selseitig ersetzen, und deshalb auch keine Konkurrenz bewirken können. Wer Eichhorns Weltgeschichte haben will, wird des wohlfeilern Preises wegen nicht Schlossers Weltgeschichte kaufen; wer Büffons Naturgeschichte bedarf, kauft der größern Wohlfeil- heit halber nicht jene von Hellmuth oder gar vom seligen Raff. Nur solche Konkurrenz kann im Buch- handel für das Publikum vortheilhaft seyn, wodurch die Möglichkeit entsteht, ein vom Verleger über- theuertes Buch von einem andern zu einem billigern Preise zu kaufen. Eine Konkurrenz der Art aber kann blos durch den Nachdruck erhalten und herge- stellt werden. Statt diesen also durch ein allgemei- nes Gesetz verbieten zu wollen, sollte man ihn vielmehr gesetzlich in ganz Deutschland erlauben und in Schutz nehmen.
Sonderbar finde ich die Behauptung: "man müsse ein Gesetz gegen den Nachdruck geben, weil sich die öffentliche Meinung dagegen erkläre." Ach, wollten wir alles abschaffen und vertilgen, wogegen sich die öffentliche Meinung erklärt, welche Verän- derungen würden wir nicht in Deutschland erleben!
Aber wo ist denn jene öffentliche Meinung? Wo anders, als auf der Buchhändlermesse in Leip- zig? Und wer äußert sie? Einige hundert Buch- händler und ihre Mitschreier unter den Schriftstel- lern, denen dann noch ein Heer gedankenloser von Vorurtheilen befangener Nachbeter beipflichtet, ohne
ſelſeitig erſetzen, und deshalb auch keine Konkurrenz bewirken koͤnnen. Wer Eichhorns Weltgeſchichte haben will, wird des wohlfeilern Preiſes wegen nicht Schloſſers Weltgeſchichte kaufen; wer Buͤffons Naturgeſchichte bedarf, kauft der groͤßern Wohlfeil- heit halber nicht jene von Hellmuth oder gar vom ſeligen Raff. Nur ſolche Konkurrenz kann im Buch- handel fuͤr das Publikum vortheilhaft ſeyn, wodurch die Moͤglichkeit entſteht, ein vom Verleger uͤber- theuertes Buch von einem andern zu einem billigern Preiſe zu kaufen. Eine Konkurrenz der Art aber kann blos durch den Nachdruck erhalten und herge- ſtellt werden. Statt dieſen alſo durch ein allgemei- nes Geſetz verbieten zu wollen, ſollte man ihn vielmehr geſetzlich in ganz Deutſchland erlauben und in Schutz nehmen.
Sonderbar finde ich die Behauptung: »man muͤſſe ein Geſetz gegen den Nachdruck geben, weil ſich die oͤffentliche Meinung dagegen erklaͤre.« Ach, wollten wir alles abſchaffen und vertilgen, wogegen ſich die oͤffentliche Meinung erklaͤrt, welche Veraͤn- derungen wuͤrden wir nicht in Deutſchland erleben!
Aber wo iſt denn jene oͤffentliche Meinung? Wo anders, als auf der Buchhaͤndlermeſſe in Leip- zig? Und wer aͤußert ſie? Einige hundert Buch- haͤndler und ihre Mitſchreier unter den Schriftſtel- lern, denen dann noch ein Heer gedankenloſer von Vorurtheilen befangener Nachbeter beipflichtet, ohne
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0085"n="85"/>ſelſeitig erſetzen, und deshalb auch keine Konkurrenz<lb/>
bewirken koͤnnen. Wer Eichhorns Weltgeſchichte<lb/>
haben will, wird des wohlfeilern Preiſes wegen<lb/>
nicht Schloſſers Weltgeſchichte kaufen; wer Buͤffons<lb/>
Naturgeſchichte bedarf, kauft der groͤßern Wohlfeil-<lb/>
heit halber nicht jene von Hellmuth oder gar vom<lb/>ſeligen Raff. Nur ſolche Konkurrenz kann im Buch-<lb/>
handel fuͤr das Publikum vortheilhaft ſeyn, wodurch<lb/>
die Moͤglichkeit entſteht, ein vom Verleger uͤber-<lb/>
theuertes Buch von einem andern zu einem billigern<lb/>
Preiſe zu kaufen. Eine Konkurrenz der Art aber<lb/>
kann blos durch den Nachdruck erhalten und herge-<lb/>ſtellt werden. Statt dieſen alſo durch ein allgemei-<lb/>
nes Geſetz verbieten zu wollen, ſollte man ihn<lb/>
vielmehr geſetzlich in ganz Deutſchland erlauben und<lb/>
in Schutz nehmen.</p><lb/><p>Sonderbar finde ich die Behauptung: »man<lb/>
muͤſſe ein Geſetz gegen den Nachdruck geben, weil<lb/>ſich die oͤffentliche Meinung dagegen erklaͤre.« Ach,<lb/>
wollten wir alles abſchaffen und vertilgen, wogegen<lb/>ſich die oͤffentliche Meinung erklaͤrt, welche Veraͤn-<lb/>
derungen wuͤrden wir nicht in Deutſchland erleben!</p><lb/><p>Aber wo iſt denn jene oͤffentliche Meinung?<lb/>
Wo anders, als auf der Buchhaͤndlermeſſe in Leip-<lb/>
zig? Und wer aͤußert ſie? Einige hundert Buch-<lb/>
haͤndler und ihre Mitſchreier unter den Schriftſtel-<lb/>
lern, denen dann noch ein Heer gedankenloſer von<lb/>
Vorurtheilen befangener Nachbeter beipflichtet, ohne<lb/></p></div></body></text></TEI>
[85/0085]
ſelſeitig erſetzen, und deshalb auch keine Konkurrenz
bewirken koͤnnen. Wer Eichhorns Weltgeſchichte
haben will, wird des wohlfeilern Preiſes wegen
nicht Schloſſers Weltgeſchichte kaufen; wer Buͤffons
Naturgeſchichte bedarf, kauft der groͤßern Wohlfeil-
heit halber nicht jene von Hellmuth oder gar vom
ſeligen Raff. Nur ſolche Konkurrenz kann im Buch-
handel fuͤr das Publikum vortheilhaft ſeyn, wodurch
die Moͤglichkeit entſteht, ein vom Verleger uͤber-
theuertes Buch von einem andern zu einem billigern
Preiſe zu kaufen. Eine Konkurrenz der Art aber
kann blos durch den Nachdruck erhalten und herge-
ſtellt werden. Statt dieſen alſo durch ein allgemei-
nes Geſetz verbieten zu wollen, ſollte man ihn
vielmehr geſetzlich in ganz Deutſchland erlauben und
in Schutz nehmen.
Sonderbar finde ich die Behauptung: »man
muͤſſe ein Geſetz gegen den Nachdruck geben, weil
ſich die oͤffentliche Meinung dagegen erklaͤre.« Ach,
wollten wir alles abſchaffen und vertilgen, wogegen
ſich die oͤffentliche Meinung erklaͤrt, welche Veraͤn-
derungen wuͤrden wir nicht in Deutſchland erleben!
Aber wo iſt denn jene oͤffentliche Meinung?
Wo anders, als auf der Buchhaͤndlermeſſe in Leip-
zig? Und wer aͤußert ſie? Einige hundert Buch-
haͤndler und ihre Mitſchreier unter den Schriftſtel-
lern, denen dann noch ein Heer gedankenloſer von
Vorurtheilen befangener Nachbeter beipflichtet, ohne
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/85>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.