Schulen gedacht und organisiert war, außerdem auch als Vorbereitungsanstalt für die Volksschule dient, unmöglich auch gleichzeitig in geeigneter Weise für die Universität vorbereiten kann. Wenn auch die studierenden Lehrerinnen sich noch so sehr bemühen, die ihnen fehlenden Kenntnisse durch Privatarbeit und Ergänzungsprüfungen zu acqui- rieren, so ist deren Ergebnis naturgemäß oft so minderwertig, daß, wie Johanna Gottschalk auf dem letzten Frauenbildungstag in Berlin mitteilte, viele Professoren in Bonn, Göttingen und Berlin die Nichtabiturientinnen nicht zu ihren Seminaren zu- lassen. Frl. Gottschalk ist der Ansicht, daß die höhere Lehrerinnenbildung, die in den letzten 25 Jahren teils durch private Bemühungen der Lehrerinnen selbst, teils durch amtliche Verfügungen in ge- ordnete Bahnen gelenkt worden war, durch den Er- laß vom 3. April 1909, der auch Lehrerinnen, die nach Erlangung der Lehrbefähigung für mittlere und höhere Mädchenschulen zwei Jahre an höheren Mädchenschulen vollbeschäftigt waren und mindestens sechs Semester ordnungsmäßig studiert haben, zur Prüfung für das höhere Lehramt zuläßt, eine bedenkliche Hemmung erfahren hat. Dieser Erlaß bedeutet ihrer Ansicht nach, sowohl für die Schulen, an denen zwei Jahre ohne pädagogisches Jnteresse, nur im Hinblick auf das Studium unter- richtet wird, eine Schädigung, als auch für die
10 Jchenhaeuser, Frauenziele.
Schulen gedacht und organisiert war, außerdem auch als Vorbereitungsanstalt für die Volksschule dient, unmöglich auch gleichzeitig in geeigneter Weise für die Universität vorbereiten kann. Wenn auch die studierenden Lehrerinnen sich noch so sehr bemühen, die ihnen fehlenden Kenntnisse durch Privatarbeit und Ergänzungsprüfungen zu acqui- rieren, so ist deren Ergebnis naturgemäß oft so minderwertig, daß, wie Johanna Gottschalk auf dem letzten Frauenbildungstag in Berlin mitteilte, viele Professoren in Bonn, Göttingen und Berlin die Nichtabiturientinnen nicht zu ihren Seminaren zu- lassen. Frl. Gottschalk ist der Ansicht, daß die höhere Lehrerinnenbildung, die in den letzten 25 Jahren teils durch private Bemühungen der Lehrerinnen selbst, teils durch amtliche Verfügungen in ge- ordnete Bahnen gelenkt worden war, durch den Er- laß vom 3. April 1909, der auch Lehrerinnen, die nach Erlangung der Lehrbefähigung für mittlere und höhere Mädchenschulen zwei Jahre an höheren Mädchenschulen vollbeschäftigt waren und mindestens sechs Semester ordnungsmäßig studiert haben, zur Prüfung für das höhere Lehramt zuläßt, eine bedenkliche Hemmung erfahren hat. Dieser Erlaß bedeutet ihrer Ansicht nach, sowohl für die Schulen, an denen zwei Jahre ohne pädagogisches Jnteresse, nur im Hinblick auf das Studium unter- richtet wird, eine Schädigung, als auch für die
10 Jchenhaeuser, Frauenziele.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0149"n="145"/>
Schulen gedacht und organisiert war, außerdem<lb/>
auch als Vorbereitungsanstalt für die Volksschule<lb/>
dient, unmöglich auch gleichzeitig in geeigneter<lb/>
Weise für die Universität vorbereiten kann. Wenn<lb/>
auch die studierenden Lehrerinnen sich noch so sehr<lb/>
bemühen, die ihnen fehlenden Kenntnisse durch<lb/>
Privatarbeit und Ergänzungsprüfungen zu acqui-<lb/>
rieren, so ist deren Ergebnis naturgemäß oft so<lb/>
