Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

man nicht allein, dann blendet man auch. Wer
nur den Pfiff versteht, wer nur Meister in der
Kunst ist, alle sittlichen und Rechtsgrundsätze gehö-
rig zu verwirren, der kann den Teufel zum Heili-
gen und unsern Herrgott zum Beelzebub machen.

Doch, lassen Sie uns noch einige Augenblicke
bei dem Garten und den Schlüsseln verweilen. Ge-
setzt also, ein Garteneigenthümer verkauft mir einen
Schlüssel zu seinem Garten, um mich darin zu
belustigen und zu belehren; mit welchem Rechte
kann er mir dann verbieten, mir einen leeren, gleich
großen Platz zu kaufen, dieselben Anlagen darauf
zu machen, dieselben Gewächse dort in gleichen Li-
nien zu pflanzen, ebenfalls Schlüssel dazu zu ma-
chen, und diese, so wie er die seinigen, aber zu
wohlfeilerm Preise zu verkaufen? Wie kann er mir
dies wehren? Jch lasse ihm ja seinen Garten; ich
lasse ihm alle seine Anlagen und Gewächse darin.
Die Lusthäuser in dem meinigen habe ich aus mei-
nem Holze gebauet, die Pflanzen aus dem von mir
erkauften Saamen gezogen. Jch stehle ihm nichts.
Daß ich meine Schlüssel zu wohlfeilerm Preise ver-
kaufe, als er die seinigen, ist nicht meine, es ist
seine Schuld; er könnte seine Schlüssel ja eben so
wohlfeil verkaufen; allein das will er nicht, um
einen hebräischen Gewinn zu ziehen. Auch dem fein-
sinnigen Kunstgärtner, der seinen Garten anlegte,
entziehe ich gar nichts von der Ehre der ersten Er-

man nicht allein, dann blendet man auch. Wer
nur den Pfiff verſteht, wer nur Meiſter in der
Kunſt iſt, alle ſittlichen und Rechtsgrundſaͤtze gehoͤ-
rig zu verwirren, der kann den Teufel zum Heili-
gen und unſern Herrgott zum Beelzebub machen.

