Betrachtet man nun die Mediatisation aus diesen Gesichtspunkten, so enthält sie schlechterdings keine Ungerechtigkeit, vorausgesetzt nur, daß sie ein rei- nes Ergebniß des freien Entschlusses der mediati- sirten Staatsbürger war, denn sonst ist sie jedem andern Länderraube völlig gleich.
Daß die vermittelbarten Herren von Got- tes Gnaden nicht mit diesen Ansichten einstimm- ten, war natürlich. Es soll eine schwere, aber auch eine sehr süße Last seyn, über Andere gebieten und herrschen zu können. Ueberdies fragten die mediatisirten Fürsten und Grafen, und wohl nicht immer mit Unrecht: Waren wir nicht eben so le- gitime Regenten, wie jene, die uns ihren Sceptern unterwarfen? Haben wir unsere Gewalt nicht auf eben so rechtmäßigem Wege erlangt, wie sie? Hat nicht mancher von uns und unsern Vorfahren weit mehr für das Glück seines kleinen Landes und selbst des ganzen deutschen Vaterlandes gethan, als viele Souveräne? Sind nicht mehrere der mediatisir- ten Staaten durch ihre Größe und Menschenzahl ehe befugt, auf Erhaltung ihrer Selbstständigkeit Anspruch zu machen, als verschiedene kleine Kröten- monarchien, die man theils restaurirte, theils gar aus dem Nichts hervorrief?
Diese Fragen waren äußerst vernünftig, und billiger Weise ließ sich nichts darauf antworten, als: Euch ist die Landeshoheit genommen, weil
Betrachtet man nun die Mediatiſation aus dieſen Geſichtspunkten, ſo enthaͤlt ſie ſchlechterdings keine Ungerechtigkeit, vorausgeſetzt nur, daß ſie ein rei- nes Ergebniß des freien Entſchluſſes der mediati- ſirten Staatsbuͤrger war, denn ſonſt iſt ſie jedem andern Laͤnderraube voͤllig gleich.
Daß die vermittelbarten Herren von Got- tes Gnaden nicht mit dieſen Anſichten einſtimm- ten, war natuͤrlich. Es ſoll eine ſchwere, aber auch eine ſehr ſuͤße Laſt ſeyn, uͤber Andere gebieten und herrſchen zu koͤnnen. Ueberdies fragten die mediatiſirten Fuͤrſten und Grafen, und wohl nicht immer mit Unrecht: Waren wir nicht eben ſo le- gitime Regenten, wie jene, die uns ihren Sceptern unterwarfen? Haben wir unſere Gewalt nicht auf eben ſo rechtmaͤßigem Wege erlangt, wie ſie? Hat nicht mancher von uns und unſern Vorfahren weit mehr fuͤr das Gluͤck ſeines kleinen Landes und ſelbſt des ganzen deutſchen Vaterlandes gethan, als viele Souveraͤne? Sind nicht mehrere der mediatiſir- ten Staaten durch ihre Groͤße und Menſchenzahl ehe befugt, auf Erhaltung ihrer Selbſtſtaͤndigkeit Anſpruch zu machen, als verſchiedene kleine Kroͤten- monarchien, die man theils reſtaurirte, theils gar aus dem Nichts hervorrief?
Dieſe Fragen waren aͤußerſt vernuͤnftig, und billiger Weiſe ließ ſich nichts darauf antworten, als: Euch iſt die Landeshoheit genommen, weil
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Betrachtet man nun die Mediatiſation aus dieſen
Geſichtspunkten, ſo enthaͤlt ſie ſchlechterdings keine
Ungerechtigkeit, vorausgeſetzt nur, daß ſie ein rei-
nes Ergebniß des freien Entſchluſſes der mediati-
ſirten Staatsbuͤrger war, denn ſonſt iſt ſie jedem
andern Laͤnderraube voͤllig gleich.
Daß die vermittelbarten Herren von Got-
tes Gnaden nicht mit dieſen Anſichten einſtimm-
ten, war natuͤrlich. Es ſoll eine ſchwere, aber
auch eine ſehr ſuͤße Laſt ſeyn, uͤber Andere gebieten
und herrſchen zu koͤnnen. Ueberdies fragten die
mediatiſirten Fuͤrſten und Grafen, und wohl nicht
immer mit Unrecht: Waren wir nicht eben ſo le-
gitime Regenten, wie jene, die uns ihren Sceptern
unterwarfen? Haben wir unſere Gewalt nicht auf
eben ſo rechtmaͤßigem Wege erlangt, wie ſie? Hat
nicht mancher von uns und unſern Vorfahren weit
mehr fuͤr das Gluͤck ſeines kleinen Landes und ſelbſt
des ganzen deutſchen Vaterlandes gethan, als viele
Souveraͤne? Sind nicht mehrere der mediatiſir-
ten Staaten durch ihre Groͤße und Menſchenzahl
ehe befugt, auf Erhaltung ihrer Selbſtſtaͤndigkeit
Anſpruch zu machen, als verſchiedene kleine Kroͤten-
monarchien, die man theils reſtaurirte, theils gar
aus dem Nichts hervorrief?
Dieſe Fragen waren aͤußerſt vernuͤnftig, und
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/358>, abgerufen am 24.11.2024.
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