Billigkeit, welche unsere Herren Urverleger bei Be- stimmung ihrer Bücherpreise beobachten, da sie sich das, was ein Anderer mit gleichem Kostenaufwand und mit bedeutendem Vortheil auf seiner Seite für zehn Thaler liefert, mit dreißig Thalern und drü- ber bezahlen lassen?
Das ausschließliche Druck- und Verbreitungs- recht eines Verlegers oder Schriftstellers hört in demselben Augenblick auf, wo das erste Exemplar ausgegeben wird, und das volle unbedingte Eigen- thum an demselben auf den Käufer übergeht. Sollte es nur eine Sekunde länger gelten, so müßte es auch so lange dauern und sich vererben lassen, wie jedes andere Eigenthum, z. B. wie ein Grundstück, ein Kapital, eine Jagdgerechtigkeit, d. h. so lange erweislich rechtmäßige Erben des Ureigenthümers oder seiner Nachfolger vorhanden sind. Daß dies aber nicht der Fall sey, geben alle unsere Verlags- buchhändler zu, indem sie selbst neue Ausgaben solcher Werke veranstalten, deren Verfasser oder ursprüngliche Verleger noch leben, oder erst vor Kurzem gestorben sind, und bekannte rechtmäßige, oft sehr dürftige Erben hinterlassen haben. Nicht wenige Beispiele könnte ich anführen, daß Buch- händler von Schriften, deren Verfasser ihnen nur die erste Auflage überlassen hatte, nach dessen bald darauf erfolgtem Tode eine zweite, dritte und vierte Auflage erscheinen ließen, ohne sich um die arme
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Billigkeit, welche unſere Herren Urverleger bei Be- ſtimmung ihrer Buͤcherpreiſe beobachten, da ſie ſich das, was ein Anderer mit gleichem Koſtenaufwand und mit bedeutendem Vortheil auf ſeiner Seite fuͤr zehn Thaler liefert, mit dreißig Thalern und druͤ- ber bezahlen laſſen?
Das ausſchließliche Druck- und Verbreitungs- recht eines Verlegers oder Schriftſtellers hoͤrt in demſelben Augenblick auf, wo das erſte Exemplar ausgegeben wird, und das volle unbedingte Eigen- thum an demſelben auf den Kaͤufer uͤbergeht. Sollte es nur eine Sekunde laͤnger gelten, ſo muͤßte es auch ſo lange dauern und ſich vererben laſſen, wie jedes andere Eigenthum, z. B. wie ein Grundſtuͤck, ein Kapital, eine Jagdgerechtigkeit, d. h. ſo lange erweislich rechtmaͤßige Erben des Ureigenthuͤmers oder ſeiner Nachfolger vorhanden ſind. Daß dies aber nicht der Fall ſey, geben alle unſere Verlags- buchhaͤndler zu, indem ſie ſelbſt neue Ausgaben ſolcher Werke veranſtalten, deren Verfaſſer oder urſpruͤngliche Verleger noch leben, oder erſt vor Kurzem geſtorben ſind, und bekannte rechtmaͤßige, oft ſehr duͤrftige Erben hinterlaſſen haben. Nicht wenige Beiſpiele koͤnnte ich anfuͤhren, daß Buch- haͤndler von Schriften, deren Verfaſſer ihnen nur die erſte Auflage uͤberlaſſen hatte, nach deſſen bald darauf erfolgtem Tode eine zweite, dritte und vierte Auflage erſcheinen ließen, ohne ſich um die arme
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Billigkeit, welche unſere Herren Urverleger bei Be-
ſtimmung ihrer Buͤcherpreiſe beobachten, da ſie ſich
das, was ein Anderer mit gleichem Koſtenaufwand
und mit bedeutendem Vortheil auf ſeiner Seite fuͤr
zehn Thaler liefert, mit dreißig Thalern und druͤ-
ber bezahlen laſſen?
Das ausſchließliche Druck- und Verbreitungs-
recht eines Verlegers oder Schriftſtellers hoͤrt in
demſelben Augenblick auf, wo das erſte Exemplar
ausgegeben wird, und das volle unbedingte Eigen-
thum an demſelben auf den Kaͤufer uͤbergeht. Sollte
es nur eine Sekunde laͤnger gelten, ſo muͤßte es
auch ſo lange dauern und ſich vererben laſſen, wie
jedes andere Eigenthum, z. B. wie ein Grundſtuͤck,
ein Kapital, eine Jagdgerechtigkeit, d. h. ſo lange
erweislich rechtmaͤßige Erben des Ureigenthuͤmers
oder ſeiner Nachfolger vorhanden ſind. Daß dies
aber nicht der Fall ſey, geben alle unſere Verlags-
buchhaͤndler zu, indem ſie ſelbſt neue Ausgaben
ſolcher Werke veranſtalten, deren Verfaſſer oder
urſpruͤngliche Verleger noch leben, oder erſt vor
Kurzem geſtorben ſind, und bekannte rechtmaͤßige,
oft ſehr duͤrftige Erben hinterlaſſen haben. Nicht
wenige Beiſpiele koͤnnte ich anfuͤhren, daß Buch-
haͤndler von Schriften, deren Verfaſſer ihnen nur
die erſte Auflage uͤberlaſſen hatte, nach deſſen bald
darauf erfolgtem Tode eine zweite, dritte und vierte
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/51>, abgerufen am 21.11.2024.
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