Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

welchen die Herren Gesandten vermuthlich für das
einzige zweckmäßige Mittel gegen die Uebertheurung
der Bücher erkannten.

Gegen die Anzahl der Schriftsteller, welche
wider den Nachdruck sprachen, kann man eine
gleiche, und vielleicht eine noch größere Anzahl eben
so ausgezeichneter Männer aufstellen, die sich für
den Nachdruck erklärten. Auf einige von jenen,
die Sie, Herr Abgeordneter, als Gegner des Nach-
drucks anführen, möchte ich mich nicht einmal be-
rufen. Unser "geradsinniger" Luther zum
Beispiel hat Manches gethan und behauptet, was
wohl kein rechtlicher und verständiger Mann billigen
kann. Denken Sie nur an sein elendes Betragen
während dem Bauernkriege (1525), wo er statt
durch seinen Einfluß Gutes für die Unglücklichen zu
wirken, die nichts weiter als eine menschliche Be-
handlung von ihren großen und kleinen Blutigeln
begehrten, sie mit wilder ultramonarchisch-pfäffischer
Wuth zur Hölle verdammte, und Fürsten und Edel-
leute zur grausamsten Strenge gegen sie auffoderte!
Kinder mit Kröpfen hielt er für Kinder des Teu-
fels und wollte sogar in Dessau den Fürsten von
Anhalt bereden, ein solches Kind ersäufen zu lassen.
Wäre der Fürst nicht klüger und gewissenhafter ge-
wesen, als der weise und fromme Reformator, so
hätte dieser einen Mord auf sich geladen, der ihn
bei der ganzen vernünftigen Nachwelt gebrandmarkt

III. Bändchen. 8

welchen die Herren Geſandten vermuthlich fuͤr das
einzige zweckmaͤßige Mittel gegen die Uebertheurung
der Buͤcher erkannten.

Gegen die Anzahl der Schriftſteller, welche
wider den Nachdruck ſprachen, kann man eine
gleiche, und vielleicht eine noch groͤßere Anzahl eben
ſo ausgezeichneter Maͤnner aufſtellen, die ſich fuͤr
den Nachdruck erklaͤrten. Auf einige von jenen,
die Sie, Herr Abgeordneter, als Gegner des Nach-
drucks anfuͤhren, moͤchte ich mich nicht einmal be-
rufen. Unſer »geradſinniger« Luther zum
Beiſpiel hat Manches gethan und behauptet, was
wohl kein rechtlicher und verſtaͤndiger Mann billigen
kann. Denken Sie nur an ſein elendes Betragen
waͤhrend dem Bauernkriege (1525), wo er ſtatt
durch ſeinen Einfluß Gutes fuͤr die Ungluͤcklichen zu
wirken, die nichts weiter als eine menſchliche Be-
handlung von ihren großen und kleinen Blutigeln
begehrten, ſie mit wilder ultramonarchiſch-pfaͤffiſcher
Wuth zur Hoͤlle verdammte, und Fuͤrſten und Edel-
leute zur grauſamſten Strenge gegen ſie auffoderte!
Kinder mit Kroͤpfen hielt er fuͤr Kinder des Teu-
fels und wollte ſogar in Deſſau den Fuͤrſten von
Anhalt bereden, ein ſolches Kind erſaͤufen zu laſſen.
Waͤre der Fuͤrſt nicht kluͤger und gewiſſenhafter ge-
weſen, als der weiſe und fromme Reformator, ſo
haͤtte dieſer einen Mord auf ſich geladen, der ihn
bei der ganzen vernuͤnftigen Nachwelt gebrandmarkt