Doch, laſſen Sie uns noch einige Augenblicke
bei dem Garten und den Schluͤſſeln verweilen. Ge-
ſetzt alſo, ein Garteneigenthuͤmer verkauft mir einen
Schluͤſſel zu ſeinem Garten, um mich darin zu
beluſtigen und zu belehren; mit welchem Rechte
kann er mir dann verbieten, mir einen leeren, gleich
großen Platz zu kaufen, dieſelben Anlagen darauf
zu machen, dieſelben Gewaͤchſe dort in gleichen Li-
nien zu pflanzen, ebenfalls Schluͤſſel dazu zu ma-
chen, und dieſe, ſo wie er die ſeinigen, aber zu
wohlfeilerm Preiſe zu verkaufen? Wie kann er mir
dies wehren? Jch laſſe ihm ja ſeinen Garten; ich
laſſe ihm alle ſeine Anlagen und Gewaͤchſe darin.
Die Luſthaͤuſer in dem meinigen habe ich aus mei-
nem Holze gebauet, die Pflanzen aus dem von mir
erkauften Saamen gezogen. Jch ſtehle ihm nichts.
Daß ich meine Schluͤſſel zu wohlfeilerm Preiſe ver-
kaufe, als er die ſeinigen, iſt nicht meine, es iſt
ſeine Schuld; er koͤnnte ſeine Schluͤſſel ja eben ſo
wohlfeil verkaufen; allein das will er nicht, um
einen hebraͤiſchen Gewinn zu ziehen. Auch dem fein-
ſinnigen Kunſtgaͤrtner, der ſeinen Garten anlegte,
entziehe ich gar nichts von der Ehre der erſten Er-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0028" n="28"/>
man nicht allein, dann blendet man auch. Wer<lb/>
nur den Pfiff ver&#x017F;teht, wer nur Mei&#x017F;ter in der<lb/>
Kun&#x017F;t i&#x017F;t, alle &#x017F;ittlichen und Rechtsgrund&#x017F;a&#x0364;tze geho&#x0364;-<lb/>
rig zu verwirren, der kann den Teufel zum Heili-<lb/>
gen und un&#x017F;ern Herrgott zum Beelzebub machen.</p><lb/>
        <p>Doch, la&#x017F;&#x017F;en Sie uns noch einige Augenblicke<lb/>
bei dem Garten und den Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;eln verweilen. Ge-<lb/>
&#x017F;etzt al&#x017F;o, ein Garteneigenthu&#x0364;mer verkauft mir einen<lb/>
Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el zu &#x017F;einem Garten, um mich darin zu<lb/>
belu&#x017F;tigen und zu belehren; mit welchem Rechte<lb/>
kann er mir dann verbieten, mir einen leeren, gleich<lb/>
großen Platz zu kaufen, die&#x017F;elben Anlagen darauf<lb/>
zu machen, die&#x017F;elben Gewa&#x0364;ch&#x017F;e dort in gleichen Li-<lb/>
nien zu pflanzen, ebenfalls Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el dazu zu ma-<lb/>
chen, und die&#x017F;e, &#x017F;o wie er die &#x017F;einigen, aber zu<lb/>
wohlfeilerm Prei&#x017F;e zu verkaufen? Wie kann er mir<lb/>
dies wehren? Jch la&#x017F;&#x017F;e ihm ja &#x017F;einen Garten; ich<lb/>
la&#x017F;&#x017F;e ihm alle &#x017F;eine Anlagen und Gewa&#x0364;ch&#x017F;e darin.<lb/>
Die Lu&#x017F;tha&#x0364;u&#x017F;er in dem meinigen habe ich aus mei-<lb/>
nem Holze gebauet, die Pflanzen aus dem von mir<lb/>
erkauften Saamen gezogen. Jch &#x017F;tehle ihm nichts.<lb/>
Daß ich meine Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el zu wohlfeilerm Prei&#x017F;e ver-<lb/>
kaufe, als er die &#x017F;einigen, i&#x017F;t nicht meine, es i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;eine Schuld; er ko&#x0364;nnte &#x017F;eine Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el ja eben &#x017F;o<lb/>
wohlfeil verkaufen; allein das will er nicht, um<lb/>
einen hebra&#x0364;i&#x017F;chen Gewinn zu ziehen. Auch dem fein-<lb/>
&#x017F;innigen Kun&#x017F;tga&#x0364;rtner, der &#x017F;einen Garten anlegte,<lb/>
entziehe ich gar nichts von der Ehre der er&#x017F;ten Er-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[28/0028] man nicht allein, dann blendet man auch. Wer nur den Pfiff verſteht, wer nur Meiſter in der Kunſt iſt, alle ſittlichen und Rechtsgrundſaͤtze gehoͤ- rig zu verwirren, der kann den Teufel zum Heili- gen und unſern Herrgott zum Beelzebub machen. Doch, laſſen Sie uns noch einige Augenblicke bei dem Garten und den Schluͤſſeln verweilen. Ge- ſetzt alſo, ein Garteneigenthuͤmer verkauft mir einen Schluͤſſel zu ſeinem Garten, um mich darin zu beluſtigen und zu belehren; mit welchem Rechte kann er mir dann verbieten, mir einen leeren, gleich großen Platz zu kaufen, dieſelben Anlagen darauf zu machen, dieſelben Gewaͤchſe dort in gleichen Li- nien zu pflanzen, ebenfalls Schluͤſſel dazu zu ma- chen, und dieſe, ſo wie er die ſeinigen, aber zu wohlfeilerm Preiſe zu verkaufen? Wie kann er mir dies wehren? Jch laſſe ihm ja ſeinen Garten; ich laſſe ihm alle ſeine Anlagen und Gewaͤchſe darin. Die Luſthaͤuſer in dem meinigen habe ich aus mei- nem Holze gebauet, die Pflanzen aus dem von mir erkauften Saamen gezogen. Jch ſtehle ihm nichts. Daß ich meine Schluͤſſel zu wohlfeilerm Preiſe ver- kaufe, als er die ſeinigen, iſt nicht meine, es iſt ſeine Schuld; er koͤnnte ſeine Schluͤſſel ja eben ſo wohlfeil verkaufen; allein das will er nicht, um einen hebraͤiſchen Gewinn zu ziehen. Auch dem fein- ſinnigen Kunſtgaͤrtner, der ſeinen Garten anlegte, entziehe ich gar nichts von der Ehre der erſten Er-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/28
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/28>, abgerufen am 23.11.2024.