Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

tigen christlichen Pfaffen. Empörend ist es und
schändlich, wenn ein Volkslehrer, der die sanfte lie-
bevolle Lehre des Heilandes verkündigen soll, selbst
von der Kanzel herab sich die boshaftesten Verun-
glimpfungen erlaubt, und oft die Ehre, das Gluck
und die Ruhe ganzer Familien zu untergraben sucht.
Leider giebt es solcher Bonzen noch immer sehr viel,
und selbst in Ländern, wo ihnen dergleichen nament-
liche Schmähungen untersagt sind, wissen sie durch hä-
mische Anspielungen, die häufig schlimmer ausgelegt
werden, als der Urheber vielleicht selbst es im Sinn
hat, ihrem Nächsten zu schaden. Jhre Klatschsucht
ermangelt dann auch selten, dem, der zu ihrer geist-
lichen Satyre den Schlüßel nicht hat, damit recht
dienstfertig an die Hand zu gehen.

Sie wollen immer heiliger und besser seyn,
als alle andere Menschen; selbst dem Heilande und
seinen ersten Jüngern möchten sie es, dem äußern
Schein nach, gleich, oder wohl gar noch zuvor thun,
und daher wird jede schuldlose Freude als eitle
Augen- und Fleischeslust von ihnen verdammt und
begeifert. Sie bedenken es nicht, diese gottseligen
Männer, daß der Schöpfer seine Welt nicht um-
sonst so herrlich geschmückt hat; daß er den Trieb
zur Geselligkeit und gegenseitigen Mittheilung, die
Empfindungen der Freundschaft und der Liebe
in unsre Brust pflanzte, um uns dadurch zu ver-
edeln, und uns immer mehr zu sich hinan zu bilden.

tigen chriſtlichen Pfaffen. Empoͤrend iſt es und
ſchaͤndlich, wenn ein Volkslehrer, der die ſanfte lie-
bevolle Lehre des Heilandes verkuͤndigen ſoll, ſelbſt
von der Kanzel herab ſich die boshafteſten Verun-
glimpfungen erlaubt, und oft die Ehre, das Gluck
und die Ruhe ganzer Familien zu untergraben ſucht.
Leider giebt es ſolcher Bonzen noch immer ſehr viel,
und ſelbſt in Laͤndern, wo ihnen dergleichen nament-
liche Schmaͤhungen unterſagt ſind, wiſſen ſie durch haͤ-
miſche Anſpielungen, die haͤufig ſchlimmer ausgelegt
werden, als der Urheber vielleicht ſelbſt es im Sinn
hat, ihrem Naͤchſten zu ſchaden. Jhre Klatſchſucht
ermangelt dann auch ſelten, dem, der zu ihrer geiſt-
lichen Satyre den Schluͤßel nicht hat, damit recht
dienſtfertig an die Hand zu gehen.