minderwertig, daß, wie Johanna Gottschalk auf<lb/>
dem letzten Frauenbildungstag in Berlin mitteilte,<lb/>
viele Professoren in Bonn, Göttingen und Berlin die<lb/>
Nichtabiturientinnen nicht zu ihren Seminaren zu-<lb/>
lassen. Frl. Gottschalk ist der Ansicht, daß die höhere<lb/>
Lehrerinnenbildung, die in den letzten 25 Jahren<lb/>
teils durch private Bemühungen der Lehrerinnen<lb/>
selbst, teils durch amtliche Verfügungen in ge-<lb/>
ordnete Bahnen gelenkt worden war, durch den Er-<lb/>
laß vom 3. April 1909, der auch Lehrerinnen, die<lb/>
nach Erlangung der Lehrbefähigung für mittlere<lb/>
und höhere Mädchenschulen zwei Jahre an höheren<lb/>
Mädchenschulen vollbeschäftigt waren und<lb/>
mindestens sechs Semester ordnungsmäßig studiert<lb/>
haben, zur Prüfung für das höhere Lehramt zuläßt,<lb/>
eine bedenkliche Hemmung erfahren hat. Dieser<lb/>
Erlaß bedeutet ihrer Ansicht nach, sowohl für die<lb/>
Schulen, an denen zwei Jahre ohne pädagogisches<lb/>
Jnteresse, nur im Hinblick auf das Studium unter-<lb/>
richtet wird, eine Schädigung, als auch für die<lb/><fwplace="bottom"type="sig">10 Jchenhaeuser, Frauenziele.</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[145/0149]
Schulen gedacht und organisiert war, außerdem
auch als Vorbereitungsanstalt für die Volksschule
dient, unmöglich auch gleichzeitig in geeigneter
Weise für die Universität vorbereiten kann. Wenn
auch die studierenden Lehrerinnen sich noch so sehr
bemühen, die ihnen fehlenden Kenntnisse durch
Privatarbeit und Ergänzungsprüfungen zu acqui-
rieren, so ist deren Ergebnis naturgemäß oft so
minderwertig, daß, wie Johanna Gottschalk auf
dem letzten Frauenbildungstag in Berlin mitteilte,
viele Professoren in Bonn, Göttingen und Berlin die
Nichtabiturientinnen nicht zu ihren Seminaren zu-
lassen. Frl. Gottschalk ist der Ansicht, daß die höhere
Lehrerinnenbildung, die in den letzten 25 Jahren
teils durch private Bemühungen der Lehrerinnen
selbst, teils durch amtliche Verfügungen in ge-
ordnete Bahnen gelenkt worden war, durch den Er-
laß vom 3. April 1909, der auch Lehrerinnen, die
nach Erlangung der Lehrbefähigung für mittlere
und höhere Mädchenschulen zwei Jahre an höheren
Mädchenschulen vollbeschäftigt waren und
mindestens sechs Semester ordnungsmäßig studiert
haben, zur Prüfung für das höhere Lehramt zuläßt,
eine bedenkliche Hemmung erfahren hat. Dieser
Erlaß bedeutet ihrer Ansicht nach, sowohl für die
Schulen, an denen zwei Jahre ohne pädagogisches
Jnteresse, nur im Hinblick auf das Studium unter-
richtet wird, eine Schädigung, als auch für die
10 Jchenhaeuser, Frauenziele.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription.
(2020-12-07T10:34:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2020-12-07T10:34:09Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: gekennzeichnet;
Druckfehler: gekennzeichnet;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
i/j in Fraktur: keine Angabe;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): als s transkribiert;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: wie Vorlage;
u/v bzw. U/V: keine Angabe;
Vokale mit übergest. e: keine Angabe;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/149>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.