Ideler, Karl Wilhelm: Der religiöse Wahnsinn, erläutert durch Krankengeschichten. Ein Beitrag zur Geschichte der religiösen Wirren der Gegenwart. Halle (Saale), 1847.zusammenhalten und sich dadurch hervorthun müsse, abzufallen Zu diesen während seines 5jährigen Verbleibens bei den zuſammenhalten und ſich dadurch hervorthun muͤſſe, abzufallen Zu dieſen waͤhrend ſeines 5jaͤhrigen Verbleibens bei den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0184" n="176"/> zuſammenhalten und ſich dadurch hervorthun muͤſſe, abzufallen<lb/> beabſichtige, und ihr dadurch bei ihren Feinden großen Scha¬<lb/> den bringen werde. Da er ſich hierdurch nicht irre machen<lb/> ließ, ſo nahm jener Tadel bald einen drohenden Charakter an,<lb/> als ob er mit Macht von einem Schritte zuruͤckgehalten wer¬<lb/> den ſolle, deſſen Folgen er nicht einſehen koͤnne, weshalb An¬<lb/> dere fuͤr ihn denken und handeln muͤßten. Vergebens beklagte<lb/> E. ſich daruͤber, daß in dieſer harten Behandlung alle chriſt¬<lb/> liche Liebe verleugnet werde; er erhielt zur Antwort, wenn<lb/> nur die Seele gerettet werde, ſo moͤge der Leib zu Grunde<lb/> gehen, gerade in der eifrigen Fuͤrſorge fuͤr ſeine Seeligkeit of¬<lb/> fenbare ſich die fuͤr ihn vaͤterlich ſorgende Liebe. Auch die<lb/> Bemerkung half ihm Nichts, daß Andere ihm nicht die See¬<lb/> ligkeit verſchaffen koͤnnten; er wurde ein Hochmuͤthiger genannt,<lb/> welcher als Abtruͤnniger der Gemeinde vorgeſtellt werden ſolle,<lb/> wenn er nicht umkehre.</p><lb/> <p>Zu dieſen waͤhrend ſeines 5jaͤhrigen Verbleibens bei den<lb/> Wiedertaͤufern zuletzt bis zum Unertraͤglichen fortgeſetzten Tri¬<lb/> bulationen kam nun noch, daß die zum Abfall Geneigten vom<lb/> Abendmahl ausgeſchloſſen, der Gemeinde mit hartem Tadel<lb/> vorgefuͤhrt, von gewiſſen vertraulichen Sprechſtunden abgewie¬<lb/> ſen, und ſie durch dies Alles ſo lange bearbeitet wurden, bis<lb/> die Excommunicirten ſich zerknirſchten Herzens zeigten. So<lb/> ſollte auch er als ein Ungehorſamer der Gemeinde vorgeſtellt,<lb/> und wenn er nicht von ſeinem Widerſpruche abließe, aus der¬<lb/> ſelben ausgeſtoßen werden. Dem beugte er aber im Jahre<lb/> 1842 vor, indem er dem Gemeindevorſtande ſchriftlich ſeinen<lb/> Austritt anzeigte, nachdem er ſich in ſeiner Herzensbedraͤngniß<lb/> den Rath von 2 evangeliſchen Geiſtlichen erbeten hatte, welche<lb/> ihn in ſeinem Entſchluß durch die Mittheilung geeigneter Er¬<lb/> bauungsſchriften beſtaͤrkten. Dennoch betruͤbte es ihn, als er<lb/> von ſeinen fruͤheren Glaubensgenoſſen bei gelegentlichen Beſu¬<lb/> chen kalt empfangen wurde. Bald aber gewann die Vorſtellung bei<lb/> ihm das Uebergewicht, daß ihm die Losſagung von der evan¬<lb/> geliſchen Kirche zum Vorwurf gereiche, in welcher er mehr Er¬<lb/> leuchtung fuͤr ſeinen Geiſt gefunden haben wuͤrde. Da einmal<lb/> der Verdacht gegen die Wiedertaͤufer in ihm rege gewor¬<lb/> den war, beſchuldigte er ſie auch, daß ſie ihn in ſeinem<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [176/0184]
zuſammenhalten und ſich dadurch hervorthun muͤſſe, abzufallen
beabſichtige, und ihr dadurch bei ihren Feinden großen Scha¬
den bringen werde. Da er ſich hierdurch nicht irre machen
ließ, ſo nahm jener Tadel bald einen drohenden Charakter an,
als ob er mit Macht von einem Schritte zuruͤckgehalten wer¬
den ſolle, deſſen Folgen er nicht einſehen koͤnne, weshalb An¬
dere fuͤr ihn denken und handeln muͤßten. Vergebens beklagte
E. ſich daruͤber, daß in dieſer harten Behandlung alle chriſt¬
liche Liebe verleugnet werde; er erhielt zur Antwort, wenn
nur die Seele gerettet werde, ſo moͤge der Leib zu Grunde
gehen, gerade in der eifrigen Fuͤrſorge fuͤr ſeine Seeligkeit of¬
fenbare ſich die fuͤr ihn vaͤterlich ſorgende Liebe. Auch die
Bemerkung half ihm Nichts, daß Andere ihm nicht die See¬
ligkeit verſchaffen koͤnnten; er wurde ein Hochmuͤthiger genannt,
welcher als Abtruͤnniger der Gemeinde vorgeſtellt werden ſolle,
wenn er nicht umkehre.
Zu dieſen waͤhrend ſeines 5jaͤhrigen Verbleibens bei den
Wiedertaͤufern zuletzt bis zum Unertraͤglichen fortgeſetzten Tri¬
bulationen kam nun noch, daß die zum Abfall Geneigten vom
Abendmahl ausgeſchloſſen, der Gemeinde mit hartem Tadel
vorgefuͤhrt, von gewiſſen vertraulichen Sprechſtunden abgewie¬
ſen, und ſie durch dies Alles ſo lange bearbeitet wurden, bis
die Excommunicirten ſich zerknirſchten Herzens zeigten. So
ſollte auch er als ein Ungehorſamer der Gemeinde vorgeſtellt,
und wenn er nicht von ſeinem Widerſpruche abließe, aus der¬
ſelben ausgeſtoßen werden. Dem beugte er aber im Jahre
1842 vor, indem er dem Gemeindevorſtande ſchriftlich ſeinen
Austritt anzeigte, nachdem er ſich in ſeiner Herzensbedraͤngniß
den Rath von 2 evangeliſchen Geiſtlichen erbeten hatte, welche
ihn in ſeinem Entſchluß durch die Mittheilung geeigneter Er¬
bauungsſchriften beſtaͤrkten. Dennoch betruͤbte es ihn, als er
von ſeinen fruͤheren Glaubensgenoſſen bei gelegentlichen Beſu¬
chen kalt empfangen wurde. Bald aber gewann die Vorſtellung bei
ihm das Uebergewicht, daß ihm die Losſagung von der evan¬
geliſchen Kirche zum Vorwurf gereiche, in welcher er mehr Er¬
leuchtung fuͤr ſeinen Geiſt gefunden haben wuͤrde. Da einmal
der Verdacht gegen die Wiedertaͤufer in ihm rege gewor¬
den war, beſchuldigte er ſie auch, daß ſie ihn in ſeinem
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