"Sey es eine Parabel -- Parabeln versinnlichen und lehren!"
Und Sie, meine Herren Buchhändler, hätten Sie doch früher beherziget, wie reich an fruchtbaren praktischen Folgerungen der unumstößliche Grund- satz ist, daß Jeder, der Jhnen in Jhrem Verkehr und Absatze, sey es auch durch die erlaubteste und rechtmäßigste Handlung von der Welt, im Minde- sten nachtheilig wird, der schlechteste Mensch und der ärgste Dieb und Räuber ist, so würden Sie nicht allein gegen die Nachdrucker, sondern mit gleichem Rechte gegen die Bücherverleiher und gegen Jeden, der ein Buch benutzt und liest, welches er blos geliehen hat, über Raub und Diebstahl geklagt haben. Auf jeden Fall thaten Sie sehr unrecht gegen Sich Selbst und Jhren Verkehr, daß Sie Jhrer Beschwerde nicht diese Ausdehnung gaben. Da übrigens nach Jhrer eigenen Behaup- tung alles Unrechtmäßige und Ehrlose des Nachdrucks nicht in der Handlung des Nachdruckens selbst, sondern blos in dem vermeintlichen Schaden liegt, der Jhnen dadurch entsteht, so frägt sich immer: mit welchem Recht soll der Sittenlehrer wohl den Nachdruck als unmoralisch ver- dammen, und der Gesetzgeber ihn als
die Debatten über den Büchernachdruck (Stuttgart 1822) S. 1207.
»Sey es eine Parabel — Parabeln verſinnlichen und lehren!«
Und Sie, meine Herren Buchhaͤndler, haͤtten Sie doch fruͤher beherziget, wie reich an fruchtbaren praktiſchen Folgerungen der unumſtoͤßliche Grund- ſatz iſt, daß Jeder, der Jhnen in Jhrem Verkehr und Abſatze, ſey es auch durch die erlaubteſte und rechtmaͤßigſte Handlung von der Welt, im Minde- ſten nachtheilig wird, der ſchlechteſte Menſch und der aͤrgſte Dieb und Raͤuber iſt, ſo wuͤrden Sie nicht allein gegen die Nachdrucker, ſondern mit gleichem Rechte gegen die Buͤcherverleiher und gegen Jeden, der ein Buch benutzt und liest, welches er blos geliehen hat, uͤber Raub und Diebſtahl geklagt haben. Auf jeden Fall thaten Sie ſehr unrecht gegen Sich Selbſt und Jhren Verkehr, daß Sie Jhrer Beſchwerde nicht dieſe Ausdehnung gaben. Da uͤbrigens nach Jhrer eigenen Behaup- tung alles Unrechtmaͤßige und Ehrloſe des Nachdrucks nicht in der Handlung des Nachdruckens ſelbſt, ſondern blos in dem vermeintlichen Schaden liegt, der Jhnen dadurch entſteht, ſo fraͤgt ſich immer: mit welchem Recht ſoll der Sittenlehrer wohl den Nachdruck als unmoraliſch ver- dammen, und der Geſetzgeber ihn als
die Debatten uͤber den Buͤchernachdruck (Stuttgart 1822) S. 1207.
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»Sey es eine Parabel — Parabeln verſinnlichen
und lehren!«
Und Sie, meine Herren Buchhaͤndler, haͤtten
Sie doch fruͤher beherziget, wie reich an fruchtbaren
praktiſchen Folgerungen der unumſtoͤßliche Grund-
ſatz iſt, daß Jeder, der Jhnen in Jhrem Verkehr
und Abſatze, ſey es auch durch die erlaubteſte und
rechtmaͤßigſte Handlung von der Welt, im Minde-
ſten nachtheilig wird, der ſchlechteſte Menſch und
der aͤrgſte Dieb und Raͤuber iſt, ſo wuͤrden Sie
nicht allein gegen die Nachdrucker, ſondern mit
gleichem Rechte gegen die Buͤcherverleiher und gegen
Jeden, der ein Buch benutzt und liest, welches er
blos geliehen hat, uͤber Raub und Diebſtahl geklagt
haben. Auf jeden Fall thaten Sie ſehr unrecht
gegen Sich Selbſt und Jhren Verkehr, daß Sie
Jhrer Beſchwerde nicht dieſe Ausdehnung gaben.
Da uͤbrigens nach Jhrer eigenen Behaup-
tung alles Unrechtmaͤßige und Ehrloſe
des Nachdrucks nicht in der Handlung des
Nachdruckens ſelbſt, ſondern blos in dem
vermeintlichen Schaden liegt, der Jhnen
dadurch entſteht, ſo fraͤgt ſich immer:
mit welchem Recht ſoll der Sittenlehrer
wohl den Nachdruck als unmoraliſch ver-
dammen, und der Geſetzgeber ihn als
*)
*) die Debatten uͤber den Buͤchernachdruck
(Stuttgart 1822) S. 1207.
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/33>, abgerufen am 23.11.2024.
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