von ihr, als die Gabe des Feldes, der Viehweide, des Fischteiches, des Wildforstes.
So weit das Auge über den Baumgarten hin- ausblickte, sah es auch nur Grün. Denn jenseits des Gartens lagen die großen Wiesen des Ober- hofes, auf welchen der Schulze Raum und Futter für seine Pferde besaß. Ihre Zucht, mit Fleiß betrieben, gehörte zu den einträglichsten Nahrungs- quellen des Erbes. Auch diese grünen Grasflächen waren von Hecken und Gräben umschlossen; eine derselben faßte einen Weiher ein, in welchem aus- gefütterte Karpfen zugweise umherschwammen.
Auf diesem reichen Hofe zwischen vollen Scheuern, vollen Böden und Ställen handthierte der alte, weit und breit angesehene Hofschulze. Bestieg man aber den höchsten Hügel, zu dem sich
Deßhalb haben wir in ſolchen Höfen eine Empfin- dung froher Ruhe aller Sinne, wie ſie Prachtgär- ten, Parks und Villen nicht zu erregen vermögen. Denn das aeſthetiſche Landſchaftsgefühl iſt ſchon ein Product der Ueberfeinerung, weßhalb es denn auch nie in eigentlich robuſten Zeiten auftritt. Dieſe halten vielmehr die Stimmung zur Mutter Erde, als zu der Allernährerin feſt, wollen und verlangen nichts von ihr, als die Gabe des Feldes, der Viehweide, des Fiſchteiches, des Wildforſtes.
So weit das Auge über den Baumgarten hin- ausblickte, ſah es auch nur Grün. Denn jenſeits des Gartens lagen die großen Wieſen des Ober- hofes, auf welchen der Schulze Raum und Futter für ſeine Pferde beſaß. Ihre Zucht, mit Fleiß betrieben, gehörte zu den einträglichſten Nahrungs- quellen des Erbes. Auch dieſe grünen Grasflächen waren von Hecken und Gräben umſchloſſen; eine derſelben faßte einen Weiher ein, in welchem aus- gefütterte Karpfen zugweiſe umherſchwammen.
Auf dieſem reichen Hofe zwiſchen vollen Scheuern, vollen Böden und Ställen handthierte der alte, weit und breit angeſehene Hofſchulze. Beſtieg man aber den höchſten Hügel, zu dem ſich
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0305"n="297"/>
Deßhalb haben wir in ſolchen Höfen eine Empfin-<lb/>
dung froher Ruhe aller Sinne, wie ſie Prachtgär-<lb/>
ten, Parks und Villen nicht zu erregen vermögen.<lb/>
Denn das aeſthetiſche Landſchaftsgefühl iſt ſchon<lb/>
ein Product der Ueberfeinerung, weßhalb es denn<lb/>
auch nie in eigentlich robuſten Zeiten auftritt.<lb/>
Dieſe halten vielmehr die Stimmung zur Mutter<lb/>
Erde, als zu der Allernährerin feſt, wollen und<lb/>
verlangen nichts von ihr, als die Gabe des Feldes,<lb/>
der Viehweide, des Fiſchteiches, des Wildforſtes.</p><lb/><p>So weit das Auge über den Baumgarten hin-<lb/>
ausblickte, ſah es auch nur Grün. Denn jenſeits<lb/>
des Gartens lagen die großen Wieſen des Ober-<lb/>
hofes, auf welchen der Schulze Raum und Futter<lb/>
für ſeine Pferde beſaß. Ihre Zucht, mit Fleiß<lb/>
betrieben, gehörte zu den einträglichſten Nahrungs-<lb/>
quellen des Erbes. Auch dieſe grünen Grasflächen<lb/>
waren von Hecken und Gräben umſchloſſen; eine<lb/>
derſelben faßte einen Weiher ein, in welchem aus-<lb/>
gefütterte Karpfen zugweiſe umherſchwammen.</p><lb/><p>Auf dieſem reichen Hofe zwiſchen vollen<lb/>
Scheuern, vollen Böden und Ställen handthierte<lb/>
der alte, weit und breit angeſehene Hofſchulze.<lb/>
Beſtieg man aber den höchſten Hügel, zu dem ſich<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[297/0305]
Deßhalb haben wir in ſolchen Höfen eine Empfin-
dung froher Ruhe aller Sinne, wie ſie Prachtgär-
ten, Parks und Villen nicht zu erregen vermögen.
Denn das aeſthetiſche Landſchaftsgefühl iſt ſchon
ein Product der Ueberfeinerung, weßhalb es denn
auch nie in eigentlich robuſten Zeiten auftritt.
Dieſe halten vielmehr die Stimmung zur Mutter
Erde, als zu der Allernährerin feſt, wollen und
verlangen nichts von ihr, als die Gabe des Feldes,
der Viehweide, des Fiſchteiches, des Wildforſtes.
So weit das Auge über den Baumgarten hin-
ausblickte, ſah es auch nur Grün. Denn jenſeits
des Gartens lagen die großen Wieſen des Ober-
hofes, auf welchen der Schulze Raum und Futter
für ſeine Pferde beſaß. Ihre Zucht, mit Fleiß
betrieben, gehörte zu den einträglichſten Nahrungs-
quellen des Erbes. Auch dieſe grünen Grasflächen
waren von Hecken und Gräben umſchloſſen; eine
derſelben faßte einen Weiher ein, in welchem aus-
gefütterte Karpfen zugweiſe umherſchwammen.
Auf dieſem reichen Hofe zwiſchen vollen
Scheuern, vollen Böden und Ställen handthierte
der alte, weit und breit angeſehene Hofſchulze.
Beſtieg man aber den höchſten Hügel, zu dem ſich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/305>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.