man weiter: Sind euch die Leihbibliotheken, die Lesegesellschaften, ist euch selbst nicht jeder Käufer nachtheilig, der das von euch gekaufte Buch an zehn, an hundert Andere verleihet, und diese da- durch der Ausgabe überhebt, das ihnen sonst nöthige Werk von euch um schweres Geld kaufen zu müs- sen? Sind diese euch nicht eben so schädlich an eurem Absatze, schädlicher vielleicht noch, als alle Nachdrucker zusammen genommen? Freilich wohl, wird die ehrliche Antwort lauten, falls diese Her- ren anders eine solche Antwort zu geben im Stande sind, freilich sind uns die Genannten noch weit nachtheiliger; allein würden wir mit denen Allen zu zanken beginnen, so würde man uns, die wir jetzt blos die Nachdrucker für Schelme und Diebe ausrufen, selbst für die eigennützigsten Prellhanse und Schelme erklären; wir würden den Theil der öffentlichen Meinung, den wir und unsere Streit- genossen durch Trugschlüsse, schiefe Gleichnisse, hohlklingende rhetorische Floskeln gewonnen haben, verlieren; wir würden die unglücklichsten Menschen von der Welt seyn. Aber, wenn blos das Wider- rechtliche und Ehrlose des Nachdrucks in dem ver- meintlichen Schaden liegt, der euch Buchhändler aus der Verbreitung der nachgedruckten Exemplare entspringt, wie kann dann ein billiger Sittenrichter, wie kann ein einsichtsvoller Gesetzgeber wohl den Nachdruck für eine unmoralische Handlung erklären,
man weiter: Sind euch die Leihbibliotheken, die Leſegeſellſchaften, iſt euch ſelbſt nicht jeder Kaͤufer nachtheilig, der das von euch gekaufte Buch an zehn, an hundert Andere verleihet, und dieſe da- durch der Ausgabe uͤberhebt, das ihnen ſonſt noͤthige Werk von euch um ſchweres Geld kaufen zu muͤſ- ſen? Sind dieſe euch nicht eben ſo ſchaͤdlich an eurem Abſatze, ſchaͤdlicher vielleicht noch, als alle Nachdrucker zuſammen genommen? Freilich wohl, wird die ehrliche Antwort lauten, falls dieſe Her- ren anders eine ſolche Antwort zu geben im Stande ſind, freilich ſind uns die Genannten noch weit nachtheiliger; allein wuͤrden wir mit denen Allen zu zanken beginnen, ſo wuͤrde man uns, die wir jetzt blos die Nachdrucker fuͤr Schelme und Diebe ausrufen, ſelbſt fuͤr die eigennuͤtzigſten Prellhanſe und Schelme erklaͤren; wir wuͤrden den Theil der oͤffentlichen Meinung, den wir und unſere Streit- genoſſen durch Trugſchluͤſſe, ſchiefe Gleichniſſe, hohlklingende rhetoriſche Floskeln gewonnen haben, verlieren; wir wuͤrden die ungluͤcklichſten Menſchen von der Welt ſeyn. Aber, wenn blos das Wider- rechtliche und Ehrloſe des Nachdrucks in dem ver- meintlichen Schaden liegt, der euch Buchhaͤndler aus der Verbreitung der nachgedruckten Exemplare entſpringt, wie kann dann ein billiger Sittenrichter, wie kann ein einſichtsvoller Geſetzgeber wohl den Nachdruck fuͤr eine unmoraliſche Handlung erklaͤren,
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man weiter: Sind euch die Leihbibliotheken, die
Leſegeſellſchaften, iſt euch ſelbſt nicht jeder Kaͤufer
nachtheilig, der das von euch gekaufte Buch an
zehn, an hundert Andere verleihet, und dieſe da-
durch der Ausgabe uͤberhebt, das ihnen ſonſt noͤthige
Werk von euch um ſchweres Geld kaufen zu muͤſ-
ſen? Sind dieſe euch nicht eben ſo ſchaͤdlich an
eurem Abſatze, ſchaͤdlicher vielleicht noch, als alle
Nachdrucker zuſammen genommen? Freilich wohl,
wird die ehrliche Antwort lauten, falls dieſe Her-
ren anders eine ſolche Antwort zu geben im Stande
ſind, freilich ſind uns die Genannten noch weit
nachtheiliger; allein wuͤrden wir mit denen Allen
zu zanken beginnen, ſo wuͤrde man uns, die wir
jetzt blos die Nachdrucker fuͤr Schelme und Diebe
ausrufen, ſelbſt fuͤr die eigennuͤtzigſten Prellhanſe
und Schelme erklaͤren; wir wuͤrden den Theil der
oͤffentlichen Meinung, den wir und unſere Streit-
genoſſen durch Trugſchluͤſſe, ſchiefe Gleichniſſe,
hohlklingende rhetoriſche Floskeln gewonnen haben,
verlieren; wir wuͤrden die ungluͤcklichſten Menſchen
von der Welt ſeyn. Aber, wenn blos das Wider-
rechtliche und Ehrloſe des Nachdrucks in dem ver-
meintlichen Schaden liegt, der euch Buchhaͤndler
aus der Verbreitung der nachgedruckten Exemplare
entſpringt, wie kann dann ein billiger Sittenrichter,
wie kann ein einſichtsvoller Geſetzgeber wohl den
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/22>, abgerufen am 24.11.2024.
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