Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

das Mindeste dabei gewann. Daraus sieht man,
wie erbärmlich es ist, wenn Verleger die Gefahr
des Nachdrucks als die Ursache des, gegen ihren
Gewinn so unverhältnißmäßig geringen Honorars
vorschützen. Wegen des Nachdrucks hat noch nie
ein Buchhändler den Verlag eines Werks abgelehnt
und nie einen Heller Ehrensold weniger an einen
Schriftsteller bezahlt, als, was er, wenn kein
Nachdruck wäre, gezahlt haben würde. Der letztere
ist blos ein Vorwand, den Abrahams schlaue Kin-
der vortrefflich zu benutzen verstehen. Würde der
Nachdruck auch in der ganzen Welt verboten, so
würden Deutschlands Verlagsbuchhändler doch den
Ehrensold der Schriftsteller um keinen Kreuzer er-
höhen, und eben so wenig würden sie dann ihre
Bücher zu einem billigern, sondern gewiß zu einem
noch weit höhern Preise verkaufen.

Das "geistige Eigenthum," rufen sie und
mit ihnen ihre Mitschreier unter den Schriftstellern,
von denen die wenigsten etwas von dem Nachdruck
zu fürchten haben; das "geistige Eigenthum"
muß den Schriftstellern gesichert werden! Was
übertragen sie denn durch den Verkauf eines Buchs
für ein Eigenthum an ihre Käufer? Doch wohl
nicht allein das Eigenthum an dem Papier und der
Druckerschwärze, sondern auch an dem Jnhalt,
also das, was nach ihnen geistiges Eigenthum ist.
Wer blos bedrucktes Papier zu kaufen wünscht, der

das Mindeſte dabei gewann. Daraus ſieht man,
wie erbaͤrmlich es iſt, wenn Verleger die Gefahr
des Nachdrucks als die Urſache des, gegen ihren
Gewinn ſo unverhaͤltnißmaͤßig geringen Honorars
vorſchuͤtzen. Wegen des Nachdrucks hat noch nie
ein Buchhaͤndler den Verlag eines Werks abgelehnt
und nie einen Heller Ehrenſold weniger an einen
Schriftſteller bezahlt, als, was er, wenn kein
Nachdruck waͤre, gezahlt haben wuͤrde. Der letztere
iſt blos ein Vorwand, den Abrahams ſchlaue Kin-
der vortrefflich zu benutzen verſtehen. Wuͤrde der
Nachdruck auch in der ganzen Welt verboten, ſo
wuͤrden Deutſchlands Verlagsbuchhaͤndler doch den
Ehrenſold der Schriftſteller um keinen Kreuzer er-
hoͤhen, und eben ſo wenig wuͤrden ſie dann ihre
Buͤcher zu einem billigern, ſondern gewiß zu einem
noch weit hoͤhern Preiſe verkaufen.

