Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.Aber fährt man vertheidigend fort, die Klö- Weins, Flasche an Flasche, aufgesetzt wurden. Die
Tische bogen sich unter der Menge und Last der aus- gesuchtesten Speisen. Nach einem Zwischenraum von etwa einer Stunde begann das Abendessen, welches mit einem Punsch beschlossen ward. Zu diesem Punsch dienten, als Bowlen, zwei mächtige, eigends dazu verfertigte, mit einem sehr wohlriechenden Harz aus- gestrichene Zuber, von denen jeder siebzig bis acht- zig Flaschen halten mochte. Die ganze Gesellschaft, mit Einschluß der Mönche, bestand etwa aus sechzig Personen, und ihre Unterhaltung während dieses Bacchanals drehte sich um alle nur möglichen Sün- den wider das sechste Gebot, wobei die jungen Mönche, welche sämmtlich wie Feuerrosen glühten, vorzüglich das Wort führten, und sich als sehr gründliche Theoretiker zeigten. Sr. Hochwürden, der Herr Abt wollte zerspringen vor Lachen. Erst, als der Morgen anbrach, begab man sich zur Ruhe. Alles schlief im Speisesaal und in den Zellen bunt durch einander, Katholiken, Lutheraner und Reformirte, Mönche und Laien; und die Köpfe der meisten wa- ren beim Ankleiden so befangen, daß Offiziere in Mönchskutten und Mönche in Uniformen zum Früh- stück kamen. Das war der glücklichste Tag meines Lebens, sagte der Abt, als wir fort ritten. Man will unsere Weinkeller säkularisiren; das mögen sie thun, die verfl -- Ketzer! Aber den Wein sollen sie nur in unsern Bäuchen finden! Aber faͤhrt man vertheidigend fort, die Kloͤ- Weins, Flaſche an Flaſche, aufgeſetzt wurden. Die
Tiſche bogen ſich unter der Menge und Laſt der aus- geſuchteſten Speiſen. Nach einem Zwiſchenraum von etwa einer Stunde begann das Abendeſſen, welches mit einem Punſch beſchloſſen ward. Zu dieſem Punſch dienten, als Bowlen, zwei maͤchtige, eigends dazu verfertigte, mit einem ſehr wohlriechenden Harz aus- geſtrichene Zuber, von denen jeder ſiebzig bis acht- zig Flaſchen halten mochte. Die ganze Geſellſchaft, mit Einſchluß der Moͤnche, beſtand etwa aus ſechzig Perſonen, und ihre Unterhaltung waͤhrend dieſes Bacchanals drehte ſich um alle nur moͤglichen Suͤn- den wider das ſechste Gebot, wobei die jungen Moͤnche, welche ſaͤmmtlich wie Feuerroſen gluͤhten, vorzuͤglich das Wort fuͤhrten, und ſich als ſehr gruͤndliche Theoretiker zeigten. Sr. Hochwuͤrden, der Herr Abt wollte zerſpringen vor Lachen. Erſt, als der Morgen anbrach, begab man ſich zur Ruhe. Alles ſchlief im Speiſeſaal und in den Zellen bunt durch einander, Katholiken, Lutheraner und Reformirte, Moͤnche und Laien; und die Koͤpfe der meiſten wa- ren beim Ankleiden ſo befangen, daß Offiziere in Moͤnchskutten und Moͤnche in Uniformen zum Fruͤh- ſtuͤck kamen. Das war der gluͤcklichſte Tag meines Lebens, ſagte der Abt, als wir fort ritten. Man will unſere Weinkeller ſaͤkulariſiren; das moͤgen ſie thun, die verfl — Ketzer! Aber den Wein ſollen ſie nur in unſern Baͤuchen finden! