Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

Tun und Lassen ihrer Töchter entgegenbringen,
die freiwillige geistige Unterordnung, in die sie
sich nur allzu leicht begeben. Nichts ist geeigneter,
den Dilettantismus unter den jungen Mädchen zu
fördern, ernstes Streben bei ihnen zu untergraben
und sie für den Kampf ums Dasein schlechter vor-
zubereiten, als diese Überschätzung ihrer kleinen
Talente und ihres kleinen Wissens.

Eine der Hauptaufgaben der Mütter von
morgen wird es sein, den mütterlichen Empfin-
dungen die wahren Richtlinien zu geben. Nicht
in affenartiger Liebe und schrankenloser Be-
wunderung werden sie ihnen Ausdruck verleihen,
sondern mit ihrem durch Wissen und Lebenser-
fahrung geschärften Blick jede Regung des Kindes
ängstlich erspähen, um jede Fähigkeit zur Ent-
wicklung zu bringen, jede häßliche Neigung im
Keime ersticken zu können. Nicht werden sie aus
falscher Mutterliebe oder weil es Sitte und Um-
gebung gutheißen, den Kindern Berufslosigkeit
oder einen ihnen unsympathischen Beruf auf-
oktroyieren dürfen, sie weder zu einem Studium,
das sie nicht interessiert, drängen, oder umgekehrt
sie von einem Studium, das ihnen, den Eltern, nicht
genehm ist, abhalten dürfen. Jhnen wird es ob-
liegen, den Söhnen und Töchtern die eigenen
Neigungen und Fähigkeiten ergründen zu helfen
und sie zu lehren, einzig und allein auf diese bei

Tun und Lassen ihrer Töchter entgegenbringen,
die freiwillige geistige Unterordnung, in die sie
sich nur allzu leicht begeben. Nichts ist geeigneter,
den Dilettantismus unter den jungen Mädchen zu
fördern, ernstes Streben bei ihnen zu untergraben
und sie für den Kampf ums Dasein schlechter vor-
zubereiten, als diese Überschätzung ihrer kleinen
Talente und ihres kleinen Wissens.

Eine der Hauptaufgaben der Mütter von
morgen wird es sein, den mütterlichen Empfin-
dungen die wahren Richtlinien zu geben. Nicht
in affenartiger Liebe und schrankenloser Be-
wunderung werden sie ihnen Ausdruck verleihen,
sondern mit ihrem durch Wissen und Lebenser-
fahrung geschärften Blick jede Regung des Kindes
ängstlich erspähen, um jede Fähigkeit zur Ent-
wicklung zu bringen, jede häßliche Neigung im
Keime ersticken zu können. Nicht werden sie aus
falscher Mutterliebe oder weil es Sitte und Um-
gebung gutheißen, den Kindern Berufslosigkeit
oder einen ihnen unsympathischen Beruf auf-
oktroyieren dürfen, sie weder zu einem Studium,
das sie nicht interessiert, drängen, oder umgekehrt
sie von einem Studium, das ihnen, den Eltern, nicht
genehm ist, abhalten dürfen. Jhnen wird es ob-
liegen, den Söhnen und Töchtern die eigenen
Neigungen und Fähigkeiten ergründen zu helfen
und sie zu lehren, einzig und allein auf diese bei

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0175" n="171"/>
Tun und Lassen ihrer Töchter entgegenbringen,<lb/>
die freiwillige geistige Unterordnung, in die sie<lb/>
sich nur allzu leicht begeben. Nichts ist geeigneter,<lb/>
den Dilettantismus unter den jungen Mädchen zu<lb/>
fördern, ernstes Streben bei ihnen zu untergraben<lb/>
und sie für den Kampf ums Dasein schlechter vor-<lb/>
zubereiten, als diese Überschätzung ihrer kleinen<lb/>
Talente und ihres kleinen Wissens.</p><lb/>
          <p>Eine der Hauptaufgaben der Mütter von<lb/>
morgen wird es sein, den mütterlichen Empfin-<lb/>
dungen die wahren Richtlinien zu geben. Nicht<lb/>
in affenartiger Liebe und schrankenloser Be-<lb/>
wunderung werden sie ihnen Ausdruck verleihen,<lb/>
sondern mit ihrem durch Wissen und Lebenser-<lb/>
fahrung geschärften Blick jede Regung des Kindes<lb/>
ängstlich erspähen, um jede Fähigkeit zur Ent-<lb/>
wicklung zu bringen, jede häßliche Neigung im<lb/>
Keime ersticken zu können. Nicht werden sie aus<lb/>
falscher Mutterliebe oder weil es Sitte und Um-<lb/>
gebung gutheißen, den Kindern Berufslosigkeit<lb/>
oder einen ihnen unsympathischen Beruf auf-<lb/>
oktroyieren dürfen, sie weder zu einem Studium,<lb/>
das sie nicht interessiert, drängen, oder umgekehrt<lb/>
sie von einem Studium, das ihnen, den Eltern, nicht<lb/>
genehm ist, abhalten dürfen. Jhnen wird es ob-<lb/>
liegen, den Söhnen und Töchtern die eigenen<lb/>
Neigungen und Fähigkeiten ergründen zu helfen<lb/>
und sie zu lehren, einzig und allein auf diese bei<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[171/0175] Tun und Lassen ihrer Töchter entgegenbringen, die freiwillige geistige Unterordnung, in die sie sich nur allzu leicht begeben. Nichts ist geeigneter, den Dilettantismus unter den jungen Mädchen zu fördern, ernstes Streben bei ihnen zu untergraben und sie für den Kampf ums Dasein schlechter vor- zubereiten, als diese Überschätzung ihrer kleinen Talente und ihres kleinen Wissens. Eine der Hauptaufgaben der Mütter von morgen wird es sein, den mütterlichen Empfin- dungen die wahren Richtlinien zu geben. Nicht in affenartiger Liebe und schrankenloser Be- wunderung werden sie ihnen Ausdruck verleihen, sondern mit ihrem durch Wissen und Lebenser- fahrung geschärften Blick jede Regung des Kindes ängstlich erspähen, um jede Fähigkeit zur Ent- wicklung zu bringen, jede häßliche Neigung im Keime ersticken zu können. Nicht werden sie aus falscher Mutterliebe oder weil es Sitte und Um- gebung gutheißen, den Kindern Berufslosigkeit oder einen ihnen unsympathischen Beruf auf- oktroyieren dürfen, sie weder zu einem Studium, das sie nicht interessiert, drängen, oder umgekehrt sie von einem Studium, das ihnen, den Eltern, nicht genehm ist, abhalten dürfen. Jhnen wird es ob- liegen, den Söhnen und Töchtern die eigenen Neigungen und Fähigkeiten ergründen zu helfen und sie zu lehren, einzig und allein auf diese bei

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-12-07T10:34:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-12-07T10:34:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/175
Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/175>, abgerufen am 24.11.2024.