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Immermann, Karl: Der Carneval und die Somnambüle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 139–273. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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rief Gustav, auf das Aeußerste überrascht, so sind Sie Sidoniens Richter? -- Der Amtmann maß ihn mit prüfenden Augen und sagte: Wenn Sie die angebliche Gräfin *cka meinen, ja, deren Richter war ich. Wie kommen Sie darauf, sich nach dieser Landstreicherin zu erkundigen? Kennen Sie die Person? -- Was sollte unser Freund erwidern? Auf das Gerathewohl, in der größten Bestürzung, stotterte er: Mich dünkt, ich habe von dem Falle gelesen. -- Freudeglänzend rief der Amtmann: Also kennen Sie meine "Beiträge zur Seelenkunde und Menschenkenntniß aus langjähriger Criminal-Praxis" ? Denn darin habe ich von der *cka und dem *losch gesprochen. Sagen Sie, mein Bester, wie geht das Buch in Ihrer Gegend? -- Gustav antwortete etwas, was den eifrigen Schriftsteller zufrieden stellen konnte, und bat, so gefaßt als er nach seinem Zustande sein konnte, ihm mehr von der Armen zu sagen, zu deren Marterstätte ihn seine Zerstreutheit und ein sonderbares Ungefähr hinführten. -- Der Richter versetzte kurz, er glaube, sie sei eine gewöhnliche Romanenheldin gewesen, die einmal zur Abwechslung auch habe die Magdalena spielen wollen; sie habe mitunter Geschichten angegeben, die vermuthlich ganz unwahr gewesen seien, unter anderen eine von einer geraubten Schatulle. Das Ganze war, äußerte dieser Menschenkenner, nichts als ein Gespinnst, womit sie sich interessant machen wollte, sie konnte weder Ort noch Namen angeben und half sich mit der Ausflucht, daß sie nicht wolle. Ich glaube, sie suchte mich glauben zu

rief Gustav, auf das Aeußerste überrascht, so sind Sie Sidoniens Richter? — Der Amtmann maß ihn mit prüfenden Augen und sagte: Wenn Sie die angebliche Gräfin *cka meinen, ja, deren Richter war ich. Wie kommen Sie darauf, sich nach dieser Landstreicherin zu erkundigen? Kennen Sie die Person? — Was sollte unser Freund erwidern? Auf das Gerathewohl, in der größten Bestürzung, stotterte er: Mich dünkt, ich habe von dem Falle gelesen. — Freudeglänzend rief der Amtmann: Also kennen Sie meine „Beiträge zur Seelenkunde und Menschenkenntniß aus langjähriger Criminal-Praxis“ ? Denn darin habe ich von der *cka und dem *losch gesprochen. Sagen Sie, mein Bester, wie geht das Buch in Ihrer Gegend? — Gustav antwortete etwas, was den eifrigen Schriftsteller zufrieden stellen konnte, und bat, so gefaßt als er nach seinem Zustande sein konnte, ihm mehr von der Armen zu sagen, zu deren Marterstätte ihn seine Zerstreutheit und ein sonderbares Ungefähr hinführten. — Der Richter versetzte kurz, er glaube, sie sei eine gewöhnliche Romanenheldin gewesen, die einmal zur Abwechslung auch habe die Magdalena spielen wollen; sie habe mitunter Geschichten angegeben, die vermuthlich ganz unwahr gewesen seien, unter anderen eine von einer geraubten Schatulle. Das Ganze war, äußerte dieser Menschenkenner, nichts als ein Gespinnst, womit sie sich interessant machen wollte, sie konnte weder Ort noch Namen angeben und half sich mit der Ausflucht, daß sie nicht wolle. Ich glaube, sie suchte mich glauben zu

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[0128] rief Gustav, auf das Aeußerste überrascht, so sind Sie Sidoniens Richter? — Der Amtmann maß ihn mit prüfenden Augen und sagte: Wenn Sie die angebliche Gräfin *cka meinen, ja, deren Richter war ich. Wie kommen Sie darauf, sich nach dieser Landstreicherin zu erkundigen? Kennen Sie die Person? — Was sollte unser Freund erwidern? Auf das Gerathewohl, in der größten Bestürzung, stotterte er: Mich dünkt, ich habe von dem Falle gelesen. — Freudeglänzend rief der Amtmann: Also kennen Sie meine „Beiträge zur Seelenkunde und Menschenkenntniß aus langjähriger Criminal-Praxis“ ? Denn darin habe ich von der *cka und dem *losch gesprochen. Sagen Sie, mein Bester, wie geht das Buch in Ihrer Gegend? — Gustav antwortete etwas, was den eifrigen Schriftsteller zufrieden stellen konnte, und bat, so gefaßt als er nach seinem Zustande sein konnte, ihm mehr von der Armen zu sagen, zu deren Marterstätte ihn seine Zerstreutheit und ein sonderbares Ungefähr hinführten. — Der Richter versetzte kurz, er glaube, sie sei eine gewöhnliche Romanenheldin gewesen, die einmal zur Abwechslung auch habe die Magdalena spielen wollen; sie habe mitunter Geschichten angegeben, die vermuthlich ganz unwahr gewesen seien, unter anderen eine von einer geraubten Schatulle. Das Ganze war, äußerte dieser Menschenkenner, nichts als ein Gespinnst, womit sie sich interessant machen wollte, sie konnte weder Ort noch Namen angeben und half sich mit der Ausflucht, daß sie nicht wolle. Ich glaube, sie suchte mich glauben zu

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T12:19:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T12:19:09Z)

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Der Carneval und die Somnambüle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 139–273. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_carneval_1910/128>, abgerufen am 25.11.2024.