Sie wollen immer heiliger und beſſer ſeyn,
als alle andere Menſchen; ſelbſt dem Heilande und
ſeinen erſten Juͤngern moͤchten ſie es, dem aͤußern
Schein nach, gleich, oder wohl gar noch zuvor thun,
und daher wird jede ſchuldloſe Freude als eitle
Augen- und Fleiſchesluſt von ihnen verdammt und
begeifert. Sie bedenken es nicht, dieſe gottſeligen
Maͤnner, daß der Schoͤpfer ſeine Welt nicht um-
ſonſt ſo herrlich geſchmuͤckt hat; daß er den Trieb
zur Geſelligkeit und gegenſeitigen Mittheilung, die
Empfindungen der Freundſchaft und der Liebe
in unſre Bruſt pflanzte, um uns dadurch zu ver-
edeln, und uns immer mehr zu ſich hinan zu bilden.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0244" n="244"/>
tigen chri&#x017F;tlichen Pfaffen. Empo&#x0364;rend i&#x017F;t es und<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;ndlich, wenn ein Volkslehrer, der die &#x017F;anfte lie-<lb/>
bevolle Lehre des Heilandes verku&#x0364;ndigen &#x017F;oll, &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
von der Kanzel herab &#x017F;ich die boshafte&#x017F;ten Verun-<lb/>
glimpfungen erlaubt, und oft die Ehre, das Gluck<lb/>
und die Ruhe ganzer Familien zu untergraben &#x017F;ucht.<lb/>
Leider giebt es &#x017F;olcher Bonzen noch immer &#x017F;ehr viel,<lb/>
und &#x017F;elb&#x017F;t in La&#x0364;ndern, wo ihnen dergleichen nament-<lb/>
liche Schma&#x0364;hungen unter&#x017F;agt &#x017F;ind, wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie durch ha&#x0364;-<lb/>
mi&#x017F;che An&#x017F;pielungen, die ha&#x0364;ufig &#x017F;chlimmer ausgelegt<lb/>
werden, als der Urheber vielleicht &#x017F;elb&#x017F;t es im Sinn<lb/>
hat, ihrem Na&#x0364;ch&#x017F;ten zu &#x017F;chaden. Jhre Klat&#x017F;ch&#x017F;ucht<lb/>
ermangelt dann auch &#x017F;elten, dem, der zu ihrer gei&#x017F;t-<lb/>
lichen Satyre den Schlu&#x0364;ßel nicht hat, damit recht<lb/>
dien&#x017F;tfertig an die Hand zu gehen.</p><lb/>
        <p>Sie wollen immer heiliger und be&#x017F;&#x017F;er &#x017F;eyn,<lb/>
als alle andere Men&#x017F;chen; &#x017F;elb&#x017F;t dem Heilande und<lb/>
&#x017F;einen er&#x017F;ten Ju&#x0364;ngern mo&#x0364;chten &#x017F;ie es, dem a&#x0364;ußern<lb/>
Schein nach, gleich, oder wohl gar noch zuvor thun,<lb/>
und daher wird jede &#x017F;chuldlo&#x017F;e Freude als eitle<lb/>
Augen- und Flei&#x017F;cheslu&#x017F;t von ihnen verdammt und<lb/>
begeifert. Sie bedenken es nicht, die&#x017F;e gott&#x017F;eligen<lb/>
Ma&#x0364;nner, daß der Scho&#x0364;pfer &#x017F;eine Welt nicht um-<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t &#x017F;o herrlich ge&#x017F;chmu&#x0364;ckt hat; daß er den Trieb<lb/>
zur Ge&#x017F;elligkeit und gegen&#x017F;eitigen Mittheilung, die<lb/>
Empfindungen der Freund&#x017F;chaft und der Liebe<lb/>
in un&#x017F;re Bru&#x017F;t pflanzte, um uns dadurch zu ver-<lb/>
edeln, und uns immer mehr zu &#x017F;ich hinan zu bilden.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[244/0244] tigen chriſtlichen Pfaffen. Empoͤrend iſt es und ſchaͤndlich, wenn ein Volkslehrer, der die ſanfte lie- bevolle Lehre des Heilandes verkuͤndigen ſoll, ſelbſt von der Kanzel herab ſich die boshafteſten Verun- glimpfungen erlaubt, und oft die Ehre, das Gluck und die Ruhe ganzer Familien zu untergraben ſucht. Leider giebt es ſolcher Bonzen noch immer ſehr viel, und ſelbſt in Laͤndern, wo ihnen dergleichen nament- liche Schmaͤhungen unterſagt ſind, wiſſen ſie durch haͤ- miſche Anſpielungen, die haͤufig ſchlimmer ausgelegt werden, als der Urheber vielleicht ſelbſt es im Sinn hat, ihrem Naͤchſten zu ſchaden. Jhre Klatſchſucht ermangelt dann auch ſelten, dem, der zu ihrer geiſt- lichen Satyre den Schluͤßel nicht hat, damit recht dienſtfertig an die Hand zu gehen. Sie wollen immer heiliger und beſſer ſeyn, als alle andere Menſchen; ſelbſt dem Heilande und ſeinen erſten Juͤngern moͤchten ſie es, dem aͤußern Schein nach, gleich, oder wohl gar noch zuvor thun, und daher wird jede ſchuldloſe Freude als eitle Augen- und Fleiſchesluſt von ihnen verdammt und begeifert. Sie bedenken es nicht, dieſe gottſeligen Maͤnner, daß der Schoͤpfer ſeine Welt nicht um- ſonſt ſo herrlich geſchmuͤckt hat; daß er den Trieb zur Geſelligkeit und gegenſeitigen Mittheilung, die Empfindungen der Freundſchaft und der Liebe in unſre Bruſt pflanzte, um uns dadurch zu ver- edeln, und uns immer mehr zu ſich hinan zu bilden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/244
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/244>, abgerufen am 23.12.2024.