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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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Deßhalb haben wir in solchen Höfen eine Empfin-
dung froher Ruhe aller Sinne, wie sie Prachtgär-
ten, Parks und Villen nicht zu erregen vermögen.
Denn das aesthetische Landschaftsgefühl ist schon
ein Product der Ueberfeinerung, weßhalb es denn
auch nie in eigentlich robusten Zeiten auftritt.
Diese halten vielmehr die Stimmung zur Mutter
Erde, als zu der Allernährerin fest, wollen und
verlangen nichts von ihr, als die Gabe des Feldes,
der Viehweide, des Fischteiches, des Wildforstes.

So weit das Auge über den Baumgarten hin-
ausblickte, sah es auch nur Grün. Denn jenseits
des Gartens lagen die großen Wiesen des Ober-
hofes, auf welchen der Schulze Raum und Futter
für seine Pferde besaß. Ihre Zucht, mit Fleiß
betrieben, gehörte zu den einträglichsten Nahrungs-
quellen des Erbes. Auch diese grünen Grasflächen
waren von Hecken und Gräben umschlossen; eine
derselben faßte einen Weiher ein, in welchem aus-
gefütterte Karpfen zugweise umherschwammen.

Auf diesem reichen Hofe zwischen vollen
Scheuern, vollen Böden und Ställen handthierte
der alte, weit und breit angesehene Hofschulze.
Bestieg man aber den höchsten Hügel, zu dem sich

Deßhalb haben wir in ſolchen Höfen eine Empfin-
dung froher Ruhe aller Sinne, wie ſie Prachtgär-
ten, Parks und Villen nicht zu erregen vermögen.
Denn das aeſthetiſche Landſchaftsgefühl iſt ſchon
ein Product der Ueberfeinerung, weßhalb es denn
auch nie in eigentlich robuſten Zeiten auftritt.
Dieſe halten vielmehr die Stimmung zur Mutter
Erde, als zu der Allernährerin feſt, wollen und
verlangen nichts von ihr, als die Gabe des Feldes,
der Viehweide, des Fiſchteiches, des Wildforſtes.

So weit das Auge über den Baumgarten hin-
ausblickte, ſah es auch nur Grün. Denn jenſeits
des Gartens lagen die großen Wieſen des Ober-
hofes, auf welchen der Schulze Raum und Futter
für ſeine Pferde beſaß. Ihre Zucht, mit Fleiß
betrieben, gehörte zu den einträglichſten Nahrungs-
quellen des Erbes. Auch dieſe grünen Grasflächen
waren von Hecken und Gräben umſchloſſen; eine
derſelben faßte einen Weiher ein, in welchem aus-
gefütterte Karpfen zugweiſe umherſchwammen.

Auf dieſem reichen Hofe zwiſchen vollen
Scheuern, vollen Böden und Ställen handthierte
der alte, weit und breit angeſehene Hofſchulze.
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[297/0305] Deßhalb haben wir in ſolchen Höfen eine Empfin- dung froher Ruhe aller Sinne, wie ſie Prachtgär- ten, Parks und Villen nicht zu erregen vermögen. Denn das aeſthetiſche Landſchaftsgefühl iſt ſchon ein Product der Ueberfeinerung, weßhalb es denn auch nie in eigentlich robuſten Zeiten auftritt. Dieſe halten vielmehr die Stimmung zur Mutter Erde, als zu der Allernährerin feſt, wollen und verlangen nichts von ihr, als die Gabe des Feldes, der Viehweide, des Fiſchteiches, des Wildforſtes. So weit das Auge über den Baumgarten hin- ausblickte, ſah es auch nur Grün. Denn jenſeits des Gartens lagen die großen Wieſen des Ober- hofes, auf welchen der Schulze Raum und Futter für ſeine Pferde beſaß. Ihre Zucht, mit Fleiß betrieben, gehörte zu den einträglichſten Nahrungs- quellen des Erbes. Auch dieſe grünen Grasflächen waren von Hecken und Gräben umſchloſſen; eine derſelben faßte einen Weiher ein, in welchem aus- gefütterte Karpfen zugweiſe umherſchwammen. Auf dieſem reichen Hofe zwiſchen vollen Scheuern, vollen Böden und Ställen handthierte der alte, weit und breit angeſehene Hofſchulze. Beſtieg man aber den höchſten Hügel, zu dem ſich

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/305>, abgerufen am 22.11.2024.