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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

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haben, zu vergleichen einem Garteneigenthümer,
der hundert Schlüssel an seine Bekannten austheilt,
um sich für ihre Person in seinem Garten zu belu-
stigen. Die Gartenschlüssel nemlich sind die ver-
kauften Exemplare eines Buchs, der Garten selbst
ist die Weisheit oder Albernheit, die darin steckt,
und die lieben Freunde und Bekannten sind die
Käufer des Buchs. Wer einen solchen, blos ihm
für seine Person anvertraueten Schlüssel einem Drit-
ten leiht, um in dem Garten zu naschen und sich
Körbe und Taschen voll zu pflücken, handelt höchst
unsittlich und widerrechtlich, und ist nichts besser,
als der Schelm und Spitzbube, der den geliehenen
Schlüssel zu diesem Zwecke benutzt. Der Garten-
eigenthümer und der Buchverleger; der Jnhaber des
Schlüssels und der Käufer eines Buchs; der, wel-
cher einen Schlüssel zu einem Garten leiht, um
darin zu naschen und zu stehlen, und der, so ein
Buch borgt, um darin zu lesen, sind sich, nach
Jhnen, Herr Abgeordneter und nach Herrn Cella,
so gleich, wie ein Ei dem andern. Folglich ist der
Verleiher eines Buchs ein eben so schlechter Mensch,
wie der, welcher einen ihm blos für seine Person
anvertraueten Gartenschlüssel einem Dritten giebt,
um von fremdem Gut stehlen und naschen zu kön-
nen; und wer ein Buch leihet um es zu lesen
und zu benutzen, ist, nach Jhrem Gleichnisse,
nichts besser als der Gartendieb, der mittelst eines

er-

haben, zu vergleichen einem Garteneigenthuͤmer,
der hundert Schluͤſſel an ſeine Bekannten austheilt,
um ſich fuͤr ihre Perſon in ſeinem Garten zu belu-
ſtigen. Die Gartenſchluͤſſel nemlich ſind die ver-
kauften Exemplare eines Buchs, der Garten ſelbſt
iſt die Weisheit oder Albernheit, die darin ſteckt,
und die lieben Freunde und Bekannten ſind die
Kaͤufer des Buchs. Wer einen ſolchen, blos ihm
fuͤr ſeine Perſon anvertraueten Schluͤſſel einem Drit-
ten leiht, um in dem Garten zu naſchen und ſich
Koͤrbe und Taſchen voll zu pfluͤcken, handelt hoͤchſt
unſittlich und widerrechtlich, und iſt nichts beſſer,
als der Schelm und Spitzbube, der den geliehenen
Schluͤſſel zu dieſem Zwecke benutzt. Der Garten-
eigenthuͤmer und der Buchverleger; der Jnhaber des
Schluͤſſels und der Kaͤufer eines Buchs; der, wel-
cher einen Schluͤſſel zu einem Garten leiht, um
darin zu naſchen und zu ſtehlen, und der, ſo ein
Buch borgt, um darin zu leſen, ſind ſich, nach
Jhnen, Herr Abgeordneter und nach Herrn Cella,
ſo gleich, wie ein Ei dem andern. Folglich iſt der
Verleiher eines Buchs ein eben ſo ſchlechter Menſch,
wie der, welcher einen ihm blos fuͤr ſeine Perſon
anvertraueten Gartenſchluͤſſel einem Dritten giebt,
um von fremdem Gut ſtehlen und naſchen zu koͤn-
nen; und wer ein Buch leihet um es zu leſen
und zu benutzen, iſt, nach Jhrem Gleichniſſe,
nichts beſſer als der Gartendieb, der mittelſt eines

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[24/0024] haben, zu vergleichen einem Garteneigenthuͤmer, der hundert Schluͤſſel an ſeine Bekannten austheilt, um ſich fuͤr ihre Perſon in ſeinem Garten zu belu- ſtigen. Die Gartenſchluͤſſel nemlich ſind die ver- kauften Exemplare eines Buchs, der Garten ſelbſt iſt die Weisheit oder Albernheit, die darin ſteckt, und die lieben Freunde und Bekannten ſind die Kaͤufer des Buchs. Wer einen ſolchen, blos ihm fuͤr ſeine Perſon anvertraueten Schluͤſſel einem Drit- ten leiht, um in dem Garten zu naſchen und ſich Koͤrbe und Taſchen voll zu pfluͤcken, handelt hoͤchſt unſittlich und widerrechtlich, und iſt nichts beſſer, als der Schelm und Spitzbube, der den geliehenen Schluͤſſel zu dieſem Zwecke benutzt. Der Garten- eigenthuͤmer und der Buchverleger; der Jnhaber des Schluͤſſels und der Kaͤufer eines Buchs; der, wel- cher einen Schluͤſſel zu einem Garten leiht, um darin zu naſchen und zu ſtehlen, und der, ſo ein Buch borgt, um darin zu leſen, ſind ſich, nach Jhnen, Herr Abgeordneter und nach Herrn Cella, ſo gleich, wie ein Ei dem andern. Folglich iſt der Verleiher eines Buchs ein eben ſo ſchlechter Menſch, wie der, welcher einen ihm blos fuͤr ſeine Perſon anvertraueten Gartenſchluͤſſel einem Dritten giebt, um von fremdem Gut ſtehlen und naſchen zu koͤn- nen; und wer ein Buch leihet um es zu leſen und zu benutzen, iſt, nach Jhrem Gleichniſſe, nichts beſſer als der Gartendieb, der mittelſt eines er-

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Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/24>, abgerufen am 27.11.2024.