Hunold, Christian Friedrich: Die Edle Bemühung müssiger Stunden. Hamburg, 1702.und Galante Gedichte. Die man nicht anders kan/ als unvergleichlich nennen?Nun ja/ ich schreibe denn: Dein angenehmer Brieff Hat neulich deinen Freund in seiner Seel ergetzet; Weil/ da er kaum beglückt in meine Hände lieff/ Er/ Edle Freundin dich auch neben mir gesetzet. Die Lippen küßten ihn/ und die Gedancken dich. Ach welche Lust kan nicht der Sinnen Krafft erwecken! Ein Wahn hat offtermahls die beste Kost in sich/ Und Engel können auch in Schatten sich verstecken. Ich letzte mich demnach an deiner Lippen Kost/ Die an der Röthe sich dem Schnecken Blut vergleichen/ Und an der Lieblichkeit dem Muscateller Most/ Dadurch sie einen Rausch der Seelen überreichen. Denn küst' ich deine Brust. Ach/ schönste nimm geneigt/ Wenn mein erhitzter Geist noch weiter denckt zu wandern: Dein Nectar-Thau hat mir die Trunckenheit erzeigt/ Ein Trunckner taumelt ja von einem Ort zum andern. Ich lase deinen Brieff nach diesen also fort: Mein Freund/ was wilst du mich die Allerliebste heissen/ Ach ich verdien' es nicht/ es ist ein Schmeichel-Wort/ Damit du artger Freund dich kanst gefällig weisen: Was ich bey dir gethan/ sind Wercke meiner Schuld/ Wie kan denn meine Pflicht so viel Verpflichtung kriegen? Gib einer Würdigern die Zeichen deiner Huld/ Ich wil mich gern an dir als Freundin noch vergnügen. Ach! dieses ist ein Pfeil/ der ungezielet trifft; Denn wo die Höfflichkeit bey Schönen wird verschwendet/ So saugt man nach und nach ein wohl candirtes Gifft/ Das Zucker süsse schmeckt/ und doch die Freyheit endet. Erst bauen wir entzückt ein Schloß in Schatten auff/ Da soll kein Mensch hinnein als unsre Freundin kommen: Doch scheinet die Vernunfft mit klarer Sonne drauff/ So hat die Liebe da die Residentz genommen. Drüm ward ich auch zuerst durch Freudigkeit bethört/ Es schien' ihr Strahl allein durch Freundschafft anzubrennen: Doch da das Feuer mich mit Lust und Schmertzen nehrt/ So kan ich auch den Brand nach seinen Ursprung nennen. Ich schreibe: Lieben ist - - Ach Schönste laß den Kiel Und A 5
und Galante Gedichte. Die man nicht anders kan/ als unvergleichlich nennen?Nun ja/ ich ſchreibe denn: Dein angenehmer Brieff Hat neulich deinen Freund in ſeiner Seel ergetzet; Weil/ da er kaum begluͤckt in meine Haͤnde lieff/ Er/ Edle Freundin dich auch neben mir geſetzet. Die Lippen kuͤßten ihn/ und die Gedancken dich. Ach welche Luſt kan nicht der Sinnen Krafft erwecken! Ein Wahn hat offtermahls die beſte Koſt in ſich/ Und Engel koͤnnen auch in Schatten ſich verſtecken. Ich letzte mich demnach an deiner Lippen Koſt/ Die an der Roͤthe ſich dem Schnecken Blut vergleichen/ Und an der Lieblichkeit dem Muſcateller Moſt/ Dadurch ſie einen Rauſch der Seelen uͤberreichen. Denn kuͤſt' ich deine Bruſt. Ach/ ſchoͤnſte nimm geneigt/ Wenn mein erhitzter Geiſt noch weiter denckt zu wandern: Dein Nectar-Thau hat mir die Trunckenheit erzeigt/ Ein Trunckner taumelt ja von einem Ort zum andern. Ich laſe deinen Brieff nach dieſen alſo fort: Mein Freund/ was wilſt du mich die Allerliebſte heiſſen/ Ach ich verdien' es nicht/ es iſt ein Schmeichel-Wort/ Damit du artger Freund dich kanſt gefaͤllig weiſen: Was ich bey dir gethan/ ſind Wercke meiner Schuld/ Wie kan denn meine Pflicht ſo viel Verpflichtung kriegen? Gib einer Wuͤrdigern die Zeichen deiner Huld/ Ich wil mich gern an dir als Freundin noch vergnuͤgen. Ach! dieſes iſt ein Pfeil/ der