Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

Fähigkeit abgeht, das Ungesetzliche seiner Tat ein-
zusehen, der Vorschrift, daß Jugendgerichte an
allen Landgerichtsorten zu bilden seien, an anderen
Orten gebildet werden können, der Erweiterung
der Zuständigkeit der Jugendgerichte auf alle Ver-
gehen, der Einführung der bedingten Verurteilung,
der Zulässigkeit der Rehabilitierung durch gute
Führung.

Bedauerlich ist aber, daß der Jugendgerichtstag
seine Vorschläge nicht auch auf den Antrag: "Als
Schöffen für die Jugendgerichte sind auch Frauen
zuzulassen", ausgedehnt hat. Ein einziger männ-
licher Redner, Oberlandesgerichtspräsident Ex-
zellenz Hamm stellte und verfocht den Antrag mit
dem sehr richtigen Argument, daß, da die Jugend-
gerichte im wesentlichen nicht Organe der Recht-
sprechung, sondern der Erziehung sein sollen, es
unbegreiflich wäre, wenn man die besten Erziehe-
rinnen, die Frauen, ausschließen wollte. Er be-
tonte, daß man auf dem Gebiete der Erziehung den
Hut vor unseren Frauen abziehen müsse, und daß
er es für eine absolute Unmöglichkeit halte,
Jugendgerichtshöfe zu schaffen, an denen die
Frauen nicht mitarbeiten. Trotzdem erklärten
sich alle anderen männlichen Redner gegen diesen
Antrag und benutzten dazu die seltsamsten, zum
Teil aus der Rumpelkammer hervorgeholten
Gegenargumente, wie beispielsweise, daß beim

Fähigkeit abgeht, das Ungesetzliche seiner Tat ein-
zusehen, der Vorschrift, daß Jugendgerichte an
allen Landgerichtsorten zu bilden seien, an anderen
Orten gebildet werden können, der Erweiterung
der Zuständigkeit der Jugendgerichte auf alle Ver-
gehen, der Einführung der bedingten Verurteilung,
der Zulässigkeit der Rehabilitierung durch gute
Führung.

Bedauerlich ist aber, daß der Jugendgerichtstag
seine Vorschläge nicht auch auf den Antrag: „Als
Schöffen für die Jugendgerichte sind auch Frauen
zuzulassen“, ausgedehnt hat. Ein einziger männ-
licher Redner, Oberlandesgerichtspräsident Ex-
zellenz Hamm stellte und verfocht den Antrag mit
dem sehr richtigen Argument, daß, da die Jugend-
gerichte im wesentlichen nicht Organe der Recht-
sprechung, sondern der Erziehung sein sollen, es
unbegreiflich wäre, wenn man die besten Erziehe-
rinnen, die Frauen, ausschließen wollte. Er be-
tonte, daß man auf dem Gebiete der Erziehung den
Hut vor unseren Frauen abziehen müsse, und daß
er es für eine absolute Unmöglichkeit halte,
Jugendgerichtshöfe zu schaffen, an denen die
Frauen nicht mitarbeiten. Trotzdem erklärten
sich alle anderen männlichen Redner gegen diesen
Antrag und benutzten dazu die seltsamsten, zum
Teil aus der Rumpelkammer hervorgeholten
Gegenargumente, wie beispielsweise, daß beim

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0233" n="229"/>
Fähigkeit abgeht, das Ungesetzliche seiner Tat ein-<lb/>
zusehen, der Vorschrift, daß Jugendgerichte an<lb/>
allen Landgerichtsorten zu bilden seien, an anderen<lb/>
Orten gebildet werden können, der Erweiterung<lb/>
der Zuständigkeit der Jugendgerichte auf alle Ver-<lb/>
gehen, der Einführung der bedingten Verurteilung,<lb/>
der Zulässigkeit der Rehabilitierung durch gute<lb/>
Führung.</p><lb/>
          <p>Bedauerlich ist aber, daß der Jugendgerichtstag<lb/>
seine Vorschläge nicht auch auf den Antrag: &#x201E;Als<lb/>
Schöffen für die Jugendgerichte sind auch Frauen<lb/>
zuzulassen&#x201C;, ausgedehnt hat. Ein einziger männ-<lb/>
licher Redner, Oberlandesgerichtspräsident Ex-<lb/>
zellenz Hamm stellte und verfocht den Antrag mit<lb/>
dem sehr richtigen Argument, daß, da die Jugend-<lb/>
gerichte im wesentlichen nicht Organe der Recht-<lb/>
sprechung, sondern der Erziehung sein sollen, es<lb/>
unbegreiflich wäre, wenn man die besten Erziehe-<lb/>
rinnen, die Frauen, ausschließen wollte. Er be-<lb/>
tonte, daß man auf dem Gebiete der Erziehung den<lb/>
Hut vor unseren Frauen abziehen müsse, und daß<lb/>
er es für eine absolute Unmöglichkeit halte,<lb/>
Jugendgerichtshöfe zu schaffen, an denen die<lb/>
Frauen nicht mitarbeiten. Trotzdem erklärten<lb/>
sich alle anderen männlichen Redner gegen diesen<lb/>
Antrag und benutzten dazu die seltsamsten, zum<lb/>
Teil aus der Rumpelkammer hervorgeholten<lb/>
Gegenargumente, wie beispielsweise, daß beim<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[229/0233] Fähigkeit abgeht, das Ungesetzliche seiner Tat ein- zusehen, der Vorschrift, daß Jugendgerichte an allen Landgerichtsorten zu bilden seien, an anderen Orten gebildet werden können, der Erweiterung der Zuständigkeit der Jugendgerichte auf alle Ver- gehen, der Einführung der bedingten Verurteilung, der Zulässigkeit der Rehabilitierung durch gute Führung. Bedauerlich ist aber, daß der Jugendgerichtstag seine Vorschläge nicht auch auf den Antrag: „Als Schöffen für die Jugendgerichte sind auch Frauen zuzulassen“, ausgedehnt hat. Ein einziger männ- licher Redner, Oberlandesgerichtspräsident Ex- zellenz Hamm stellte und verfocht den Antrag mit dem sehr richtigen Argument, daß, da die Jugend- gerichte im wesentlichen nicht Organe der Recht- sprechung, sondern der Erziehung sein sollen, es unbegreiflich wäre, wenn man die besten Erziehe- rinnen, die Frauen, ausschließen wollte. Er be- tonte, daß man auf dem Gebiete der Erziehung den Hut vor unseren Frauen abziehen müsse, und daß er es für eine absolute Unmöglichkeit halte, Jugendgerichtshöfe zu schaffen, an denen die Frauen nicht mitarbeiten. Trotzdem erklärten sich alle anderen männlichen Redner gegen diesen Antrag und benutzten dazu die seltsamsten, zum Teil aus der Rumpelkammer hervorgeholten Gegenargumente, wie beispielsweise, daß beim

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-12-07T10:34:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-12-07T10:34:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/233
Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/233>, abgerufen am 27.11.2024.