Das »geiſtige Eigenthum,« rufen ſie und
mit ihnen ihre Mitſchreier unter den Schriftſtellern,
von denen die wenigſten etwas von dem Nachdruck
zu fuͤrchten haben; das »geiſtige Eigenthum«
muß den Schriftſtellern geſichert werden! Was
uͤbertragen ſie denn durch den Verkauf eines Buchs
fuͤr ein Eigenthum an ihre Kaͤufer? Doch wohl
nicht allein das Eigenthum an dem Papier und der
Druckerſchwaͤrze, ſondern auch an dem Jnhalt,
alſo das, was nach ihnen geiſtiges Eigenthum iſt.
Wer blos bedrucktes Papier zu kaufen wuͤnſcht, der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0070" n="70"/>
das Minde&#x017F;te dabei gewann. Daraus &#x017F;ieht man,<lb/>
wie erba&#x0364;rmlich es i&#x017F;t, wenn Verleger die Gefahr<lb/>
des Nachdrucks als die Ur&#x017F;ache des, gegen ihren<lb/>
Gewinn &#x017F;o unverha&#x0364;ltnißma&#x0364;ßig geringen Honorars<lb/>
vor&#x017F;chu&#x0364;tzen. Wegen des Nachdrucks hat noch <hi rendition="#g">nie</hi><lb/>
ein Buchha&#x0364;ndler den Verlag eines Werks abgelehnt<lb/>
und <hi rendition="#g">nie</hi> einen Heller Ehren&#x017F;old weniger an einen<lb/>
Schrift&#x017F;teller bezahlt, als, was er, wenn <hi rendition="#g">kein</hi><lb/>
Nachdruck wa&#x0364;re, gezahlt haben wu&#x0364;rde. Der letztere<lb/>
i&#x017F;t blos ein Vorwand, den Abrahams &#x017F;chlaue Kin-<lb/>
der vortrefflich zu benutzen ver&#x017F;tehen. Wu&#x0364;rde der<lb/>
Nachdruck auch in der ganzen Welt verboten, &#x017F;o<lb/>
wu&#x0364;rden Deut&#x017F;chlands Verlagsbuchha&#x0364;ndler doch den<lb/>
Ehren&#x017F;old der Schrift&#x017F;teller um keinen Kreuzer er-<lb/>
ho&#x0364;hen, und eben &#x017F;o wenig wu&#x0364;rden &#x017F;ie dann ihre<lb/>
Bu&#x0364;cher zu einem billigern, &#x017F;ondern gewiß zu einem<lb/>
noch weit ho&#x0364;hern Prei&#x017F;e verkaufen.</p><lb/>
        <p>Das »<hi rendition="#g">gei&#x017F;tige Eigenthum,</hi>« rufen &#x017F;ie und<lb/>
mit ihnen ihre Mit&#x017F;chreier unter den Schrift&#x017F;tellern,<lb/>
von denen die wenig&#x017F;ten etwas von dem Nachdruck<lb/>
zu fu&#x0364;rchten haben; das »<hi rendition="#g">gei&#x017F;tige Eigenthum</hi>«<lb/>
muß den Schrift&#x017F;tellern ge&#x017F;ichert werden! Was<lb/>
u&#x0364;bertragen &#x017F;ie denn durch den Verkauf eines Buchs<lb/>
fu&#x0364;r ein Eigenthum an ihre Ka&#x0364;ufer? Doch wohl<lb/>
nicht allein das Eigenthum an dem Papier und der<lb/>
Drucker&#x017F;chwa&#x0364;rze, &#x017F;ondern auch an dem Jnhalt,<lb/>
al&#x017F;o das, was nach ihnen gei&#x017F;tiges Eigenthum i&#x017F;t.<lb/>
Wer blos bedrucktes Papier zu kaufen wu&#x0364;n&#x017F;cht, der<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[70/0070] das Mindeſte dabei gewann. Daraus ſieht man, wie erbaͤrmlich es iſt, wenn Verleger die Gefahr des Nachdrucks als die Urſache des, gegen ihren Gewinn ſo unverhaͤltnißmaͤßig geringen Honorars vorſchuͤtzen. Wegen des Nachdrucks hat noch nie ein Buchhaͤndler den Verlag eines Werks abgelehnt und nie einen Heller Ehrenſold weniger an einen Schriftſteller bezahlt, als, was er, wenn kein Nachdruck waͤre, gezahlt haben wuͤrde. Der letztere iſt blos ein Vorwand, den Abrahams ſchlaue Kin- der vortrefflich zu benutzen verſtehen. Wuͤrde der Nachdruck auch in der ganzen Welt verboten, ſo wuͤrden Deutſchlands Verlagsbuchhaͤndler doch den Ehrenſold der Schriftſteller um keinen Kreuzer er- hoͤhen, und eben ſo wenig wuͤrden ſie dann ihre Buͤcher zu einem billigern, ſondern gewiß zu einem noch weit hoͤhern Preiſe verkaufen. Das »geiſtige Eigenthum,« rufen ſie und mit ihnen ihre Mitſchreier unter den Schriftſtellern, von denen die wenigſten etwas von dem Nachdruck zu fuͤrchten haben; das »geiſtige Eigenthum« muß den Schriftſtellern geſichert werden! Was uͤbertragen ſie denn durch den Verkauf eines Buchs fuͤr ein Eigenthum an ihre Kaͤufer? Doch wohl nicht allein das Eigenthum an dem Papier und der Druckerſchwaͤrze, ſondern auch an dem Jnhalt, alſo das, was nach ihnen geiſtiges Eigenthum iſt. Wer blos bedrucktes Papier zu kaufen wuͤnſcht, der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/70
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/70>, abgerufen am 22.11.2024.