ungezielet trifft; Denn wo die Hoͤfflichkeit bey Schoͤnen wird verſchwendet/ So ſaugt man nach und nach ein wohl candirtes Gifft/ Das Zucker ſuͤſſe ſchmeckt/ und doch die Freyheit endet. Erſt bauen wir entzuͤckt ein Schloß in Schatten auff/ Da ſoll kein Menſch hinnein als unſre Freundin kommen: Doch ſcheinet die Vernunfft mit klarer Sonne drauff/ So hat die Liebe da die Reſidentz genommen. Druͤm ward ich auch zuerſt durch Freudigkeit bethoͤrt/ Es ſchien' ihr Strahl allein durch Freundſchafft anzubrennen: Doch da das Feuer mich mit Luſt und Schmertzen nehrt/ So kan ich auch den Brand nach ſeinen Urſprung nennen. Ich ſchreibe: Lieben iſt - - Ach Schoͤnſte laß den Kiel Und A 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0019" n="9"/> <fw place="top" type="header">und <hi rendition="#aq">Galante</hi> <hi rendition="#fr">Gedichte</hi>.</fw><lb/> <l>Die man nicht anders kan/ als unvergleichlich nennen?</l><lb/> <l>Nun ja/ ich ſchreibe denn: Dein angenehmer Brieff</l><lb/> <l>Hat neulich deinen Freund in ſeiner Seel ergetzet;</l><lb/> <l>Weil/ da er kaum begluͤckt in meine Haͤnde lieff/</l><lb/> <l>Er/ Edle Freundin dich auch neben mir geſetzet.</l><lb/> <l>Die Lippen kuͤßten ihn/ und die Gedancken dich.</l><lb/> <l>Ach welche Luſt kan nicht der Sinnen Krafft erwecken!</l><lb/> <l>Ein Wahn hat offtermahls die beſte Koſt in ſich/</l><lb/> <l>Und Engel koͤnnen auch in Schatten ſich verſtecken.</l><lb/> <l>Ich letzte mich demnach an deiner Lippen Koſt/</l><lb/> <l>Die an der Roͤthe ſich dem Schnecken Blut vergleichen/</l><lb/> <l>Und an der Lieblichkeit dem Muſcateller Moſt/</l><lb/> <l>Dadurch ſie einen Rauſch der Seelen uͤberreichen.</l><lb/> <l>Denn kuͤſt' ich deine Bruſt. Ach/ ſchoͤnſte nimm geneigt/</l><lb/> <l>Wenn mein erhitzter Geiſt noch weiter denckt zu wandern:</l><lb/> <l>Dein Nectar-Thau hat mir die Trunckenheit erzeigt/</l><lb/> <l>Ein Trunckner taumelt ja von einem Ort zum andern.</l><lb/> <l>Ich laſe deinen Brieff nach dieſen alſo fort:</l><lb/> <l>Mein Freund/ was wilſt du mich die Allerliebſte heiſſen/</l><lb/> <l>Ach ich verdien' es nicht/ es iſt ein Schmeichel-Wort/</l><lb/> <l>Damit du artger Freund dich kanſt gefaͤllig weiſen:</l><lb/> <l>Was ich bey dir gethan/ ſind Wercke meiner Schuld/</l><lb/> <l>Wie kan denn meine Pflicht ſo viel Verpflichtung kriegen?</l><lb/> <l>Gib einer Wuͤrdigern die Zeichen deiner Huld/</l><lb/> <l>Ich wil mich gern an dir als Freundin noch vergnuͤgen.</l><lb/> <l>Ach! dieſes iſt ein Pfeil/ der ungezielet trifft;</l><lb/> <l>Denn wo die Hoͤfflichkeit bey Schoͤnen wird verſchwendet/</l><lb/> <l>So ſaugt man nach und nach ein wohl candirtes Gifft/</l><lb/> <l>Das Zucker ſuͤſſe ſchmeckt/ und doch die Freyheit endet.</l><lb/> <l>Erſt bauen wir entzuͤckt ein Schloß in Schatten auff/</l><lb/> <l>Da ſoll kein Menſch hinnein als unſre Freundin kommen:</l><lb/> <l>Doch ſcheinet die Vernunfft mit klarer Sonne drauff/</l><lb/> <l>So hat die Liebe da die Reſidentz genommen.</l><lb/> <l>Druͤm ward ich auch zuerſt durch Freudigkeit bethoͤrt/</l><lb/> <l>Es ſchien' ihr Strahl allein durch Freundſchafft anzubrennen:</l><lb/> <l>Doch da das Feuer mich mit Luſt und Schmertzen nehrt/</l><lb/> <l>So kan ich auch den Brand nach ſeinen Urſprung nennen.</l><lb/> <l>Ich ſchreibe: Lieben iſt - - Ach Schoͤnſte laß den Kiel</l><lb/> <fw place="bottom" type="sig">A 5</fw> <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [9/0019]
und Galante Gedichte.
