Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Iffland, August Wilhelm: Die Jäger. Berlin, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite
Wirthin. Geschwind, geschwind! Ich muß nach
Weissenberg. Stell den Regenschirm parat -- bring mir
meine schwarze Sammtkappe, meinen Sontagsmantel
und die Klapphandschuh. Rühre Dich. (Bärbel ab.)
Das arme Weib! (sie räumt Sachen vorn von der Bühne
in den Hintergrund.)
und der gute Alte, sie grämten
sich zu Tode. Gleich will ich hin -- alles zugeschlos-
sen -- bei dem Wetter wird so niemand sonderlich
kommen. Das Mädchen mag einmal haushalten.
Bärbel. (bringt die Sachen.)
Wirthin. Nun Du! Mach Deine Sachen gescheut,
hörst Du? Jedermann richtig Maaß -- Niemand auf-
gehalten! (sezt die Kappe auf.)
Bärbel. Es ist über eine Stunde Weges, es ist
Winterszeit -- schlechtes Wetter, Ihr solltet doch da-
bleiben. --
Wirthin. Was Winterszeit, was schlechtes Wetter!
die Leute haben nur den einzigen Sohn. Ach, könnt
ich meinen Anton wieder holen, ans Ende der Welt
wollte ich laufen.
Bärbel. Es hat ja Zeit bis morgen.
Wirthin. Wie Du es verstehst! Man soll nicht war-
ten bis morgen, wenn man einem Menschen eine gute
Stunde machen kann.
Wirthin. Geſchwind, geſchwind! Ich muß nach
Weiſſenberg. Stell den Regenſchirm parat — bring mir
meine ſchwarze Sammtkappe, meinen Sontagsmantel
und die Klapphandſchuh. Ruͤhre Dich. (Baͤrbel ab.)
Das arme Weib! (ſie raͤumt Sachen vorn von der Buͤhne
in den Hintergrund.)
und der gute Alte, ſie graͤmten
ſich zu Tode. Gleich will ich hin — alles zugeſchloſ-
ſen — bei dem Wetter wird ſo niemand ſonderlich
kommen. Das Maͤdchen mag einmal haushalten.
Baͤrbel. (bringt die Sachen.)
Wirthin. Nun Du! Mach Deine Sachen geſcheut,
hoͤrſt Du? Jedermann richtig Maaß — Niemand auf-
gehalten! (ſezt die Kappe auf.)
Baͤrbel. Es iſt uͤber eine Stunde Weges, es iſt
Winterszeit — ſchlechtes Wetter, Ihr ſolltet doch da-
bleiben. —
Wirthin. Was Winterszeit, was ſchlechtes Wetter!
die Leute haben nur den einzigen Sohn. Ach, koͤnnt
ich meinen Anton wieder holen, ans Ende der Welt
wollte ich laufen.
Baͤrbel. Es hat ja Zeit bis morgen.
Wirthin. Wie Du es verſtehſt! Man ſoll nicht war-
ten bis morgen, wenn man einem Menſchen eine gute
Stunde machen kann.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0117" n="111"/>
          <sp who="#WIRT">
            <speaker>Wirthin.</speaker>
            <p>Ge&#x017F;chwind, ge&#x017F;chwind! Ich muß nach<lb/>
Wei&#x017F;&#x017F;enberg. Stell den Regen&#x017F;chirm parat &#x2014; bring mir<lb/>
meine &#x017F;chwarze Sammtkappe, meinen Sontagsmantel<lb/>
und die Klapphand&#x017F;chuh. Ru&#x0364;hre Dich. <stage>(Ba&#x0364;rbel ab.)</stage><lb/>
Das arme Weib! <stage>(&#x017F;ie ra&#x0364;umt Sachen vorn von der Bu&#x0364;hne<lb/>
in den Hintergrund.)</stage> und der gute Alte, &#x017F;ie gra&#x0364;mten<lb/>
&#x017F;ich zu Tode. Gleich will ich hin &#x2014; alles zuge&#x017F;chlo&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en &#x2014; bei dem Wetter wird &#x017F;o niemand &#x017F;onderlich<lb/>
kommen. Das Ma&#x0364;dchen mag einmal haushalten.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#BAER">
            <speaker>Ba&#x0364;rbel.</speaker>
            <stage>(bringt die Sachen.)</stage>
          </sp><lb/>
          <sp who="#WIRT">
            <speaker>Wirthin.</speaker>
            <p>Nun Du! Mach Deine Sachen ge&#x017F;cheut,<lb/>
ho&#x0364;r&#x017F;t Du? Jedermann richtig Maaß &#x2014; Niemand auf-<lb/>
gehalten! <stage>(&#x017F;ezt die Kappe auf.)</stage></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#BAER">
            <speaker>Ba&#x0364;rbel.</speaker>
            <p>Es i&#x017F;t u&#x0364;ber eine Stunde Weges, es i&#x017F;t<lb/>
Winterszeit &#x2014; &#x017F;chlechtes Wetter, Ihr &#x017F;olltet doch da-<lb/>
bleiben. &#x2014;</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#WIRT">
            <speaker>Wirthin.</speaker>
            <p>Was Winterszeit, was &#x017F;chlechtes Wetter!<lb/>
die Leute haben nur den einzigen Sohn. Ach, ko&#x0364;nnt<lb/>
ich meinen Anton wieder holen, ans Ende der Welt<lb/>
wollte ich laufen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#BAER">
            <speaker>Ba&#x0364;rbel.</speaker>
            <p>Es hat ja Zeit bis morgen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#WIRT">
            <speaker>Wirthin.</speaker>
            <p>Wie Du es ver&#x017F;teh&#x017F;t! Man &#x017F;oll nicht war-<lb/>
ten bis morgen, wenn man einem Men&#x017F;chen eine gute<lb/>
Stunde machen kann.</p>
          </sp><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[111/0117] Wirthin. Geſchwind, geſchwind! Ich muß nach Weiſſenberg. Stell den Regenſchirm parat — bring mir meine ſchwarze Sammtkappe, meinen Sontagsmantel und die Klapphandſchuh. Ruͤhre Dich. (Baͤrbel ab.) Das arme Weib! (ſie raͤumt Sachen vorn von der Buͤhne in den Hintergrund.) und der gute Alte, ſie graͤmten ſich zu Tode. Gleich will ich hin — alles zugeſchloſ- ſen — bei dem Wetter wird ſo niemand ſonderlich kommen. Das Maͤdchen mag einmal haushalten. Baͤrbel. (bringt die Sachen.) Wirthin. Nun Du! Mach Deine Sachen geſcheut, hoͤrſt Du? Jedermann richtig Maaß — Niemand auf- gehalten! (ſezt die Kappe auf.) Baͤrbel. Es iſt uͤber eine Stunde Weges, es iſt Winterszeit — ſchlechtes Wetter, Ihr ſolltet doch da- bleiben. — Wirthin. Was Winterszeit, was ſchlechtes Wetter! die Leute haben nur den einzigen Sohn. Ach, koͤnnt ich meinen Anton wieder holen, ans Ende der Welt wollte ich laufen. Baͤrbel. Es hat ja Zeit bis morgen. Wirthin. Wie Du es verſtehſt! Man ſoll nicht war- ten bis morgen, wenn man einem Menſchen eine gute Stunde machen kann.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/iffland_jaeger_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/iffland_jaeger_1785/117
Zitationshilfe: Iffland, August Wilhelm: Die Jäger. Berlin, 1785, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/iffland_jaeger_1785/117>, abgerufen am 05.12.2024.