Ichenhaeuser, Eliza: Die politische Gleichberechtigung der Frau. Berlin, 1898.Die politische Gleichberechtigung der Frau. trotzdem das "Ewig-Weibliche", die Angst der Gefährdungdesselben als Schild gegen jedes höhere Streben der Frau stetig benutzt wird, beweist man ihm sonst nicht all zu viel Hochachtung und Verehrung; ihre Theil- nahme am Wohlergehen der Commune wird stets zurück- gewiesen und zwar selbst in der ureigensten Domäne der Frau, der Wohlthätigkeit, der Armenpflege, wie Be- ispiele aus der allerjüngsten Zeit beweisen. Und nun erst am Staatsleben, an der Politik! Eine helle Lache schlägt Demjenigen, der eine solche Möglichkeit voraussetzt, ent- gegen. Die abgedroschensten, tausendmal widerlegten Einwendungen scheut man sich nicht, einem solchen An- sinnen entgegenzusetzen. Die Möglichkeit der Theil- nahme der Frauen am Staatsleben wirkt auf Deutsche wie ein rothes Tuch auf einen Stier. Bürgerrechte und Unweiblichkeit schweben ihnen als identische Ungeheuer- lichkeiten vor. Ob sich das Gros der also Urtheilenden bewusst ist, was die Forderung derselben eigentlich be- deutet? Was ist denn eigentlich das Object dieses so streng verpönten Wahlrechts? Es ist die Erzwingung des constitutionellen Systems und des Parlamen- tarismus. Es ist die lebendige und innige Antheilnahme der ganzen Nation an dem staatlichen Leben mit directer Beeinflussung desselben durch den Vertretungskörper, Kammer, mit dem Grundgedanken, dass seitens des Monarchen oder Regierung keine gesetzgeberische Hand- lung vorgenommen werden darf, ohne des Volkes Zu- stimmung und keine executive Massregel, ohne dass die geldlichen Mittel bewilligt sind. Die politische Gleichberechtigung der Frau. trotzdem das »Ewig-Weibliche«, die Angst der Gefährdungdesselben als Schild gegen jedes höhere Streben der Frau stetig benutzt wird, beweist man ihm sonst nicht all zu viel Hochachtung und Verehrung; ihre Theil- nahme am Wohlergehen der Commune wird stets zurück- gewiesen und zwar selbst in der ureigensten Domäne der Frau, der Wohlthätigkeit, der Armenpflege, wie Be- ispiele aus der allerjüngsten Zeit beweisen. Und nun erst am Staatsleben, an der Politik! Eine helle Lache schlägt Demjenigen, der eine solche Möglichkeit voraussetzt, ent- gegen. Die abgedroschensten, tausendmal widerlegten Einwendungen scheut man sich nicht, einem solchen An- sinnen entgegenzusetzen. Die Möglichkeit der Theil- nahme der Frauen am Staatsleben wirkt auf Deutsche wie ein rothes Tuch auf einen Stier. Bürgerrechte und Unweiblichkeit schweben ihnen als identische Ungeheuer- lichkeiten vor. Ob sich das Gros der also Urtheilenden bewusst ist, was die Forderung derselben eigentlich be- deutet? Was ist denn eigentlich das Object dieses so streng verpönten Wahlrechts? Es ist die Erzwingung des constitutionellen Systems und des Parlamen- tarismus. Es ist die lebendige und innige Antheilnahme der ganzen Nation an dem staatlichen Leben mit directer Beeinflussung desselben durch den Vertretungskörper, Kammer, mit dem Grundgedanken, dass seitens des Monarchen oder Regierung keine gesetzgeberische Hand- lung vorgenommen werden darf, ohne des Volkes Zu- stimmung und keine executive Massregel, ohne dass die geldlichen Mittel bewilligt sind. <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0088" n="75"/><fw place="top" type="header">Die politische Gleichberechtigung der Frau.</fw><lb/> trotzdem das »Ewig-Weibliche«, die Angst der Gefährdung<lb/> desselben als Schild gegen jedes höhere Streben der<lb/> Frau stetig benutzt wird, beweist man ihm sonst nicht<lb/> all zu viel Hochachtung und Verehrung; ihre Theil-<lb/> nahme am Wohlergehen der Commune wird stets zurück-<lb/> gewiesen und zwar selbst in der ureigensten Domäne<lb/> der Frau, der Wohlthätigkeit, der Armenpflege, wie Be-<lb/> ispiele aus der allerjüngsten Zeit beweisen. 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Die politische Gleichberechtigung der Frau.
trotzdem das »Ewig-Weibliche«, die Angst der Gefährdung
desselben als Schild gegen jedes höhere Streben der
Frau stetig benutzt wird, beweist man ihm sonst nicht
all zu viel Hochachtung und Verehrung; ihre Theil-
nahme am Wohlergehen der Commune wird stets zurück-
gewiesen und zwar selbst in der ureigensten Domäne
der Frau, der Wohlthätigkeit, der Armenpflege, wie Be-
ispiele aus der allerjüngsten Zeit beweisen. Und nun erst
am Staatsleben, an der Politik! Eine helle Lache schlägt
Demjenigen, der eine solche Möglichkeit voraussetzt, ent-
gegen. Die abgedroschensten, tausendmal widerlegten
Einwendungen scheut man sich nicht, einem solchen An-
sinnen entgegenzusetzen. Die Möglichkeit der Theil-
nahme der Frauen am Staatsleben wirkt auf Deutsche
wie ein rothes Tuch auf einen Stier. Bürgerrechte und
Unweiblichkeit schweben ihnen als identische Ungeheuer-
lichkeiten vor. Ob sich das Gros der also Urtheilenden
bewusst ist, was die Forderung derselben eigentlich be-
deutet? Was ist denn eigentlich das Object dieses so
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tarismus. Es ist die lebendige und innige Antheilnahme
der ganzen Nation an dem staatlichen Leben mit directer
Beeinflussung desselben durch den Vertretungskörper,
Kammer, mit dem Grundgedanken, dass seitens des
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Zitationshilfe: | Ichenhaeuser, Eliza: Die politische Gleichberechtigung der Frau. Berlin, 1898, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_gleichberechtigung_1898/88>, abgerufen am 16.07.2024. |