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0290" n="290"/> <p>Aber faͤhrt man vertheidigend fort, die Kloͤ-<lb/> ſter haben doch die groͤßten Anſpruͤche auf die Dank-<lb/> barkeit der ganzen gebildeten Menſchheit. Waren<lb/><note xml:id="seg2pn_13_2" prev="#seg2pn_13_1" place="foot" n="*)">Weins, Flaſche an Flaſche, aufgeſetzt wurden. Die<lb/> Tiſche bogen ſich unter der Menge und Laſt der aus-<lb/> geſuchteſten Speiſen. Nach einem Zwiſchenraum von<lb/> etwa einer Stunde begann das Abendeſſen, welches<lb/> mit einem Punſch beſchloſſen ward. Zu dieſem Punſch<lb/> dienten, als Bowlen, zwei maͤchtige, eigends dazu<lb/> verfertigte, mit einem ſehr wohlriechenden Harz aus-<lb/> geſtrichene Zuber, von denen jeder ſiebzig bis acht-<lb/> zig Flaſchen halten mochte. Die ganze Geſellſchaft,<lb/> mit Einſchluß der Moͤnche, beſtand etwa aus ſechzig<lb/> Perſonen, und ihre Unterhaltung waͤhrend dieſes<lb/> Bacchanals drehte ſich um alle nur moͤglichen Suͤn-<lb/> den wider das ſechste Gebot, wobei die jungen<lb/> Moͤnche, welche ſaͤmmtlich wie Feuerroſen gluͤhten,<lb/> vorzuͤglich das Wort fuͤhrten, und ſich als ſehr<lb/> gruͤndliche Theoretiker zeigten. Sr. Hochwuͤrden, der<lb/> Herr Abt wollte zerſpringen vor Lachen. Erſt, als der<lb/> Morgen anbrach, begab man ſich zur Ruhe. Alles<lb/> ſchlief im Speiſeſaal und in den Zellen bunt durch<lb/> einander, Katholiken, Lutheraner und Reformirte,<lb/> Moͤnche und Laien; und die Koͤpfe der meiſten wa-<lb/> ren beim Ankleiden ſo befangen, daß Offiziere in<lb/> Moͤnchskutten und Moͤnche in Uniformen zum Fruͤh-<lb/> ſtuͤck kamen. Das war der gluͤcklichſte Tag meines<lb/> Lebens, ſagte der Abt, als wir fort ritten. Man<lb/> will unſere Weinkeller ſaͤkulariſiren; das moͤgen ſie<lb/> thun, die verfl — Ketzer! Aber den Wein ſollen<lb/> ſie nur in unſern Baͤuchen finden!</note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [290/0290]
Aber faͤhrt man vertheidigend fort, die Kloͤ-
ſter haben doch die groͤßten Anſpruͤche auf die Dank-
barkeit der ganzen gebildeten Menſchheit. Waren
*)
*) Weins, Flaſche an Flaſche, aufgeſetzt wurden. Die
Tiſche bogen ſich unter der Menge und Laſt der aus-
geſuchteſten Speiſen. Nach einem Zwiſchenraum von
etwa einer Stunde begann das Abendeſſen, welches
mit einem Punſch beſchloſſen ward. Zu dieſem Punſch
dienten, als Bowlen, zwei maͤchtige, eigends dazu
verfertigte, mit einem ſehr wohlriechenden Harz aus-
geſtrichene Zuber, von denen jeder ſiebzig bis acht-
zig Flaſchen halten mochte. Die ganze Geſellſchaft,
mit Einſchluß der Moͤnche, beſtand etwa aus ſechzig
Perſonen, und ihre Unterhaltung waͤhrend dieſes
Bacchanals drehte ſich um alle nur moͤglichen Suͤn-
den wider das ſechste Gebot, wobei die jungen
Moͤnche, welche ſaͤmmtlich wie Feuerroſen gluͤhten,
vorzuͤglich das Wort fuͤhrten, und ſich als ſehr
gruͤndliche Theoretiker zeigten. Sr. Hochwuͤrden, der
Herr Abt wollte zerſpringen vor Lachen. Erſt, als der
Morgen anbrach, begab man ſich zur Ruhe. Alles
ſchlief im Speiſeſaal und in den Zellen bunt durch
einander, Katholiken, Lutheraner und Reformirte,
Moͤnche und Laien; und die Koͤpfe der meiſten wa-
ren beim Ankleiden ſo befangen, daß Offiziere in
Moͤnchskutten und Moͤnche in Uniformen zum Fruͤh-
ſtuͤck kamen. Das war der gluͤcklichſte Tag meines
Lebens, ſagte der Abt, als wir fort ritten. Man
will unſere Weinkeller ſaͤkulariſiren; das moͤgen ſie
thun, die verfl — Ketzer! Aber den Wein ſollen
ſie nur in unſern Baͤuchen finden!
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |