Immermann, Karl: Der Carneval und die Somnambüle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 139–273. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.richtig, und dennoch war die erhabne Wundergeschichte nichts weiter, als ein gemeiner Schelmstreich. Der Arzt konnte freilich nicht wissen, als er sich mit der Comtesse zu Esel setzte, ob sein Anschlag gelingen werde, er hat auch gewiß den Entschluß zu seinem Feldzuge gegen deine Casse damals noch nicht fertig im Kopfe gehabt, er machte es wie ein kühner Freibeuter, er griff unverweilt verwegen an und überließ dem Augenblicke und der Eingebung des Augenblicks, den Gang des Gefechts zu bestimmen. Mißlang der Angriff, fand er in dir nicht den Mann, den er brauchte, nun so war ja nichts verloren, es galt dann eine Dieberei weniger, aber weiter kein Unglück. Indessen, dein Naturell arbeitete seinen Absichten in die Hand Eins gab sich aus dem Andern, kurz -- der Erfolg hat ihn gerechtfertigt. Wie schlau leitete er meinen Verdacht von der Spur ab, auf die unschuldigen Hausgenossen des Gasthofs ! rief ich. Und vergiß nicht, daß er dem Wirthe ebenfalls von einem Hausdiebe vorgesprochen hatte. Ja, er hatte sich sehr gut verschanzt. -- Du weißt nun Alles. Ein Kläger muß aber den Beweis liefern, hier ist er. Sie reichte mir ein Papier. Ich entfaltete und las. Es war die Abschrift eines gerichtlichen Verhörs. richtig, und dennoch war die erhabne Wundergeschichte nichts weiter, als ein gemeiner Schelmstreich. Der Arzt konnte freilich nicht wissen, als er sich mit der Comtesse zu Esel setzte, ob sein Anschlag gelingen werde, er hat auch gewiß den Entschluß zu seinem Feldzuge gegen deine Casse damals noch nicht fertig im Kopfe gehabt, er machte es wie ein kühner Freibeuter, er griff unverweilt verwegen an und überließ dem Augenblicke und der Eingebung des Augenblicks, den Gang des Gefechts zu bestimmen. Mißlang der Angriff, fand er in dir nicht den Mann, den er brauchte, nun so war ja nichts verloren, es galt dann eine Dieberei weniger, aber weiter kein Unglück. Indessen, dein Naturell arbeitete seinen Absichten in die Hand Eins gab sich aus dem Andern, kurz — der Erfolg hat ihn gerechtfertigt. Wie schlau leitete er meinen Verdacht von der Spur ab, auf die unschuldigen Hausgenossen des Gasthofs ! rief ich. Und vergiß nicht, daß er dem Wirthe ebenfalls von einem Hausdiebe vorgesprochen hatte. Ja, er hatte sich sehr gut verschanzt. — Du weißt nun Alles. Ein Kläger muß aber den Beweis liefern, hier ist er. Sie reichte mir ein Papier. Ich entfaltete und las. Es war die Abschrift eines gerichtlichen Verhörs. <TEI> <text> <body> <div n="17"> <p><pb facs="#f0099"/> richtig, und dennoch war die erhabne Wundergeschichte nichts weiter, als ein gemeiner Schelmstreich. Der Arzt konnte freilich nicht wissen, als er sich mit der Comtesse zu Esel setzte, ob sein Anschlag gelingen werde, er hat auch gewiß den Entschluß zu seinem Feldzuge gegen deine Casse damals noch nicht fertig im Kopfe gehabt, er machte es wie ein kühner Freibeuter, er griff unverweilt verwegen an und überließ dem Augenblicke und der Eingebung des Augenblicks, den Gang des Gefechts zu bestimmen. Mißlang der Angriff, fand er in dir nicht den Mann, den er brauchte, nun so war ja nichts verloren, es galt dann eine Dieberei weniger, aber weiter kein Unglück. Indessen, dein Naturell arbeitete seinen Absichten in die Hand Eins gab sich aus dem Andern, kurz — der Erfolg hat ihn gerechtfertigt.</p><lb/> <p>Wie schlau leitete er meinen Verdacht von der Spur ab, auf die unschuldigen Hausgenossen des Gasthofs ! rief ich.</p><lb/> <p>Und vergiß nicht, daß er dem Wirthe ebenfalls von einem Hausdiebe vorgesprochen hatte. Ja, er hatte sich sehr gut verschanzt. — Du weißt nun Alles. Ein Kläger muß aber den Beweis liefern, hier ist er.</p><lb/> <p>Sie reichte mir ein Papier. Ich entfaltete und las. Es war die Abschrift eines gerichtlichen Verhörs.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0099]
richtig, und dennoch war die erhabne Wundergeschichte nichts weiter, als ein gemeiner Schelmstreich. Der Arzt konnte freilich nicht wissen, als er sich mit der Comtesse zu Esel setzte, ob sein Anschlag gelingen werde, er hat auch gewiß den Entschluß zu seinem Feldzuge gegen deine Casse damals noch nicht fertig im Kopfe gehabt, er machte es wie ein kühner Freibeuter, er griff unverweilt verwegen an und überließ dem Augenblicke und der Eingebung des Augenblicks, den Gang des Gefechts zu bestimmen. Mißlang der Angriff, fand er in dir nicht den Mann, den er brauchte, nun so war ja nichts verloren, es galt dann eine Dieberei weniger, aber weiter kein Unglück. Indessen, dein Naturell arbeitete seinen Absichten in die Hand Eins gab sich aus dem Andern, kurz — der Erfolg hat ihn gerechtfertigt.
Wie schlau leitete er meinen Verdacht von der Spur ab, auf die unschuldigen Hausgenossen des Gasthofs ! rief ich.
Und vergiß nicht, daß er dem Wirthe ebenfalls von einem Hausdiebe vorgesprochen hatte. Ja, er hatte sich sehr gut verschanzt. — Du weißt nun Alles. Ein Kläger muß aber den Beweis liefern, hier ist er.
Sie reichte mir ein Papier. Ich entfaltete und las. Es war die Abschrift eines gerichtlichen Verhörs.
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Zitationshilfe: | Immermann, Karl: Der Carneval und die Somnambüle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 139–273. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_carneval_1910/99>, abgerufen am 16.02.2025. |