Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

königliche Betschwester kann eine ganze aufgeklärte
Nation mit ägyptischer Finsterniß bedecken.

Kaiser Joseph der Zweite, um dessen Tugen-
den willen die Geschichte dereinst manche Unthaten
und Schwachheiten vieler seiner Vorfahren und
Nachkommen mit dem Mantel der Liebe bedecken
wird, gab zuerst den katholischen Fürsten ein glän-
zendes Beispiel, wie ein vernünftiger Regent, dem
das Wohl seiner Völker kein Scherz ist, mit Pfaf-
fen und Mönchen verfahren muß. Mochten die geist-
lichen Hummeln und ihr verblendeter Anhang noch
so sehr toben und wüthen; Joseph behielt dennoch
die Stimme aller Vernünftigen für sich. Freilich
mußte er seine raschen Schritte mit dem Leben be-
zahlen, allein ein Fürst, wie Er, stirbt immer auf
dem Bette der Ehren, wenn er auch von einem
Jesuiten oder Dominikaner vergiftet wird. Die
französische Staatsumwälzung und der Lüneviller
Friedenschluß schienen späterhin dem Pfaffen- und
Mönchthum ein gänzliches Verderben zu drohen, denn
zahllos war die Menge der Erzbisthümer und Bis-
thümer, der Abteien, Klöster und geistlichen Stif-
tungen, welche säkularisirt wurden, um Fürsten
und Völkern zum Ersatz für die Schäden zu dienen,
die sie durch Kriege und noch mehr durch Friedens-
verträge erlitten hatten. Leider, zeigte sich aber
bald, daß nicht allenthalben zum Besten der un-
glücklichen Völker, sondern häufig blos zum Vor-

24 *

koͤnigliche Betſchweſter kann eine ganze aufgeklaͤrte
Nation mit aͤgyptiſcher Finſterniß bedecken.

Kaiſer Joſeph der Zweite, um deſſen Tugen-
den willen die Geſchichte dereinſt manche Unthaten
und Schwachheiten vieler ſeiner Vorfahren und
Nachkommen mit dem Mantel der Liebe bedecken
wird, gab zuerſt den katholiſchen Fuͤrſten ein glaͤn-
zendes Beiſpiel, wie ein vernuͤnftiger Regent, dem
das Wohl ſeiner Voͤlker kein Scherz iſt, mit Pfaf-
fen und Moͤnchen verfahren muß. Mochten die geiſt-
lichen Hummeln und ihr verblendeter Anhang noch
ſo ſehr toben und wuͤthen; Joſeph behielt dennoch
die Stimme aller Vernuͤnftigen fuͤr ſich. Freilich
mußte er ſeine raſchen Schritte mit dem Leben be-
zahlen, allein ein Fuͤrſt, wie Er, ſtirbt immer auf
dem Bette der Ehren, wenn er auch von einem
Jeſuiten oder Dominikaner vergiftet wird. Die
franzoͤſiſche Staatsumwaͤlzung und der Luͤneviller
Friedenſchluß ſchienen ſpaͤterhin dem Pfaffen- und
Moͤnchthum ein gaͤnzliches Verderben zu drohen, denn
zahllos war die Menge der Erzbisthuͤmer und Bis-
thuͤmer, der Abteien, Kloͤſter und geiſtlichen Stif-
tungen, welche ſaͤkulariſirt wurden, um Fuͤrſten
und Voͤlkern zum Erſatz fuͤr die Schaͤden zu dienen,
die ſie durch Kriege und noch mehr durch Friedens-
vertraͤge erlitten hatten. Leider, zeigte ſich aber
bald, daß nicht allenthalben zum Beſten der un-
gluͤcklichen Voͤlker, ſondern haͤufig blos zum Vor-

