auch gegen Andere. Der Edelmann, der seinen Mitbürgern vorgezogen seyn will, weil nicht er, sondern sein Ahnherr sich wirkliche Verdienste um seine Zeitgenossen erwarb, ist ein elender, verächt- licher Jude, der Bezahlung für etwas begehrt, was längst schon bezahlt worden, und ihm durchaus nicht gehört. Aber der, welcher gar deshalb An- sprüche auf das Mark des Landes und auf das Land selbst macht, weil seine Vorfahren glückliche Räuber, Mörder und Diebe waren, ist ein schänd- licher Bösewicht, der den Galgen verdient, wel- chem seine hochgepriesenen Ahnherrn leider entgiengen.
Wir glauben, zur Ehre unsers Jahrhunderts bekennen zu müssen, daß nicht mehr so viele weiße Hebräer unter unsern Edelleuten sind, wie ehemals, und daß man deshalb ganz Recht gethan hat, schwarzjüdische Grafen und Barone zu backen, um den Abgang an der weißen Linie zu ersetzen; allein dennoch giebt es von der letztern noch immer sehr viele, und sie nisten häufig gerade dort, wo man sie am wenigsten dulden sollte: an Höfen, in Kabinetten, Gerichtssälen, Polizeistuben und -- in den Kriegsheeren. Aber wer ist schuld daran? Niemand anders, als die Fürsten und -- auch die Völker selbst, durch die Nachsicht, womit sie der- gleichen Unfug, ohne zu murren, zugaben.
Es ist ein thörichter verzweifelter Wahn man- cher Regierenden, daß ihre Lehnsessel nicht sicher ste-
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auch gegen Andere. Der Edelmann, der ſeinen Mitbuͤrgern vorgezogen ſeyn will, weil nicht er, ſondern ſein Ahnherr ſich wirkliche Verdienſte um ſeine Zeitgenoſſen erwarb, iſt ein elender, veraͤcht- licher Jude, der Bezahlung fuͤr etwas begehrt, was laͤngſt ſchon bezahlt worden, und ihm durchaus nicht gehoͤrt. Aber der, welcher gar deshalb An- ſpruͤche auf das Mark des Landes und auf das Land ſelbſt macht, weil ſeine Vorfahren gluͤckliche Raͤuber, Moͤrder und Diebe waren, iſt ein ſchaͤnd- licher Boͤſewicht, der den Galgen verdient, wel- chem ſeine hochgeprieſenen Ahnherrn leider entgiengen.
Wir glauben, zur Ehre unſers Jahrhunderts bekennen zu muͤſſen, daß nicht mehr ſo viele weiße Hebraͤer unter unſern Edelleuten ſind, wie ehemals, und daß man deshalb ganz Recht gethan hat, ſchwarzjuͤdiſche Grafen und Barone zu backen, um den Abgang an der weißen Linie zu erſetzen; allein dennoch giebt es von der letztern noch immer ſehr viele, und ſie niſten haͤufig gerade dort, wo man ſie am wenigſten dulden ſollte: an Hoͤfen, in Kabinetten, Gerichtsſaͤlen, Polizeiſtuben und — in den Kriegsheeren. Aber wer iſt ſchuld daran? Niemand anders, als die Fuͤrſten und — auch die Voͤlker ſelbſt, durch die Nachſicht, womit ſie der- gleichen Unfug, ohne zu murren, zugaben.
Es iſt ein thoͤrichter verzweifelter Wahn man- cher Regierenden, daß ihre Lehnſeſſel nicht ſicher ſte-
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auch gegen Andere. Der Edelmann, der ſeinen
Mitbuͤrgern vorgezogen ſeyn will, weil nicht er,
ſondern ſein Ahnherr ſich wirkliche Verdienſte um
ſeine Zeitgenoſſen erwarb, iſt ein elender, veraͤcht-
licher Jude, der Bezahlung fuͤr etwas begehrt, was
laͤngſt ſchon bezahlt worden, und ihm durchaus
nicht gehoͤrt. Aber der, welcher gar deshalb An-
ſpruͤche auf das Mark des Landes und auf das
Land ſelbſt macht, weil ſeine Vorfahren gluͤckliche
Raͤuber, Moͤrder und Diebe waren, iſt ein ſchaͤnd-
licher Boͤſewicht, der den Galgen verdient, wel-
chem ſeine hochgeprieſenen Ahnherrn leider entgiengen.
Wir glauben, zur Ehre unſers Jahrhunderts
bekennen zu muͤſſen, daß nicht mehr ſo viele weiße
Hebraͤer unter unſern Edelleuten ſind, wie ehemals,
und daß man deshalb ganz Recht gethan hat,
ſchwarzjuͤdiſche Grafen und Barone zu backen,
um den Abgang an der weißen Linie zu erſetzen;
allein dennoch giebt es von der letztern noch immer
ſehr viele, und ſie niſten haͤufig gerade dort, wo
man ſie am wenigſten dulden ſollte: an Hoͤfen,
in Kabinetten, Gerichtsſaͤlen, Polizeiſtuben und —
in den Kriegsheeren. Aber wer iſt ſchuld daran?
Niemand anders, als die Fuͤrſten und — auch die
Voͤlker ſelbſt, durch die Nachſicht, womit ſie der-
gleichen Unfug, ohne zu murren, zugaben.
Es iſt ein thoͤrichter verzweifelter Wahn man-
cher Regierenden, daß ihre Lehnſeſſel nicht ſicher ſte-
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/339>, abgerufen am 25.11.2024.
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