Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

geborenen und zu Gebärenden und damit auch
ihrer Produzentin, der Mutter, geführt hat, trotz-
dem die Mutterschaft seit jeher in Kunst und Lite-
ratur verherrlicht wurde, trotzdem sich auch in
Wissenschaft und Politik eine hohe Auffassung von
den mit der Mutterschaft verknüpften Aufgaben
der Frau kundgab, ist bis vor ganz kurzer Zeit
noch praktisch so gut wie gar nichts geschehen, um
die Frau auch in die Lage zu versetzen, dieser ihrer
großen Mission unter hygienischen und so-
zialen Bedingungen nachzukommen, die ihre und
ihres Kindes Gesundheit schützen.

Jn den wohlsituierten Kreisen, da umgibt man
die Wöchnerin wohl mit jedem erdenklichen Kom-
fort, aber diese bilden nur einen kleinen Teil
unserer Bevölkerung, und die große Majorität ge-
hört den Ständen an, die die Arbeit der Frau, sei
es in der Landwirtschaft, sei es in der Fabrik, im
Gewerbe oder im Hause, bis zum letzten Augenblick
vor der Entbindung nicht entbehren können, die
für Arzt, Hebamme und Pflegerin kein Geld haben,
ja, die der Frau nicht einmal die nötige körper-
liche Ruhe und entsprechende Verpflegung nach der
Niederkunft verschaffen können.

Sind schon diese armen Frauen hart genug ge-
prüft und müssen nicht selten ihr ganzes Leben
lang sich mit einem durch diese mangelhafte Ver-
pflegung und Schonung geschwächten Organismus

geborenen und zu Gebärenden und damit auch
ihrer Produzentin, der Mutter, geführt hat, trotz-
dem die Mutterschaft seit jeher in Kunst und Lite-
ratur verherrlicht wurde, trotzdem sich auch in
Wissenschaft und Politik eine hohe Auffassung von
den mit der Mutterschaft verknüpften Aufgaben
der Frau kundgab, ist bis vor ganz kurzer Zeit
noch praktisch so gut wie gar nichts geschehen, um
die Frau auch in die Lage zu versetzen, dieser ihrer
großen Mission unter hygienischen und so-
zialen Bedingungen nachzukommen, die ihre und
ihres Kindes Gesundheit schützen.

Jn den wohlsituierten Kreisen, da umgibt man
die Wöchnerin wohl mit jedem erdenklichen Kom-
fort, aber diese bilden nur einen kleinen Teil
unserer Bevölkerung, und die große Majorität ge-
hört den Ständen an, die die Arbeit der Frau, sei
es in der Landwirtschaft, sei es in der Fabrik, im
Gewerbe oder im Hause, bis zum letzten Augenblick
vor der Entbindung nicht entbehren können, die
für Arzt, Hebamme und Pflegerin kein Geld haben,
ja, die der Frau nicht einmal die nötige körper-
liche Ruhe und entsprechende Verpflegung nach der
Niederkunft verschaffen können.

Sind schon diese armen Frauen hart genug ge-
prüft und müssen nicht selten ihr ganzes Leben
lang sich mit einem durch diese mangelhafte Ver-
pflegung und Schonung geschwächten Organismus

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0196" n="192"/>
geborenen und zu Gebärenden und damit auch<lb/>
ihrer Produzentin, der Mutter, geführt hat, trotz-<lb/>
dem die Mutterschaft seit jeher in Kunst und Lite-<lb/>
ratur verherrlicht wurde, trotzdem sich auch in<lb/>
Wissenschaft und Politik eine hohe Auffassung von<lb/>
den mit der Mutterschaft verknüpften Aufgaben<lb/>
der Frau kundgab, ist bis vor ganz kurzer Zeit<lb/>
noch praktisch so gut wie gar nichts geschehen, um<lb/>
die Frau auch in die Lage zu versetzen, dieser ihrer<lb/>
großen Mission unter hygienischen und so-<lb/>
zialen Bedingungen nachzukommen, die ihre und<lb/>
ihres Kindes Gesundheit schützen.</p><lb/>
          <p>Jn den wohlsituierten Kreisen, da umgibt man<lb/>
die Wöchnerin wohl mit jedem erdenklichen Kom-<lb/>
fort, aber diese bilden nur einen kleinen Teil<lb/>
unserer Bevölkerung, und die große Majorität ge-<lb/>
hört den Ständen an, die die Arbeit der Frau, sei<lb/>
es in der Landwirtschaft, sei es in der Fabrik, im<lb/>
Gewerbe oder im Hause, bis zum letzten Augenblick<lb/>
vor der Entbindung nicht entbehren können, die<lb/>
für Arzt, Hebamme und Pflegerin kein Geld haben,<lb/>
ja, die der Frau nicht einmal die nötige körper-<lb/>
liche Ruhe und entsprechende Verpflegung nach der<lb/>
Niederkunft verschaffen können.</p><lb/>
          <p>Sind schon diese armen Frauen hart genug ge-<lb/>
prüft und müssen nicht selten ihr ganzes Leben<lb/>
lang sich mit einem durch diese mangelhafte Ver-<lb/>
pflegung und Schonung geschwächten Organismus<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[192/0196] geborenen und zu Gebärenden und damit auch ihrer Produzentin, der Mutter, geführt hat, trotz- dem die Mutterschaft seit jeher in Kunst und Lite- ratur verherrlicht wurde, trotzdem sich auch in Wissenschaft und Politik eine hohe Auffassung von den mit der Mutterschaft verknüpften Aufgaben der Frau kundgab, ist bis vor ganz kurzer Zeit noch praktisch so gut wie gar nichts geschehen, um die Frau auch in die Lage zu versetzen, dieser ihrer großen Mission unter hygienischen und so- zialen Bedingungen nachzukommen, die ihre und ihres Kindes Gesundheit schützen. Jn den wohlsituierten Kreisen, da umgibt man die Wöchnerin wohl mit jedem erdenklichen Kom- fort, aber diese bilden nur einen kleinen Teil unserer Bevölkerung, und die große Majorität ge- hört den Ständen an, die die Arbeit der Frau, sei es in der Landwirtschaft, sei es in der Fabrik, im Gewerbe oder im Hause, bis zum letzten Augenblick vor der Entbindung nicht entbehren können, die für Arzt, Hebamme und Pflegerin kein Geld haben, ja, die der Frau nicht einmal die nötige körper- liche Ruhe und entsprechende Verpflegung nach der Niederkunft verschaffen können. Sind schon diese armen Frauen hart genug ge- prüft und müssen nicht selten ihr ganzes Leben lang sich mit einem durch diese mangelhafte Ver- pflegung und Schonung geschwächten Organismus

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-12-07T10:34:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-12-07T10:34:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/196
Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/196>, abgerufen am 22.11.2024.