Ichenhaeuser, Eliza: Die politische Gleichberechtigung der Frau. Berlin, 1898.Eliza Ichenhaeuser. und alle Gesetze in diesem Sinne ausgelegt werden.Wollte man eine so wichtige Frage nur nach den An- schauungen der Richter entscheiden, ob ihnen eine solche Auslegung mitunter lächerlich erscheint oder nicht, zu welch schwankenden Rechtssprüchen müsste man da ge- langen? "Lächerlich" ist doch kein feststehender Begriff! Was gestern noch lächerlich erschien, erachten wir heute vielleicht schon der Ueberlegung werth und erklären es möglicherweise morgen für das allein Richtige und Vernünftige. Während im Jahre 581 auf dem Consilium zu Macon Eliza Ichenhaeuser. und alle Gesetze in diesem Sinne ausgelegt werden.Wollte man eine so wichtige Frage nur nach den An- schauungen der Richter entscheiden, ob ihnen eine solche Auslegung mitunter lächerlich erscheint oder nicht, zu welch schwankenden Rechtssprüchen müsste man da ge- langen? »Lächerlich« ist doch kein feststehender Begriff! Was gestern noch lächerlich erschien, erachten wir heute vielleicht schon der Ueberlegung werth und erklären es möglicherweise morgen für das allein Richtige und Vernünftige. Während im Jahre 581 auf dem Consilium zu Mâcon <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0023" n="10"/><fw place="top" type="header">Eliza Ichenhaeuser.</fw><lb/> und alle Gesetze in diesem Sinne ausgelegt werden.<lb/> Wollte man eine so wichtige Frage nur nach den An-<lb/> schauungen der Richter entscheiden, ob ihnen eine solche<lb/> Auslegung mitunter lächerlich erscheint oder nicht, zu<lb/> welch schwankenden Rechtssprüchen müsste man da ge-<lb/> langen? »Lächerlich« ist doch kein feststehender Begriff!<lb/> Was gestern noch lächerlich erschien, erachten wir heute<lb/> vielleicht schon der Ueberlegung werth und erklären<lb/> es möglicherweise morgen für das allein Richtige und<lb/> Vernünftige.</p><lb/> <p>Während im Jahre 581 auf dem Consilium zu Mâcon<lb/> die Frage aufgeworfen wurde, ob die Frau überhaupt<lb/> eine Seele besässe und ein Mensch wäre, bezweifelte der<lb/> Chief Justice des King's Bench-Gerichts im Jahre 1739<lb/> nur noch das »tiefere Verständniss für die Wahl der<lb/> Parlamentsmitglieder, das man bei Frauen nicht voraus-<lb/> setzen könne«; die Richter des oben wiedergegebenen<lb/> Urtheiles im Jahre 1867 fühlten sich bereits gedrängt zu<lb/> erklären, dass die Ausschliessung der Frauen vom Wahl-<lb/> recht <hi rendition="#g">nicht</hi> geistiger Inferiorität wegen geschehe, – ein<lb/> Gedanke, dem die heutige Civilisation in England wider-<lb/> spreche – sondern zur Wahrung des Decorums, so dass<lb/> sie vielmehr ein Vorzug und eine Huldigung sei, die<lb/> man dem Geschlechte erweise, ein honestatis privilegium,<lb/> wie schon der grosse Rechtsgelehrte Selden im XVII. Jahr-<lb/> hundert gesagt habe und in unseren Tagen stellen die<lb/> Gouverneure derjenigen Staaten, die den Frauen das<lb/> Wahlrecht verliehen haben, wie wir weiter unten zeigen<lb/>   </p> </body> </text> </TEI> [10/0023]
Eliza Ichenhaeuser.
und alle Gesetze in diesem Sinne ausgelegt werden.
Wollte man eine so wichtige Frage nur nach den An-
schauungen der Richter entscheiden, ob ihnen eine solche
Auslegung mitunter lächerlich erscheint oder nicht, zu
welch schwankenden Rechtssprüchen müsste man da ge-
langen? »Lächerlich« ist doch kein feststehender Begriff!
Was gestern noch lächerlich erschien, erachten wir heute
vielleicht schon der Ueberlegung werth und erklären
es möglicherweise morgen für das allein Richtige und
Vernünftige.
Während im Jahre 581 auf dem Consilium zu Mâcon
die Frage aufgeworfen wurde, ob die Frau überhaupt
eine Seele besässe und ein Mensch wäre, bezweifelte der
Chief Justice des King's Bench-Gerichts im Jahre 1739
nur noch das »tiefere Verständniss für die Wahl der
Parlamentsmitglieder, das man bei Frauen nicht voraus-
setzen könne«; die Richter des oben wiedergegebenen
Urtheiles im Jahre 1867 fühlten sich bereits gedrängt zu
erklären, dass die Ausschliessung der Frauen vom Wahl-
recht nicht geistiger Inferiorität wegen geschehe, – ein
Gedanke, dem die heutige Civilisation in England wider-
spreche – sondern zur Wahrung des Decorums, so dass
sie vielmehr ein Vorzug und eine Huldigung sei, die
man dem Geschlechte erweise, ein honestatis privilegium,
wie schon der grosse Rechtsgelehrte Selden im XVII. Jahr-
hundert gesagt habe und in unseren Tagen stellen die
Gouverneure derjenigen Staaten, die den Frauen das
Wahlrecht verliehen haben, wie wir weiter unten zeigen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-02-20T18:11:38Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-02-20T18:11:38Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |