überdies nicht jede Huldigung, die einem Regenten von den Staatsbürgern geleistet wird, ein thätiges Anerkenntniß, daß alle Gewalt vom Volke ausgehe, und daß ohne dessen Willen der Fürst nichts sey?
Wer könnte nach Thatsachen der Art noch wohl jenen, von unsern Monarchen selbst aner- kannten Grundsatz bestreiten, daß die Völker die höchste Gewalt von dem Regierenden, nach Belie- ben, zurück fodern, und einem Andern übertragen können? Dies war es ja gerade, was in den Jahren 1813 und 1814 in Frankreich, in Holland, in Westphalen, in Jtalien, in Pohlen geschah, und wozu die hohen Verbündeten in ihren Manifesten selbst so dringend und kraftvoll ermahnten? Haben die Einwohner der mediatisirten Länder aber etwas anders gethan, als sie ihren jetzigen legitimen Re- genten huldigten, und ihnen damit diejenigen Rechte zuerkannten, die sie durch eine frühere Huldigung ihren vorigen rechtmäßigen Landesherren, den nun- mehrigen Standesherren, übertragen hatten? Sind also die Fürsten nicht Alles, was sie sind, durch das Anerkenntniß und den Willen der Staatsbür- ger, und hören sie nicht, selbst nach dem Zugeständ- nisse unserer erhabenen Souveräne auf, rechtmäs- sige oder legitime Landesherren zu seyn, sobald die Völker es gut finden, sich eine andere Staatsver- fassung oder einen andern Regenten zu wählen?
uͤberdies nicht jede Huldigung, die einem Regenten von den Staatsbuͤrgern geleiſtet wird, ein thaͤtiges Anerkenntniß, daß alle Gewalt vom Volke ausgehe, und daß ohne deſſen Willen der Fuͤrſt nichts ſey?
Wer koͤnnte nach Thatſachen der Art noch wohl jenen, von unſern Monarchen ſelbſt aner- kannten Grundſatz beſtreiten, daß die Voͤlker die hoͤchſte Gewalt von dem Regierenden, nach Belie- ben, zuruͤck fodern, und einem Andern uͤbertragen koͤnnen? Dies war es ja gerade, was in den Jahren 1813 und 1814 in Frankreich, in Holland, in Weſtphalen, in Jtalien, in Pohlen geſchah, und wozu die hohen Verbuͤndeten in ihren Manifeſten ſelbſt ſo dringend und kraftvoll ermahnten? Haben die Einwohner der mediatiſirten Laͤnder aber etwas anders gethan, als ſie ihren jetzigen legitimen Re- genten huldigten, und ihnen damit diejenigen Rechte zuerkannten, die ſie durch eine fruͤhere Huldigung ihren vorigen rechtmaͤßigen Landesherren, den nun- mehrigen Standesherren, uͤbertragen hatten? Sind alſo die Fuͤrſten nicht Alles, was ſie ſind, durch das Anerkenntniß und den Willen der Staatsbuͤr- ger, und hoͤren ſie nicht, ſelbſt nach dem Zugeſtaͤnd- niſſe unſerer erhabenen Souveraͤne auf, rechtmaͤſ- ſige oder legitime Landesherren zu ſeyn, ſobald die Voͤlker es gut finden, ſich eine andere Staatsver- faſſung oder einen andern Regenten zu waͤhlen?
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uͤberdies nicht jede Huldigung, die einem Regenten
von den Staatsbuͤrgern geleiſtet wird, ein thaͤtiges
Anerkenntniß, daß alle Gewalt vom Volke
ausgehe, und daß ohne deſſen Willen der Fuͤrſt
nichts ſey?
Wer koͤnnte nach Thatſachen der Art noch
wohl jenen, von unſern Monarchen ſelbſt aner-
kannten Grundſatz beſtreiten, daß die Voͤlker die
hoͤchſte Gewalt von dem Regierenden, nach Belie-
ben, zuruͤck fodern, und einem Andern uͤbertragen
koͤnnen? Dies war es ja gerade, was in den
Jahren 1813 und 1814 in Frankreich, in Holland,
in Weſtphalen, in Jtalien, in Pohlen geſchah, und
wozu die hohen Verbuͤndeten in ihren Manifeſten
ſelbſt ſo dringend und kraftvoll ermahnten? Haben
die Einwohner der mediatiſirten Laͤnder aber etwas
anders gethan, als ſie ihren jetzigen legitimen Re-
genten huldigten, und ihnen damit diejenigen Rechte
zuerkannten, die ſie durch eine fruͤhere Huldigung
ihren vorigen rechtmaͤßigen Landesherren, den nun-
mehrigen Standesherren, uͤbertragen hatten? Sind
alſo die Fuͤrſten nicht Alles, was ſie ſind, durch
das Anerkenntniß und den Willen der Staatsbuͤr-
ger, und hoͤren ſie nicht, ſelbſt nach dem Zugeſtaͤnd-
niſſe unſerer erhabenen Souveraͤne auf, rechtmaͤſ-
ſige oder legitime Landesherren zu ſeyn, ſobald die
Voͤlker es gut finden, ſich eine andere Staatsver-
faſſung oder einen andern Regenten zu waͤhlen?
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/357>, abgerufen am 24.11.2024.
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