Die man nicht anders kan/ als unvergleichlich nennen?
Nun ja/ ich ſchreibe denn: Dein angenehmer Brieff
Hat neulich deinen Freund in ſeiner Seel ergetzet;
Weil/ da er kaum begluͤckt in meine Haͤnde lieff/
Er/ Edle Freundin dich auch neben mir geſetzet.
Die Lippen kuͤßten ihn/ und die Gedancken dich.
Ach welche Luſt kan nicht der Sinnen Krafft erwecken!
Ein Wahn hat offtermahls die beſte Koſt in ſich/
Und Engel koͤnnen auch in Schatten ſich verſtecken.
Ich letzte mich demnach an deiner Lippen Koſt/
Die an der Roͤthe ſich dem Schnecken Blut vergleichen/
Und an der Lieblichkeit dem Muſcateller Moſt/
Dadurch ſie einen Rauſch der Seelen uͤberreichen.
Denn kuͤſt' ich deine Bruſt. Ach/ ſchoͤnſte nimm geneigt/
Wenn mein erhitzter Geiſt noch weiter denckt zu wandern:
Dein Nectar-Thau hat mir die Trunckenheit erzeigt/
Ein Trunckner taumelt ja von einem Ort zum andern.
Ich laſe deinen Brieff nach dieſen alſo fort:
Mein Freund/ was wilſt du mich die Allerliebſte heiſſen/
Ach ich verdien' es nicht/ es iſt ein Schmeichel-Wort/
Damit du artger Freund dich kanſt gefaͤllig weiſen:
Was ich bey dir gethan/ ſind Wercke meiner Schuld/
Wie kan denn meine Pflicht ſo viel Verpflichtung kriegen?
Gib einer Wuͤrdigern die Zeichen deiner Huld/
Ich wil mich gern an dir als Freundin noch vergnuͤgen.
Ach! dieſes iſt ein Pfeil/ der ungezielet trifft;
Denn wo die Hoͤfflichkeit bey Schoͤnen wird verſchwendet/
So ſaugt man nach und nach ein wohl candirtes Gifft/
Das Zucker ſuͤſſe ſchmeckt/ und doch die Freyheit endet.
Erſt bauen wir entzuͤckt ein Schloß in Schatten auff/
Da ſoll kein Menſch hinnein als unſre Freundin kommen:
Doch ſcheinet die Vernunfft mit klarer Sonne drauff/
So hat die Liebe da die Reſidentz genommen.
Druͤm ward ich auch zuerſt durch Freudigkeit bethoͤrt/
Es ſchien' ihr Strahl allein durch Freundſchafft anzubrennen:
Doch da das Feuer mich mit Luſt und Schmertzen nehrt/
So kan ich auch den Brand nach ſeinen Urſprung nennen.
Ich ſchreibe: Lieben iſt - - Ach Schoͤnſte laß den Kiel
Und
A 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/hunold_gedichte_1702 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/hunold_gedichte_1702/19 |
Zitationshilfe: | Hunold, Christian Friedrich: Die Edle Bemühung müssiger Stunden. Hamburg, 1702, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hunold_gedichte_1702/19>, abgerufen am 16.07.2024. |