24 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0283" n="283"/>
ko&#x0364;nigliche Bet&#x017F;chwe&#x017F;ter kann eine ganze aufgekla&#x0364;rte<lb/>
Nation mit a&#x0364;gypti&#x017F;cher Fin&#x017F;terniß bedecken.</p><lb/>
        <p>Kai&#x017F;er Jo&#x017F;eph der Zweite, um de&#x017F;&#x017F;en Tugen-<lb/>
den willen die Ge&#x017F;chichte derein&#x017F;t manche Unthaten<lb/>
und Schwachheiten vieler &#x017F;einer Vorfahren und<lb/>
Nachkommen mit dem Mantel der Liebe bedecken<lb/>
wird, gab zuer&#x017F;t den katholi&#x017F;chen Fu&#x0364;r&#x017F;ten ein gla&#x0364;n-<lb/>
zendes Bei&#x017F;piel, wie ein vernu&#x0364;nftiger Regent, dem<lb/>
das Wohl &#x017F;einer Vo&#x0364;lker kein Scherz i&#x017F;t, mit Pfaf-<lb/>
fen und Mo&#x0364;nchen verfahren muß. Mochten die gei&#x017F;t-<lb/>
lichen Hummeln und ihr verblendeter Anhang noch<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ehr toben und wu&#x0364;then; Jo&#x017F;eph behielt dennoch<lb/>
die Stimme aller Vernu&#x0364;nftigen fu&#x0364;r &#x017F;ich. Freilich<lb/>
mußte er &#x017F;eine ra&#x017F;chen Schritte mit dem Leben be-<lb/>
zahlen, allein ein Fu&#x0364;r&#x017F;t, wie Er, &#x017F;tirbt immer auf<lb/>
dem Bette der Ehren, wenn er auch von einem<lb/>
Je&#x017F;uiten oder Dominikaner vergiftet wird. Die<lb/>
franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che Staatsumwa&#x0364;lzung und der Lu&#x0364;neviller<lb/>
Frieden&#x017F;chluß &#x017F;chienen &#x017F;pa&#x0364;terhin dem Pfaffen- und<lb/>
Mo&#x0364;nchthum ein ga&#x0364;nzliches Verderben zu drohen, denn<lb/>
zahllos war die Menge der Erzbisthu&#x0364;mer und Bis-<lb/>
thu&#x0364;mer, der Abteien, Klo&#x0364;&#x017F;ter und gei&#x017F;tlichen Stif-<lb/>
tungen, welche &#x017F;a&#x0364;kulari&#x017F;irt wurden, um Fu&#x0364;r&#x017F;ten<lb/>
und Vo&#x0364;lkern zum Er&#x017F;atz fu&#x0364;r die Scha&#x0364;den zu dienen,<lb/>
die &#x017F;ie durch Kriege und noch mehr durch Friedens-<lb/>
vertra&#x0364;ge erlitten hatten. Leider, zeigte &#x017F;ich aber<lb/>
bald, daß nicht allenthalben zum Be&#x017F;ten der un-<lb/>
glu&#x0364;cklichen Vo&#x0364;lker, &#x017F;ondern ha&#x0364;ufig blos zum Vor-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">24 *</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[283/0283] koͤnigliche Betſchweſter kann eine ganze aufgeklaͤrte Nation mit aͤgyptiſcher Finſterniß bedecken. Kaiſer Joſeph der Zweite, um deſſen Tugen- den willen die Geſchichte dereinſt manche Unthaten und Schwachheiten vieler ſeiner Vorfahren und Nachkommen mit dem Mantel der Liebe bedecken wird, gab zuerſt den katholiſchen Fuͤrſten ein glaͤn- zendes Beiſpiel, wie ein vernuͤnftiger Regent, dem das Wohl ſeiner Voͤlker kein Scherz iſt, mit Pfaf- fen und Moͤnchen verfahren muß. Mochten die geiſt- lichen Hummeln und ihr verblendeter Anhang noch ſo ſehr toben und wuͤthen; Joſeph behielt dennoch die Stimme aller Vernuͤnftigen fuͤr ſich. Freilich mußte er ſeine raſchen Schritte mit dem Leben be- zahlen, allein ein Fuͤrſt, wie Er, ſtirbt immer auf dem Bette der Ehren, wenn er auch von einem Jeſuiten oder Dominikaner vergiftet wird. Die franzoͤſiſche Staatsumwaͤlzung und der Luͤneviller Friedenſchluß ſchienen ſpaͤterhin dem Pfaffen- und Moͤnchthum ein gaͤnzliches Verderben zu drohen, denn zahllos war die Menge der Erzbisthuͤmer und Bis- thuͤmer, der Abteien, Kloͤſter und geiſtlichen Stif- tungen, welche ſaͤkulariſirt wurden, um Fuͤrſten und Voͤlkern zum Erſatz fuͤr die Schaͤden zu dienen, die ſie durch Kriege und noch mehr durch Friedens- vertraͤge erlitten hatten. Leider, zeigte ſich aber bald, daß nicht allenthalben zum Beſten der un- gluͤcklichen Voͤlker, ſondern haͤufig blos zum Vor- 24 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/283
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/283>, abgerufen am 22.11.2024.