Iffland, August Wilhelm: Die Jäger. Berlin, 1785. Friedrike. O lieber Vater, sein Sie nicht böse! Obfstn. Kind, den mußt Du wahrhaftig bitten! Oberförster. Ich mag nicht. Obfstn. Aber Kind, bedenk doch -- Obfstr. Ich will nicht. Obfstn. Warum denn nicht? Obfstr. Das Essen schmeckt mir nicht -- der Wein widersteht mir -- ich kann nicht froh sein, wo das Volk ist! Obfstn. Ach Du mein Himmel! das giebt einen schrecklichen Lerm. (der Oberförster geht die Länge des Zimmers durch.) Das ganze Dorf weiß, daß wir uns auf den Tag gefreuet haben, -- daß wir Gäste bitten woll- ten. Bitten wir die nicht: so ist ja die pure klare Feind- schaft angekündigt -- hm -- -- Riekchen! hm! Obfstr. Ich bitte niemand zum Essen, um ungesund nach Hause zu gehen; noch weniger glaube ich, jemand damit eine Ehre zu erzeigen. Es sind gute Freunde, denen ich Gelegenheit geben will, mit mir froh zu sein. Ich bin kein Freund vom Amtmann. Das kann ich ihm nicht bergen, und mag es ihm nicht bergen. Sind wir an einem Tisch, und ein Glas Wein hat mich froh ge- macht, so spreche ich, was ich denke -- was ich denke. Und der Mann, der nach einem Glase Wein noch ver- stecken kann, was er denkt -- ist mein Mann nicht. Friedrike. O lieber Vater, ſein Sie nicht boͤſe! Obfſtn. Kind, den mußt Du wahrhaftig bitten! Oberfoͤrſter. Ich mag nicht. Obfſtn. Aber Kind, bedenk doch — Obfſtr. Ich will nicht. Obfſtn. Warum denn nicht? Obfſtr. Das Eſſen ſchmeckt mir nicht — der Wein widerſteht mir — ich kann nicht froh ſein, wo das Volk iſt! Obfſtn. Ach Du mein Himmel! das giebt einen ſchrecklichen Lerm. (der Oberfoͤrſter geht die Laͤnge des Zimmers durch.) Das ganze Dorf weiß, daß wir uns auf den Tag gefreuet haben, — daß wir Gaͤſte bitten woll- ten. Bitten wir die nicht: ſo iſt ja die pure klare Feind- ſchaft angekuͤndigt — hm — — Riekchen! hm! Obfſtr. Ich bitte niemand zum Eſſen, um ungeſund nach Hauſe zu gehen; noch weniger glaube ich, jemand damit eine Ehre zu erzeigen. Es ſind gute Freunde, denen ich Gelegenheit geben will, mit mir froh zu ſein. Ich bin kein Freund vom Amtmann. Das kann ich ihm nicht bergen, und mag es ihm nicht bergen. Sind wir an einem Tiſch, und ein Glas Wein hat mich froh ge- macht, ſo ſpreche ich, was ich denke — was ich denke. Und der Mann, der nach einem Glaſe Wein noch ver- ſtecken kann, was er denkt — iſt mein Mann nicht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0051" n="45"/> <stage rendition="#rightBraced"> <sp who="#FRI"> <speaker>Friedrike.</speaker> <p>O lieber Vater, ſein Sie nicht boͤſe!</p><lb/> </sp> <sp who="#OBEI"> <speaker>Obfſtn.</speaker> <p>Kind, den mußt Du wahrhaftig bitten!</p> </sp> </stage><lb/> <sp who="#OBE"> <speaker>Oberfoͤrſter.</speaker> <p>Ich mag nicht.</p> </sp><lb/> <sp who="#OBEI"> <speaker>Obfſtn.</speaker> <p>Aber Kind, bedenk doch —</p> </sp><lb/> <sp who="#OBE"> <speaker>Obfſtr.</speaker> <p>Ich will nicht.</p> </sp><lb/> <sp who="#OBEI"> <speaker>Obfſtn.</speaker> <p>Warum denn nicht?</p> </sp><lb/> <sp who="#OBE"> <speaker>Obfſtr.</speaker> <p>Das Eſſen ſchmeckt mir nicht — der Wein<lb/> widerſteht mir — ich kann nicht froh ſein, wo das Volk iſt!</p> </sp><lb/> <sp who="#OBEI"> <speaker>Obfſtn.</speaker> <p>Ach Du mein Himmel! das giebt einen<lb/> ſchrecklichen Lerm. <stage>(der Oberfoͤrſter geht die Laͤnge des<lb/> Zimmers durch.)</stage> Das ganze Dorf weiß, daß wir uns auf<lb/> den Tag gefreuet haben, — daß wir Gaͤſte bitten woll-<lb/> ten. Bitten wir die nicht: ſo iſt ja die pure klare Feind-<lb/> ſchaft angekuͤndigt — hm — — Riekchen! hm!</p> </sp><lb/> <sp who="#OBE"> <speaker>Obfſtr.</speaker> <p>Ich bitte niemand zum Eſſen, um ungeſund<lb/> nach Hauſe zu gehen; noch weniger glaube ich, jemand<lb/> damit eine Ehre zu erzeigen. Es ſind gute Freunde,<lb/> denen ich Gelegenheit geben will, mit mir froh zu ſein.<lb/> Ich bin kein Freund vom Amtmann. Das kann ich ihm<lb/> nicht bergen, und mag es ihm nicht bergen. Sind wir<lb/> an einem Tiſch, und ein Glas Wein hat mich froh ge-<lb/> macht, ſo ſpreche ich, was ich denke — was ich denke.<lb/> Und der Mann, der nach einem Glaſe Wein noch ver-<lb/> ſtecken kann, was er denkt — iſt mein Mann nicht.</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [45/0051]
Friedrike. O lieber Vater, ſein Sie nicht boͤſe!
Obfſtn. Kind, den mußt Du wahrhaftig bitten!
Oberfoͤrſter. Ich mag nicht.
Obfſtn. Aber Kind, bedenk doch —
Obfſtr. Ich will nicht.
Obfſtn. Warum denn nicht?
Obfſtr. Das Eſſen ſchmeckt mir nicht — der Wein
widerſteht mir — ich kann nicht froh ſein, wo das Volk iſt!
Obfſtn. Ach Du mein Himmel! das giebt einen
ſchrecklichen Lerm. (der Oberfoͤrſter geht die Laͤnge des
Zimmers durch.) Das ganze Dorf weiß, daß wir uns auf
den Tag gefreuet haben, — daß wir Gaͤſte bitten woll-
ten. Bitten wir die nicht: ſo iſt ja die pure klare Feind-
ſchaft angekuͤndigt — hm — — Riekchen! hm!
Obfſtr. Ich bitte niemand zum Eſſen, um ungeſund
nach Hauſe zu gehen; noch weniger glaube ich, jemand
damit eine Ehre zu erzeigen. Es ſind gute Freunde,
denen ich Gelegenheit geben will, mit mir froh zu ſein.
Ich bin kein Freund vom Amtmann. Das kann ich ihm
nicht bergen, und mag es ihm nicht bergen. Sind wir
an einem Tiſch, und ein Glas Wein hat mich froh ge-
macht, ſo ſpreche ich, was ich denke — was ich denke.
Und der Mann, der nach einem Glaſe Wein noch ver-
ſtecken kann, was er denkt — iſt mein Mann nicht.
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