geschadet hatte, da manche Menschen, die sich sonst seiner Hülfe hätten bedienen müssen, sich jetzt, mit- telst der ihm nachgedruckten Anleitung selbst geheilt hatten. Nicht wahr, der Nachdrucker war ein ab- scheulicher Mensch; ein Dieb, ein Spitzbube, ein Räuber; er hatte freilich durch seinen Nachdruck vie- len Menschen das Leben gerettet, allein er hatte dem Herrn Schriftsteller und Verleger sowohl an dem Absatze seines Buchs, als in seinem ärztlichen Verkehr geschadet, und das war sehr gottlos.
Wir bleiben bei dem eben gesetzten Fall, nur mit dem Unterschiede, der Arzt hätte sich bei dem Verkauf seines theuern Buchs ausdrücklich von den Käufern ausbedungen, den Jnhalt desselben zu verheimlichen, und blos für ihre Person zu benuz- zen. Was sagen Sie, wenn Sie nun zu der Zahl der Käufer gehörten, und Sie könnten durch schnellen Nachdruck ihres Urexemplars und durch wohlfeilen Verkauf der nachgedruckten Kopieen eine zahllose Menge von Menschen retten, die außer Stande wären, sich die theure Vorschrift des Arz- tes zu verschaffen; würden Sie wohl einen Augen- blick anstehen, sogar das eidliche Gelübde der Ver- heimlichung zu brechen, welches Sie dem eigennüz- zigen Arzte gethan hatten? Würden Sie Sich nicht gleich und ohne Bedenken entschließen, ein Nach- drucker zu werden, um den Kindern ihre Eltern, der Gattin den Gatten, der Schwester den Bruder,
geſchadet hatte, da manche Menſchen, die ſich ſonſt ſeiner Huͤlfe haͤtten bedienen muͤſſen, ſich jetzt, mit- telſt der ihm nachgedruckten Anleitung ſelbſt geheilt hatten. Nicht wahr, der Nachdrucker war ein ab- ſcheulicher Menſch; ein Dieb, ein Spitzbube, ein Raͤuber; er hatte freilich durch ſeinen Nachdruck vie- len Menſchen das Leben gerettet, allein er hatte dem Herrn Schriftſteller und Verleger ſowohl an dem Abſatze ſeines Buchs, als in ſeinem aͤrztlichen Verkehr geſchadet, und das war ſehr gottlos.
Wir bleiben bei dem eben geſetzten Fall, nur mit dem Unterſchiede, der Arzt haͤtte ſich bei dem Verkauf ſeines theuern Buchs ausdruͤcklich von den Kaͤufern ausbedungen, den Jnhalt deſſelben zu verheimlichen, und blos fuͤr ihre Perſon zu benuz- zen. Was ſagen Sie, wenn Sie nun zu der Zahl der Kaͤufer gehoͤrten, und Sie koͤnnten durch ſchnellen Nachdruck ihres Urexemplars und durch wohlfeilen Verkauf der nachgedruckten Kopieen eine zahlloſe Menge von Menſchen retten, die außer Stande waͤren, ſich die theure Vorſchrift des Arz- tes zu verſchaffen; wuͤrden Sie wohl einen Augen- blick anſtehen, ſogar das eidliche Geluͤbde der Ver- heimlichung zu brechen, welches Sie dem eigennuͤz- zigen Arzte gethan hatten? Wuͤrden Sie Sich nicht gleich und ohne Bedenken entſchließen, ein Nach- drucker zu werden, um den Kindern ihre Eltern, der Gattin den Gatten, der Schweſter den Bruder,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0059"n="59"/>
geſchadet hatte, da manche Menſchen, die ſich ſonſt<lb/>ſeiner Huͤlfe haͤtten bedienen muͤſſen, ſich jetzt, mit-<lb/>