III. Baͤndchen. 8
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0089" n="89"/>
welchen die Herren Ge&#x017F;andten vermuthlich fu&#x0364;r das<lb/>
einzige zweckma&#x0364;ßige Mittel gegen die Uebertheurung<lb/>
der Bu&#x0364;cher erkannten.</p><lb/>
        <p>Gegen die Anzahl der Schrift&#x017F;teller, welche<lb/><hi rendition="#g">wider</hi> den Nachdruck &#x017F;prachen, kann man eine<lb/>
gleiche, und vielleicht eine noch gro&#x0364;ßere Anzahl eben<lb/>
&#x017F;o ausgezeichneter Ma&#x0364;nner auf&#x017F;tellen, die &#x017F;ich <hi rendition="#g">fu&#x0364;r</hi><lb/>
den Nachdruck erkla&#x0364;rten. Auf einige von jenen,<lb/>
die Sie, Herr Abgeordneter, als Gegner des Nach-<lb/>
drucks anfu&#x0364;hren, mo&#x0364;chte ich mich nicht einmal be-<lb/>
rufen. Un&#x017F;er »<hi rendition="#g">gerad&#x017F;inniger</hi>« Luther zum<lb/>
Bei&#x017F;piel hat Manches gethan und behauptet, was<lb/>
wohl kein rechtlicher und ver&#x017F;ta&#x0364;ndiger Mann billigen<lb/>
kann. Denken Sie nur an &#x017F;ein elendes Betragen<lb/>
wa&#x0364;hrend dem Bauernkriege (1525), wo er &#x017F;tatt<lb/>
durch &#x017F;einen Einfluß Gutes fu&#x0364;r die Unglu&#x0364;cklichen zu<lb/>
wirken, die nichts weiter als eine men&#x017F;chliche Be-<lb/>
handlung von ihren großen und kleinen Blutigeln<lb/>
begehrten, &#x017F;ie mit wilder ultramonarchi&#x017F;ch-pfa&#x0364;ffi&#x017F;cher<lb/>
Wuth zur Ho&#x0364;lle verdammte, und Fu&#x0364;r&#x017F;ten und Edel-<lb/>
leute zur grau&#x017F;am&#x017F;ten Strenge gegen &#x017F;ie auffoderte!<lb/>
Kinder mit Kro&#x0364;pfen hielt er fu&#x0364;r Kinder des Teu-<lb/>
fels und wollte &#x017F;ogar in De&#x017F;&#x017F;au den Fu&#x0364;r&#x017F;ten von<lb/>
Anhalt bereden, ein &#x017F;olches Kind er&#x017F;a&#x0364;ufen zu la&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Wa&#x0364;re der Fu&#x0364;r&#x017F;t nicht klu&#x0364;ger und gewi&#x017F;&#x017F;enhafter ge-<lb/>
we&#x017F;en, als der wei&#x017F;e und fromme Reformator, &#x017F;o<lb/>
ha&#x0364;tte die&#x017F;er einen Mord auf &#x017F;ich geladen, der ihn<lb/>
bei der ganzen vernu&#x0364;nftigen Nachwelt gebrandmarkt<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">III.</hi> Ba&#x0364;ndchen. 8</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89/0089] welchen die Herren Geſandten vermuthlich fuͤr das einzige zweckmaͤßige Mittel gegen die Uebertheurung der Buͤcher erkannten. Gegen die Anzahl der Schriftſteller, welche wider den Nachdruck ſprachen, kann man eine gleiche, und vielleicht eine noch groͤßere Anzahl eben ſo ausgezeichneter Maͤnner aufſtellen, die ſich fuͤr den Nachdruck erklaͤrten. Auf einige von jenen, die Sie, Herr Abgeordneter, als Gegner des Nach- drucks anfuͤhren, moͤchte ich mich nicht einmal be- rufen. Unſer »geradſinniger« Luther zum Beiſpiel hat Manches gethan und behauptet, was wohl kein rechtlicher und verſtaͤndiger Mann billigen kann. Denken Sie nur an ſein elendes Betragen waͤhrend dem Bauernkriege (1525), wo er ſtatt durch ſeinen Einfluß Gutes fuͤr die Ungluͤcklichen zu wirken, die nichts weiter als eine menſchliche Be- handlung von ihren großen und kleinen Blutigeln begehrten, ſie mit wilder ultramonarchiſch-pfaͤffiſcher Wuth zur Hoͤlle verdammte, und Fuͤrſten und Edel- leute zur grauſamſten Strenge gegen ſie auffoderte! Kinder mit Kroͤpfen hielt er fuͤr Kinder des Teu- fels und wollte ſogar in Deſſau den Fuͤrſten von Anhalt bereden, ein ſolches Kind erſaͤufen zu laſſen. Waͤre der Fuͤrſt nicht kluͤger und gewiſſenhafter ge- weſen, als der weiſe und fromme Reformator, ſo haͤtte dieſer einen Mord auf ſich geladen, der ihn bei der ganzen vernuͤnftigen Nachwelt gebrandmarkt III. Baͤndchen. 8

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/89
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/89>, abgerufen am 24.11.2024.