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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

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und Abgaben, die man uns auflegt. Wir fühlen
es sehr wohl, daß man dem Pfunde, welches wir
vormals zu tragen hatten, noch einen Centner hin-
zugefügt hat.

Das ist eurer Sünden Schuld! erwiederten
Pfaffen und Mönche. Man vergreift sich nicht um-
sonst an dem Eigenthum Gottes und seiner Kirche!
Diese Antwort fand leicht bei Höhern und Niedri-
gern Gehör, und selbst geistreiche Männer *) unserer
Tage verschreien jetzt die Säkularisation der geist-
lichen Besitzungen als die größte Ungerechtigkeit,
und entsehen sich nicht, laut und eifrig der gänzli-
chen Wiederherstellung des Pfaffen- und Mönch-
thums das Wort zu reden.

Die Säkularisation, sagt man, war eine Ver-
letzung der Rechte aller Welt- und Klostergeistli-

*) Unter ihnen sogar ein Komödiant! M. s. Bruch-
stücke aus den Ruinen meines Lebens
von
H -- l (Heigel) Aarau 1820. Brodneid war
die Ursache der Feindschaft, welche von jeher zwischen
Pfaffen und Schauspielern herrschte. Hätten beide
ihre Vortheile gehörig gekannt, und sich, wie Ver-
nunft und Pflicht es erheischten, brüderlich vertra-
gen, so wären die Priester nicht so oft die Ziel-
scheibe witziger Spötter gewesen, und die Schauspie-
ler würden von allen Stillen und Gläubigen verehrt
worden seyn. Ob man ein geistliches oder weltliches
Lustspiel aufführt; ob man auf einer Kanzel oder
auf einer Schaubühne den Harlekin macht, ist
wahrlich sehr gleichgültig.

und Abgaben, die man uns auflegt. Wir fuͤhlen
es ſehr wohl, daß man dem Pfunde, welches wir
vormals zu tragen hatten, noch einen Centner hin-
zugefuͤgt hat.

Das iſt eurer Suͤnden Schuld! erwiederten
Pfaffen und Moͤnche. Man vergreift ſich nicht um-
ſonſt an dem Eigenthum Gottes und ſeiner Kirche!
Dieſe Antwort fand leicht bei Hoͤhern und Niedri-
gern Gehoͤr, und ſelbſt geiſtreiche Maͤnner *) unſerer
Tage verſchreien jetzt die Saͤkulariſation der geiſt-
lichen Beſitzungen als die groͤßte Ungerechtigkeit,
und entſehen ſich nicht, laut und eifrig der gaͤnzli-
chen Wiederherſtellung des Pfaffen- und Moͤnch-
thums das Wort zu reden.

Die Saͤkulariſation, ſagt man, war eine Ver-
letzung der Rechte aller Welt- und Kloſtergeiſtli-

*) Unter ihnen ſogar ein Komoͤdiant! M. ſ. Bruch-
ſtuͤcke aus den Ruinen meines Lebens
von
H — l (Heigel) Aarau 1820. Brodneid war
die Urſache der Feindſchaft, welche von jeher zwiſchen
Pfaffen und Schauſpielern herrſchte. Haͤtten beide
ihre Vortheile gehoͤrig gekannt, und ſich, wie Ver-
nunft und Pflicht es erheiſchten, bruͤderlich vertra-
gen, ſo waͤren die Prieſter nicht ſo oft die Ziel-
ſcheibe witziger Spoͤtter geweſen, und die Schauſpie-
ler wuͤrden von allen Stillen und Glaͤubigen verehrt
worden ſeyn. Ob man ein geiſtliches oder weltliches
Luſtſpiel auffuͤhrt; ob man auf einer Kanzel oder
auf einer Schaubuͤhne den Harlekin macht, iſt
wahrlich ſehr gleichguͤltig.
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[285/0285] und Abgaben, die man uns auflegt. Wir fuͤhlen es ſehr wohl, daß man dem Pfunde, welches wir vormals zu tragen hatten, noch einen Centner hin- zugefuͤgt hat. Das iſt eurer Suͤnden Schuld! erwiederten Pfaffen und Moͤnche. Man vergreift ſich nicht um- ſonſt an dem Eigenthum Gottes und ſeiner Kirche! Dieſe Antwort fand leicht bei Hoͤhern und Niedri- gern Gehoͤr, und ſelbſt geiſtreiche Maͤnner *) unſerer Tage verſchreien jetzt die Saͤkulariſation der geiſt- lichen Beſitzungen als die groͤßte Ungerechtigkeit, und entſehen ſich nicht, laut und eifrig der gaͤnzli- chen Wiederherſtellung des Pfaffen- und Moͤnch- thums das Wort zu reden. Die Saͤkulariſation, ſagt man, war eine Ver- letzung der Rechte aller Welt- und Kloſtergeiſtli- *) Unter ihnen ſogar ein Komoͤdiant! M. ſ. Bruch- ſtuͤcke aus den Ruinen meines Lebens von H — l (Heigel) Aarau 1820. Brodneid war die Urſache der Feindſchaft, welche von jeher zwiſchen Pfaffen und Schauſpielern herrſchte. Haͤtten beide ihre Vortheile gehoͤrig gekannt, und ſich, wie Ver- nunft und Pflicht es erheiſchten, bruͤderlich vertra- gen, ſo waͤren die Prieſter nicht ſo oft die Ziel- ſcheibe witziger Spoͤtter geweſen, und die Schauſpie- ler wuͤrden von allen Stillen und Glaͤubigen verehrt worden ſeyn. Ob man ein geiſtliches oder weltliches Luſtſpiel auffuͤhrt; ob man auf einer Kanzel oder auf einer Schaubuͤhne den Harlekin macht, iſt wahrlich ſehr gleichguͤltig.

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Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/285>, abgerufen am 25.11.2024.