telſt der ihm nachgedruckten Anleitung ſelbſt geheilt<lb/>
hatten. Nicht wahr, der Nachdrucker war ein ab-<lb/>ſcheulicher Menſch; ein Dieb, ein Spitzbube, ein<lb/>
Raͤuber; er hatte freilich durch ſeinen Nachdruck vie-<lb/>
len Menſchen das Leben gerettet, allein er hatte<lb/>
dem Herrn Schriftſteller und Verleger ſowohl an<lb/>
dem Abſatze ſeines Buchs, als in ſeinem aͤrztlichen<lb/>
Verkehr geſchadet, und das war ſehr gottlos.</p><lb/><p>Wir bleiben bei dem eben geſetzten Fall, nur<lb/>
mit dem Unterſchiede, der Arzt haͤtte ſich bei dem<lb/>
Verkauf ſeines theuern Buchs ausdruͤcklich von den<lb/>
Kaͤufern ausbedungen, den Jnhalt deſſelben zu<lb/>
verheimlichen, und blos fuͤr ihre Perſon zu benuz-<lb/>
zen. Was ſagen Sie, wenn Sie nun zu der Zahl<lb/>
der Kaͤufer gehoͤrten, und Sie koͤnnten durch<lb/>ſchnellen Nachdruck ihres Urexemplars und durch<lb/>
wohlfeilen Verkauf der nachgedruckten Kopieen eine<lb/>
zahlloſe Menge von Menſchen retten, die außer<lb/>
Stande waͤren, ſich die theure Vorſchrift des Arz-<lb/>
tes zu verſchaffen; wuͤrden Sie wohl einen Augen-<lb/>
blick anſtehen, ſogar das eidliche Geluͤbde der Ver-<lb/>
heimlichung zu brechen, welches Sie dem eigennuͤz-<lb/>
zigen Arzte gethan hatten? Wuͤrden Sie Sich nicht<lb/>
gleich und ohne Bedenken entſchließen, ein Nach-<lb/>
drucker zu werden, um den Kindern ihre Eltern,<lb/>
der Gattin den Gatten, der Schweſter den Bruder,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[59/0059]
geſchadet hatte, da manche Menſchen, die ſich ſonſt
ſeiner Huͤlfe haͤtten bedienen muͤſſen, ſich jetzt, mit-
telſt der ihm nachgedruckten Anleitung ſelbſt geheilt
hatten. Nicht wahr, der Nachdrucker war ein ab-
ſcheulicher Menſch; ein Dieb, ein Spitzbube, ein
Raͤuber; er hatte freilich durch ſeinen Nachdruck vie-
len Menſchen das Leben gerettet, allein er hatte
dem Herrn Schriftſteller und Verleger ſowohl an
dem Abſatze ſeines Buchs, als in ſeinem aͤrztlichen
Verkehr geſchadet, und das war ſehr gottlos.
Wir bleiben bei dem eben geſetzten Fall, nur
mit dem Unterſchiede, der Arzt haͤtte ſich bei dem
Verkauf ſeines theuern Buchs ausdruͤcklich von den
Kaͤufern ausbedungen, den Jnhalt deſſelben zu
verheimlichen, und blos fuͤr ihre Perſon zu benuz-
zen. Was ſagen Sie, wenn Sie nun zu der Zahl
der Kaͤufer gehoͤrten, und Sie koͤnnten durch
ſchnellen Nachdruck ihres Urexemplars und durch
wohlfeilen Verkauf der nachgedruckten Kopieen eine
zahlloſe Menge von Menſchen retten, die außer
Stande waͤren, ſich die theure Vorſchrift des Arz-
tes zu verſchaffen; wuͤrden Sie wohl einen Augen-
blick anſtehen, ſogar das eidliche Geluͤbde der Ver-
heimlichung zu brechen, welches Sie dem eigennuͤz-
zigen Arzte gethan hatten? Wuͤrden Sie Sich nicht
gleich und ohne Bedenken entſchließen, ein Nach-
drucker zu werden, um den Kindern ihre Eltern,
der Gattin den Gatten, der Schweſter den Bruder,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/59>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.