konnte. Hauptsächlich hielt der alte Herr auf eine leckere Tafel, und diesen Genuß ihm vorbereiten zu helfen war auch ich bestimmt. Ich entzündete das Feuer des Heerdes, ich nahm die herkömmlichen Abwaschungen der dem Dienste geweihten Gefäße vor, ich setzte die Maschine in Gang, mit welcher der Spieß zusammenhing, des Bratens Halter; kurz, denn wozu Umschreibungen? ich war Küchen- junge bei dem Prälaten, aber ich war ein denken- der Küchenjunge.
Der Prälat ging von dem Grundsatze aus, daß eine jede Köchin nur die sechs ersten Monate ihres Dienstes hindurch gut koche, nachher aber sich zu vernachlässigen pflege. Er schaffte daher auch alle Semester eine neue Kochmagd an, und ich erkannte bald, daß, wenn ich bei ihm nur drei Jahre lang aushielte, ich alle sechs Elementarstudien der Liebe mit den Köchinnen der sechs Semester werde durchmachen können. Denn es war in dieser Küche hergebracht, daß die Köchin den Küchenjun- gen lieben mußte. Die Sache hatte also keine Schwierigkeit.
Das erste Vorstudium mußte, wie sich von selbst versteht, die Sinnlichkeit seyn.
konnte. Hauptſächlich hielt der alte Herr auf eine leckere Tafel, und dieſen Genuß ihm vorbereiten zu helfen war auch ich beſtimmt. Ich entzündete das Feuer des Heerdes, ich nahm die herkömmlichen Abwaſchungen der dem Dienſte geweihten Gefäße vor, ich ſetzte die Maſchine in Gang, mit welcher der Spieß zuſammenhing, des Bratens Halter; kurz, denn wozu Umſchreibungen? ich war Küchen- junge bei dem Prälaten, aber ich war ein denken- der Küchenjunge.
Der Prälat ging von dem Grundſatze aus, daß eine jede Köchin nur die ſechs erſten Monate ihres Dienſtes hindurch gut koche, nachher aber ſich zu vernachläſſigen pflege. Er ſchaffte daher auch alle Semeſter eine neue Kochmagd an, und ich erkannte bald, daß, wenn ich bei ihm nur drei Jahre lang aushielte, ich alle ſechs Elementarſtudien der Liebe mit den Köchinnen der ſechs Semeſter werde durchmachen können. Denn es war in dieſer Küche hergebracht, daß die Köchin den Küchenjun- gen lieben mußte. Die Sache hatte alſo keine Schwierigkeit.
Das erſte Vorſtudium mußte, wie ſich von ſelbſt verſteht, die Sinnlichkeit ſeyn.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0229"n="221"/>
konnte. Hauptſächlich hielt der alte Herr auf eine<lb/>
leckere Tafel, und dieſen Genuß ihm vorbereiten zu<lb/>
helfen war auch ich beſtimmt. Ich entzündete das<lb/>
Feuer des Heerdes, ich nahm die herkömmlichen<lb/>
Abwaſchungen der dem Dienſte geweihten Gefäße<lb/>
vor, ich ſetzte die Maſchine in Gang, mit welcher<lb/>
der Spieß zuſammenhing, des Bratens Halter;<lb/>
kurz, denn wozu Umſchreibungen? ich war Küchen-<lb/>
junge bei dem Prälaten, aber ich war ein denken-<lb/>
der Küchenjunge.</p><lb/><p>Der Prälat ging von dem Grundſatze aus, daß<lb/>
eine jede Köchin nur die ſechs erſten Monate ihres<lb/>
Dienſtes hindurch gut koche, nachher aber ſich zu<lb/>
vernachläſſigen pflege. Er ſchaffte daher auch alle<lb/>
Semeſter eine neue Kochmagd an, und ich erkannte<lb/>
bald, daß, wenn ich bei ihm nur drei Jahre lang<lb/>
aushielte, ich alle ſechs Elementarſtudien der Liebe<lb/>
mit den Köchinnen der ſechs Semeſter werde<lb/>
durchmachen können. Denn es war in dieſer<lb/>
Küche hergebracht, daß die Köchin den Küchenjun-<lb/>
gen lieben mußte. Die Sache hatte alſo keine<lb/>
Schwierigkeit.</p><lb/><p>Das erſte Vorſtudium mußte, wie ſich von ſelbſt<lb/>
verſteht, die Sinnlichkeit ſeyn.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[221/0229]
konnte. Hauptſächlich hielt der alte Herr auf eine
leckere Tafel, und dieſen Genuß ihm vorbereiten zu
helfen war auch ich beſtimmt. Ich entzündete das
Feuer des Heerdes, ich nahm die herkömmlichen
Abwaſchungen der dem Dienſte geweihten Gefäße
vor, ich ſetzte die Maſchine in Gang, mit welcher
der Spieß zuſammenhing, des Bratens Halter;
kurz, denn wozu Umſchreibungen? ich war Küchen-
junge bei dem Prälaten, aber ich war ein denken-
der Küchenjunge.
Der Prälat ging von dem Grundſatze aus, daß
eine jede Köchin nur die ſechs erſten Monate ihres
Dienſtes hindurch gut koche, nachher aber ſich zu
vernachläſſigen pflege. Er ſchaffte daher auch alle
Semeſter eine neue Kochmagd an, und ich erkannte
bald, daß, wenn ich bei ihm nur drei Jahre lang
aushielte, ich alle ſechs Elementarſtudien der Liebe
mit den Köchinnen der ſechs Semeſter werde
durchmachen können. Denn es war in dieſer
Küche hergebracht, daß die Köchin den Küchenjun-
gen lieben mußte. Die Sache hatte alſo keine
Schwierigkeit.
Das erſte Vorſtudium mußte, wie ſich von ſelbſt
verſteht, die Sinnlichkeit ſeyn.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/229>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.