Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

dort gehabt hätte; wenn jeder öffentlich, laut und
frei hätte schreiben und sprechen dürfen, was ihm
für sein und seiner Mitbürger Wohl heilsam schien;
wenn die Fürsten statt ihren Leidenschaften und der
Stimme ihrer Minister, ihrer Huren, ihrer Beicht-
väter, ihrer Schmarotzer und Höflinge zu gehor-
chen, der Stimme ihrer Völker Gehör gegeben,
und denselben gefolgt wären. Nie würde von den
Rechten der Menschen die Rede gewesen seyn, wenn
diese Rechte nicht von Fürsten, Pfaffen und Rittern
so grausam wären zertreten worden. Nie hätte
man von Pflichten der Regenten gesprochen, wenn
diese nicht von jeher alle fürstlichen und menschli-
chen Pflichten so oft und frevelnd verletzt hätten;
und hieran war besonders bei den Christen die,
durch schmeichlerische, ehrgeizige, herrsch- und hab-
gierige Pfaffen vollbrachte Entstellung der Christus-
lehre Schuld. Die schönen und ersten Grundsätze
derselben: daß alle Menschen göttlichen Geschlechts
sind; daß alle gleiche Ansprüche auf den Genuß
und die Freuden des Lebens haben; daß alle, sie
mögen seyn, von welcherlei Volk und welches Glau-
bens sie wollen, sich mit inniger Bruderliebe um-
fassen; daß keiner den andern als sein Eigenthum
und als einen Sklaven, als eine Sache behandeln
solle; diese ersten und herrlichsten Grundsätze der
Lehre des Heilandes wurden aus den Glaubens-
und Sittenlehren des Christenthums ausgetilgt,

dort gehabt haͤtte; wenn jeder oͤffentlich, laut und
frei haͤtte ſchreiben und ſprechen duͤrfen, was ihm
fuͤr ſein und ſeiner Mitbuͤrger Wohl heilſam ſchien;
wenn die Fuͤrſten ſtatt ihren Leidenſchaften und der
Stimme ihrer Miniſter, ihrer Huren, ihrer Beicht-
vaͤter, ihrer Schmarotzer und Hoͤflinge zu gehor-
chen, der Stimme ihrer Voͤlker Gehoͤr gegeben,
und denſelben gefolgt waͤren. Nie wuͤrde von den
Rechten der Menſchen die Rede geweſen ſeyn, wenn
dieſe Rechte nicht von Fuͤrſten, Pfaffen und Rittern
ſo grauſam waͤren zertreten worden. Nie haͤtte
man von Pflichten der Regenten geſprochen, wenn
dieſe nicht von jeher alle fuͤrſtlichen und menſchli-
chen Pflichten ſo oft und frevelnd verletzt haͤtten;
und hieran war beſonders bei den Chriſten die,
durch ſchmeichleriſche, ehrgeizige, herrſch- und hab-
gierige Pfaffen vollbrachte Entſtellung der Chriſtus-
lehre Schuld. Die ſchoͤnen und erſten Grundſaͤtze
derſelben: daß alle Menſchen goͤttlichen Geſchlechts
ſind; daß alle gleiche Anſpruͤche auf den Genuß
und die Freuden des Lebens haben; daß alle, ſie
moͤgen ſeyn, von welcherlei Volk und welches Glau-
bens ſie wollen, ſich mit inniger Bruderliebe um-
faſſen; daß keiner den andern als ſein Eigenthum
und als einen Sklaven, als eine Sache behandeln
ſolle; dieſe erſten und herrlichſten Grundſaͤtze der
Lehre des Heilandes wurden aus den Glaubens-
und Sittenlehren des Chriſtenthums ausgetilgt,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0218" n="218"/>
dort gehabt ha&#x0364;tte; wenn jeder o&#x0364;ffentlich, laut und<lb/>
frei ha&#x0364;tte &#x017F;chreiben und &#x017F;prechen du&#x0364;rfen, was ihm<lb/>
fu&#x0364;r &#x017F;ein und &#x017F;einer Mitbu&#x0364;rger Wohl heil&#x017F;am &#x017F;chien;<lb/>
wenn die Fu&#x0364;r&#x017F;ten &#x017F;tatt ihren Leiden&#x017F;chaften und der<lb/>
Stimme ihrer Mini&#x017F;ter, ihrer Huren, ihrer Beicht-<lb/>
