Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Der Carneval und die Somnambüle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 139–273. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

nicht der einzige Betrogene, das kann ich dir zu deinem Troste sagen. Auch Andere, mit denen er den siderischen Rapport anknüpfte, sollen goldne Uhren, brillantirte Dosen als Lehrgeld haben hingeben müssen, oder falsche Wechsel bekommen haben, die er ihnen gegen baares Geld aufgeschwatzt hatte. Zuletzt entzweite sich die Schöne mit ihrem Paladine, gab ihn an; das saubere Paar wurde an der Grenze von Bayern arretirt.

Wenn dies auch Alles richtig sein sollte, sagte ich, so begreife ich noch immer den Zusammenhang meiner Geschichte nicht. Wie konnte jener Betrüger wissen, daß ich Summen bei mir führe, die die Mühe lohnten? Wie erklärt sich das Zusammentreffen auf der Bäderlei mit Jenen, die ich nie gesehen hatte, von denen ich nie gesehen worden war? Auf welche Weise ward der Diebstahl verübt? Wer war der Mensch, der mir zuletzt die Papiere raubte? Das sind lauter Dinge, die ich nicht fasse! --

Du wohntest ja wohl neben der sogenannten Gräfin? Man hörte in dem einen Zimmer, was in dem andern laut gesprochen wurde? fragte meine Frau.

Ja, so war es. --

Nun, du pflegst in der Regel ziemlich vernehmlich zu reden. Erinnerst du dich nicht, daß du von deinem Gelde gesprochen hast?

Von meinem Gelde? -- Ich glaube, ich habe den Kellner gefragt, als ich angekommen war, ob das Schloß

nicht der einzige Betrogene, das kann ich dir zu deinem Troste sagen. Auch Andere, mit denen er den siderischen Rapport anknüpfte, sollen goldne Uhren, brillantirte Dosen als Lehrgeld haben hingeben müssen, oder falsche Wechsel bekommen haben, die er ihnen gegen baares Geld aufgeschwatzt hatte. Zuletzt entzweite sich die Schöne mit ihrem Paladine, gab ihn an; das saubere Paar wurde an der Grenze von Bayern arretirt.

Wenn dies auch Alles richtig sein sollte, sagte ich, so begreife ich noch immer den Zusammenhang meiner Geschichte nicht. Wie konnte jener Betrüger wissen, daß ich Summen bei mir führe, die die Mühe lohnten? Wie erklärt sich das Zusammentreffen auf der Bäderlei mit Jenen, die ich nie gesehen hatte, von denen ich nie gesehen worden war? Auf welche Weise ward der Diebstahl verübt? Wer war der Mensch, der mir zuletzt die Papiere raubte? Das sind lauter Dinge, die ich nicht fasse! —

Du wohntest ja wohl neben der sogenannten Gräfin? Man hörte in dem einen Zimmer, was in dem andern laut gesprochen wurde? fragte meine Frau.

Ja, so war es. —

Nun, du pflegst in der Regel ziemlich vernehmlich zu reden. Erinnerst du dich nicht, daß du von deinem Gelde gesprochen hast?

Von meinem Gelde? — Ich glaube, ich habe den Kellner gefragt, als ich angekommen war, ob das Schloß

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="17">
        <p><pb facs="#f0095"/>
nicht der einzige Betrogene, das kann ich dir zu deinem Troste sagen. Auch      Andere, mit denen er den siderischen Rapport anknüpfte, sollen goldne Uhren, brillantirte Dosen      als Lehrgeld haben hingeben müssen, oder falsche Wechsel bekommen haben, die er ihnen gegen      baares Geld aufgeschwatzt hatte. Zuletzt entzweite sich die Schöne mit ihrem Paladine, gab ihn      an; das saubere Paar wurde an der Grenze von Bayern arretirt.</p><lb/>
        <p>Wenn dies auch Alles richtig sein sollte, sagte ich, so begreife ich noch immer den      Zusammenhang meiner Geschichte nicht. Wie konnte jener Betrüger wissen, daß ich Summen bei mir      führe, die die Mühe lohnten? Wie erklärt sich das Zusammentreffen auf der Bäderlei mit Jenen,      die ich nie gesehen hatte, von denen ich nie gesehen worden war? Auf welche Weise ward der      Diebstahl verübt? Wer war der Mensch, der mir zuletzt die Papiere raubte? Das sind lauter      Dinge, die ich nicht fasse! &#x2014;</p><lb/>
        <p>Du wohntest ja wohl neben der sogenannten Gräfin? Man hörte in dem einen Zimmer, was in dem      andern laut gesprochen wurde? fragte meine Frau.</p><lb/>
        <p>Ja, so war es. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Nun, du pflegst in der Regel ziemlich vernehmlich zu reden. Erinnerst du dich nicht, daß du      von deinem Gelde gesprochen hast?</p><lb/>
        <p>Von meinem Gelde? &#x2014; Ich glaube, ich habe den Kellner gefragt, als ich angekommen war, ob das      Schloß<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0095] nicht der einzige Betrogene, das kann ich dir zu deinem Troste sagen. Auch Andere, mit denen er den siderischen Rapport anknüpfte, sollen goldne Uhren, brillantirte Dosen als Lehrgeld haben hingeben müssen, oder falsche Wechsel bekommen haben, die er ihnen gegen baares Geld aufgeschwatzt hatte. Zuletzt entzweite sich die Schöne mit ihrem Paladine, gab ihn an; das saubere Paar wurde an der Grenze von Bayern arretirt. Wenn dies auch Alles richtig sein sollte, sagte ich, so begreife ich noch immer den Zusammenhang meiner Geschichte nicht. Wie konnte jener Betrüger wissen, daß ich Summen bei mir führe, die die Mühe lohnten? Wie erklärt sich das Zusammentreffen auf der Bäderlei mit Jenen, die ich nie gesehen hatte, von denen ich nie gesehen worden war? Auf welche Weise ward der Diebstahl verübt? Wer war der Mensch, der mir zuletzt die Papiere raubte? Das sind lauter Dinge, die ich nicht fasse! — Du wohntest ja wohl neben der sogenannten Gräfin? Man hörte in dem einen Zimmer, was in dem andern laut gesprochen wurde? fragte meine Frau. Ja, so war es. — Nun, du pflegst in der Regel ziemlich vernehmlich zu reden. Erinnerst du dich nicht, daß du von deinem Gelde gesprochen hast? Von meinem Gelde? — Ich glaube, ich habe den Kellner gefragt, als ich angekommen war, ob das Schloß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T12:19:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T12:19:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_carneval_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_carneval_1910/95
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Der Carneval und die Somnambüle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 139–273. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_carneval_1910/95>, abgerufen am 24.11.2024.