Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

Bürgerliche Gesetzbuch"1) so richtig sagt, "eine
schwere sittliche Gefahr für sie selbst" und ein Un-
glück für die Frau und ihre gemeinschaftliche Ehe.
Die gleichen Rechte und die Regelung der gemein-
schaftlichen Angelegenheiten durch Vereinbarung
müßte sich auf sämtliche Verhältnisse in der Ehe,
vor allem auf die elterliche Gewalt erstrecken, die
der Mutter unbedingt in vollem Umfange zu-
gesprochen werden muß. Bei Meinungs-
verschiedenheiten müßte dem Vormundschaftsrichter
die Entscheidung vorbehalten bleiben. Die Rechts-
persönlichkeit der Frau muß in allen Dingen ge-
wahrt werden. Die Schlüsselgewalt, die ihr zu-
steht, darf nicht von dem Manne nach Belieben
eingeschränkt oder aufgehoben werden, sondern
muß im Gegenteil dahin erweitert werden, daß sie
nicht allein das Recht zur Anschaffung aller dies-
bezüglichen Dinge hat, sondern, daß ihr allmonat-
lich im voraus vom Ehemann das nötige Geld hier-
zu ausgehändigt wird. Jch bin nicht dafür, daß die
Frau eine Bezahlung für ihre wirtschaftliche Tätig-
keit bekomme, aber wenn ihr das Gesetz die Pflicht
der Haushaltführung und Kindererziehung auf-
erlegt, dann darf sie nicht in die Lage gebracht
werden, das hierzu nötige Geld vom Manne zu er-
betteln, sondern muß ihr der hierzu von beiden
Eheleuten gemeinschaftlich festzustellende Betrag

1) Berlin 1896.

Bürgerliche Gesetzbuch“1) so richtig sagt, „eine
schwere sittliche Gefahr für sie selbst“ und ein Un-
glück für die Frau und ihre gemeinschaftliche Ehe.
Die gleichen Rechte und die Regelung der gemein-
schaftlichen Angelegenheiten durch Vereinbarung
müßte sich auf sämtliche Verhältnisse in der Ehe,
vor allem auf die elterliche Gewalt erstrecken, die
der Mutter unbedingt in vollem Umfange zu-
gesprochen werden muß. Bei Meinungs-
verschiedenheiten müßte dem Vormundschaftsrichter
die Entscheidung vorbehalten bleiben. Die Rechts-
persönlichkeit der Frau muß in allen Dingen ge-
wahrt werden. Die Schlüsselgewalt, die ihr zu-
steht, darf nicht von dem Manne nach Belieben
eingeschränkt oder aufgehoben werden, sondern
muß im Gegenteil dahin erweitert werden, daß sie
nicht allein das Recht zur Anschaffung aller dies-
bezüglichen Dinge hat, sondern, daß ihr allmonat-
lich im voraus vom Ehemann das nötige Geld hier-
zu ausgehändigt wird. Jch bin nicht dafür, daß die
Frau eine Bezahlung für ihre wirtschaftliche Tätig-
keit bekomme, aber wenn ihr das Gesetz die Pflicht
der Haushaltführung und Kindererziehung auf-
erlegt, dann darf sie nicht in die Lage gebracht
werden, das hierzu nötige Geld vom Manne zu er-
betteln, sondern muß ihr der hierzu von beiden
Eheleuten gemeinschaftlich festzustellende Betrag

1) Berlin 1896.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0296" n="292"/>
Bürgerliche Gesetzbuch&#x201C;<note place="foot" n="1)">Berlin 1896.</note> so richtig sagt, &#x201E;eine<lb/>
schwere sittliche Gefahr für sie selbst&#x201C; und ein Un-<lb/>
glück für die Frau und ihre gemeinschaftliche Ehe.<lb/>
Die gleichen Rechte und die Regelung der gemein-<lb/>
schaftlichen Angelegenheiten durch Vereinbarung<lb/>
müßte sich auf sämtliche Verhältnisse in der Ehe,<lb/>
vor allem auf die elterliche Gewalt erstrecken, die<lb/>
der Mutter unbedingt in vollem Umfange zu-<lb/>
gesprochen werden muß. Bei Meinungs-<lb/>
verschiedenheiten müßte dem Vormundschaftsrichter<lb/>
die Entscheidung vorbehalten bleiben. Die Rechts-<lb/>
persönlichkeit der Frau muß in allen Dingen ge-<lb/>
wahrt werden. Die Schlüsselgewalt, die ihr zu-<lb/>
steht, darf nicht von dem Manne nach Belieben<lb/>
eingeschränkt oder aufgehoben werden, sondern<lb/>
muß im Gegenteil dahin erweitert werden, daß sie<lb/>
nicht allein das Recht zur Anschaffung aller dies-<lb/>
bezüglichen Dinge hat, sondern, daß ihr allmonat-<lb/>
lich im voraus vom Ehemann das nötige Geld hier-<lb/>
zu ausgehändigt wird. Jch bin nicht dafür, daß die<lb/>
Frau eine Bezahlung für ihre wirtschaftliche Tätig-<lb/>
keit bekomme, aber wenn ihr das Gesetz die Pflicht<lb/>
der Haushaltführung und Kindererziehung auf-<lb/>
erlegt, dann darf sie nicht in die Lage gebracht<lb/>
werden, das hierzu nötige Geld vom Manne zu er-<lb/>
betteln, sondern muß ihr der hierzu von beiden<lb/>
Eheleuten gemeinschaftlich festzustellende Betrag<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[292/0296] Bürgerliche Gesetzbuch“ 1) so richtig sagt, „eine schwere sittliche Gefahr für sie selbst“ und ein Un- glück für die Frau und ihre gemeinschaftliche Ehe. Die gleichen Rechte und die Regelung der gemein- schaftlichen Angelegenheiten durch Vereinbarung müßte sich auf sämtliche Verhältnisse in der Ehe, vor allem auf die elterliche Gewalt erstrecken, die der Mutter unbedingt in vollem Umfange zu- gesprochen werden muß. Bei Meinungs- verschiedenheiten müßte dem Vormundschaftsrichter die Entscheidung vorbehalten bleiben. Die Rechts- persönlichkeit der Frau muß in allen Dingen ge- wahrt werden. Die Schlüsselgewalt, die ihr zu- steht, darf nicht von dem Manne nach Belieben eingeschränkt oder aufgehoben werden, sondern muß im Gegenteil dahin erweitert werden, daß sie nicht allein das Recht zur Anschaffung aller dies- bezüglichen Dinge hat, sondern, daß ihr allmonat- lich im voraus vom Ehemann das nötige Geld hier- zu ausgehändigt wird. Jch bin nicht dafür, daß die Frau eine Bezahlung für ihre wirtschaftliche Tätig- keit bekomme, aber wenn ihr das Gesetz die Pflicht der Haushaltführung und Kindererziehung auf- erlegt, dann darf sie nicht in die Lage gebracht werden, das hierzu nötige Geld vom Manne zu er- betteln, sondern muß ihr der hierzu von beiden Eheleuten gemeinschaftlich festzustellende Betrag 1) Berlin 1896.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-12-07T10:34:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-12-07T10:34:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/296
Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/296>, abgerufen am 23.11.2024.