va&#x0364;ter, ihrer Schmarotzer und Ho&#x0364;flinge zu gehor-<lb/>
chen, der Stimme ihrer Vo&#x0364;lker Geho&#x0364;r gegeben,<lb/>
und den&#x017F;elben gefolgt wa&#x0364;ren. Nie wu&#x0364;rde von den<lb/>
Rechten der Men&#x017F;chen die Rede gewe&#x017F;en &#x017F;eyn, wenn<lb/>
die&#x017F;e Rechte nicht von Fu&#x0364;r&#x017F;ten, Pfaffen und Rittern<lb/>
&#x017F;o grau&#x017F;am wa&#x0364;ren zertreten worden. Nie ha&#x0364;tte<lb/>
man von Pflichten der Regenten ge&#x017F;prochen, wenn<lb/>
die&#x017F;e nicht von jeher alle fu&#x0364;r&#x017F;tlichen und men&#x017F;chli-<lb/>
chen Pflichten &#x017F;o oft und frevelnd verletzt ha&#x0364;tten;<lb/>
und hieran war be&#x017F;onders bei den Chri&#x017F;ten die,<lb/>
durch &#x017F;chmeichleri&#x017F;che, ehrgeizige, herr&#x017F;ch- und hab-<lb/>
gierige Pfaffen vollbrachte Ent&#x017F;tellung der Chri&#x017F;tus-<lb/>
lehre Schuld. Die &#x017F;cho&#x0364;nen und er&#x017F;ten Grund&#x017F;a&#x0364;tze<lb/>
der&#x017F;elben: daß alle Men&#x017F;chen go&#x0364;ttlichen Ge&#x017F;chlechts<lb/>
&#x017F;ind; daß alle gleiche An&#x017F;pru&#x0364;che auf den Genuß<lb/>
und die Freuden des Lebens haben; daß alle, &#x017F;ie<lb/>
mo&#x0364;gen &#x017F;eyn, von welcherlei Volk und welches Glau-<lb/>
bens &#x017F;ie wollen, &#x017F;ich mit inniger Bruderliebe um-<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;en; daß keiner den andern als &#x017F;ein Eigenthum<lb/>
und als einen Sklaven, als eine Sache behandeln<lb/>
&#x017F;olle; die&#x017F;e er&#x017F;ten und herrlich&#x017F;ten Grund&#x017F;a&#x0364;tze der<lb/>
Lehre des Heilandes wurden aus den Glaubens-<lb/>
und Sittenlehren des Chri&#x017F;tenthums ausgetilgt,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[218/0218] dort gehabt haͤtte; wenn jeder oͤffentlich, laut und frei haͤtte ſchreiben und ſprechen duͤrfen, was ihm fuͤr ſein und ſeiner Mitbuͤrger Wohl heilſam ſchien; wenn die Fuͤrſten ſtatt ihren Leidenſchaften und der Stimme ihrer Miniſter, ihrer Huren, ihrer Beicht- vaͤter, ihrer Schmarotzer und Hoͤflinge zu gehor- chen, der Stimme ihrer Voͤlker Gehoͤr gegeben, und denſelben gefolgt waͤren. Nie wuͤrde von den Rechten der Menſchen die Rede geweſen ſeyn, wenn dieſe Rechte nicht von Fuͤrſten, Pfaffen und Rittern ſo grauſam waͤren zertreten worden. Nie haͤtte man von Pflichten der Regenten geſprochen, wenn dieſe nicht von jeher alle fuͤrſtlichen und menſchli- chen Pflichten ſo oft und frevelnd verletzt haͤtten; und hieran war beſonders bei den Chriſten die, durch ſchmeichleriſche, ehrgeizige, herrſch- und hab- gierige Pfaffen vollbrachte Entſtellung der Chriſtus- lehre Schuld. Die ſchoͤnen und erſten Grundſaͤtze derſelben: daß alle Menſchen goͤttlichen Geſchlechts ſind; daß alle gleiche Anſpruͤche auf den Genuß und die Freuden des Lebens haben; daß alle, ſie moͤgen ſeyn, von welcherlei Volk und welches Glau- bens ſie wollen, ſich mit inniger Bruderliebe um- faſſen; daß keiner den andern als ſein Eigenthum und als einen Sklaven, als eine Sache behandeln ſolle; dieſe erſten und herrlichſten Grundſaͤtze der Lehre des Heilandes wurden aus den Glaubens- und Sittenlehren des Chriſtenthums ausgetilgt,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/218
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/218>, abgerufen am 23.12.2024.