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Iffland, August Wilhelm: Die Jäger. Berlin, 1785.

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Rudolph. (im Abgehen, schon halb draussen, laut.) Will
schon treiben.
Kordelchen. (fast wüthend.) Mein Gott, Sie wer-
den das ganze Amt in Aufruhr bringen!
Anton. Aber auch so eine plözliche Krankheit!
Kordelchen. (halbheulend.) Ich bin nicht krank!
Wer sagt denn, daß ich krank bin? Ich war nur un-
paß. In die frische Luft wollte ich; die frische Luft
hätte mir am besten gethan. Ich kenne mich.
Anton. Liebe Mutter, Sie sollten doch der Mam-
sell von Ihrem Melissengeist geben.
Kordelchen. Mein Gott, den kann ich nicht riechen.
Obfstn. Melissengeist? Ja, so wahr ich lebe, Anton,
das ist ein kluger Einfall, ein scharmanter Einfall.
Kommen Sie -- erst nehmen Sie von dem Melissen-
geist, und dann führe ich Sie in unser Gärtchen an
die frische Luft.
Kordelchen. Ums Himmels willen! -- ich kann
die starken Sachen nicht vertragen.
Obfstn. Ja mein gutes Kind! stark oder schwach,
danach wird bei der Medizin nicht gefragt. O mit dem
Melissengeist habe ich viele Leute kurirt. Unsre Magd,
Kathrine --
Kordelchen. Ich ersticke vor Wuth!
Rudolph. (im Abgehen, ſchon halb drauſſen, laut.) Will
ſchon treiben.
Kordelchen. (faſt wuͤthend.) Mein Gott, Sie wer-
den das ganze Amt in Aufruhr bringen!
Anton. Aber auch ſo eine ploͤzliche Krankheit!
Kordelchen. (halbheulend.) Ich bin nicht krank!
Wer ſagt denn, daß ich krank bin? Ich war nur un-
paß. In die friſche Luft wollte ich; die friſche Luft
haͤtte mir am beſten gethan. Ich kenne mich.
Anton. Liebe Mutter, Sie ſollten doch der Mam-
ſell von Ihrem Meliſſengeiſt geben.
Kordelchen. Mein Gott, den kann ich nicht riechen.
Obfſtn. Meliſſengeiſt? Ja, ſo wahr ich lebe, Anton,
das iſt ein kluger Einfall, ein ſcharmanter Einfall.
Kommen Sie — erſt nehmen Sie von dem Meliſſen-
geiſt, und dann fuͤhre ich Sie in unſer Gaͤrtchen an
die friſche Luft.
Kordelchen. Ums Himmels willen! — ich kann
die ſtarken Sachen nicht vertragen.
Obfſtn. Ja mein gutes Kind! ſtark oder ſchwach,
danach wird bei der Medizin nicht gefragt. O mit dem
Meliſſengeiſt habe ich viele Leute kurirt. Unſre Magd,
Kathrine —
Kordelchen. Ich erſticke vor Wuth!
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[61/0067] Rudolph. (im Abgehen, ſchon halb drauſſen, laut.) Will ſchon treiben. Kordelchen. (faſt wuͤthend.) Mein Gott, Sie wer- den das ganze Amt in Aufruhr bringen! Anton. Aber auch ſo eine ploͤzliche Krankheit! Kordelchen. (halbheulend.) Ich bin nicht krank! Wer ſagt denn, daß ich krank bin? Ich war nur un- paß. In die friſche Luft wollte ich; die friſche Luft haͤtte mir am beſten gethan. Ich kenne mich. Anton. Liebe Mutter, Sie ſollten doch der Mam- ſell von Ihrem Meliſſengeiſt geben. Kordelchen. Mein Gott, den kann ich nicht riechen. Obfſtn. Meliſſengeiſt? Ja, ſo wahr ich lebe, Anton, das iſt ein kluger Einfall, ein ſcharmanter Einfall. Kommen Sie — erſt nehmen Sie von dem Meliſſen- geiſt, und dann fuͤhre ich Sie in unſer Gaͤrtchen an die friſche Luft. Kordelchen. Ums Himmels willen! — ich kann die ſtarken Sachen nicht vertragen. Obfſtn. Ja mein gutes Kind! ſtark oder ſchwach, danach wird bei der Medizin nicht gefragt. O mit dem Meliſſengeiſt habe ich viele Leute kurirt. Unſre Magd, Kathrine — Kordelchen. Ich erſticke vor Wuth!

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Zitationshilfe: Iffland, August Wilhelm: Die Jäger. Berlin, 1785, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/iffland_jaeger_1785/67>, abgerufen am 29.11.2024.