Diese Mittel, welche hin und wieder auch von welt- lichen Machthabern, zur Störung des politischen Jdeenaustausches den Pfaffen nachgeahmt wurden, sind eben so nichtswürdig, als schlecht, mögen sie angewandt werden von einer geistlichen oder einer weltlichen Gewalt, zur Aufrechthaltung eines kirch- lichen Systems oder eines politischen Prinzips. Be- sonders waren gebeimes Spionenwesen und Jnqui- sitionsgerichte von jeher allen Völkern, die noch einigen Sinn für Rechtlichkeit hatten, verhaßt; sie empören um so mehr, da sie nicht allein das öf- fentliche und das besondere Vertrauen, sondern selbst die Sittlichkeit der Bürger ersticken, ohne welche kein Staat bestehen und im Fall eines An- griffs von aussen oder innen sich halten kann. Wo der Gatte nicht seiner Gattin, der Bruder nicht dem Bruder, der Herr nicht dem Diener mehr trauen darf; wo geheime Angeber auf jedes Wort lauschen, um es gegen einen schändlichen Lohn ei- nem verächtlichen feigen Zwingherrn und seinen Schergen zu überbringen, wo Kinder gegen ihre Eltern, Freunde gegen ihre Freunde, Nachbaren gegen ihre Nachbaren, Dienstboten gegen ihre Herrschaften durch schnöden ehrlosen Gewinn zum Verrath, ja wohl gar zum falschen Zeugnisse und zum Meineide angereizt werden; wo der Tyrann frech, nichtswürdig und scham- los genug ist, für die seinen Posten anvertraueten, versiegelten Briefe sich theures Postgeld zahlen, und
Dieſe Mittel, welche hin und wieder auch von welt- lichen Machthabern, zur Stoͤrung des politiſchen Jdeenaustauſches den Pfaffen nachgeahmt wurden, ſind eben ſo nichtswuͤrdig, als ſchlecht, moͤgen ſie angewandt werden von einer geiſtlichen oder einer weltlichen Gewalt, zur Aufrechthaltung eines kirch- lichen Syſtems oder eines politiſchen Prinzips. Be- ſonders waren gebeimes Spionenweſen und Jnqui- ſitionsgerichte von jeher allen Voͤlkern, die noch einigen Sinn fuͤr Rechtlichkeit hatten, verhaßt; ſie empoͤren um ſo mehr, da ſie nicht allein das oͤf- fentliche und das beſondere Vertrauen, ſondern ſelbſt die Sittlichkeit der Buͤrger erſticken, ohne welche kein Staat beſtehen und im Fall eines An- griffs von auſſen oder innen ſich halten kann. Wo der Gatte nicht ſeiner Gattin, der Bruder nicht dem Bruder, der Herr nicht dem Diener mehr trauen darf; wo geheime Angeber auf jedes Wort lauſchen, um es gegen einen ſchaͤndlichen Lohn ei- nem veraͤchtlichen feigen Zwingherrn und ſeinen Schergen zu uͤberbringen, wo Kinder gegen ihre Eltern, Freunde gegen ihre Freunde, Nachbaren gegen ihre Nachbaren, Dienſtboten gegen ihre Herrſchaften durch ſchnoͤden ehrloſen Gewinn zum Verrath, ja wohl gar zum falſchen Zeugniſſe und zum Meineide angereizt werden; wo der Tyrann frech, nichtswuͤrdig und ſcham- los genug iſt, fuͤr die ſeinen Poſten anvertraueten, verſiegelten Briefe ſich theures Poſtgeld zahlen, und
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Dieſe Mittel, welche hin und wieder auch von welt-
lichen Machthabern, zur Stoͤrung des politiſchen
Jdeenaustauſches den Pfaffen nachgeahmt wurden,
ſind eben ſo nichtswuͤrdig, als ſchlecht, moͤgen ſie
angewandt werden von einer geiſtlichen oder einer
weltlichen Gewalt, zur Aufrechthaltung eines kirch-
lichen Syſtems oder eines politiſchen Prinzips. Be-
ſonders waren gebeimes Spionenweſen und Jnqui-
ſitionsgerichte von jeher allen Voͤlkern, die noch
einigen Sinn fuͤr Rechtlichkeit hatten, verhaßt; ſie
empoͤren um ſo mehr, da ſie nicht allein das oͤf-
fentliche und das beſondere Vertrauen, ſondern
ſelbſt die Sittlichkeit der Buͤrger erſticken, ohne
welche kein Staat beſtehen und im Fall eines An-
griffs von auſſen oder innen ſich halten kann. Wo
der Gatte nicht ſeiner Gattin, der Bruder nicht
dem Bruder, der Herr nicht dem Diener mehr
trauen darf; wo geheime Angeber auf jedes Wort
lauſchen, um es gegen einen ſchaͤndlichen Lohn ei-
nem veraͤchtlichen feigen Zwingherrn und ſeinen
Schergen zu uͤberbringen, wo Kinder gegen ihre
Eltern, Freunde gegen ihre Freunde, Nachbaren gegen
ihre Nachbaren, Dienſtboten gegen ihre Herrſchaften
durch ſchnoͤden ehrloſen Gewinn zum Verrath, ja wohl
gar zum falſchen Zeugniſſe und zum Meineide angereizt
werden; wo der Tyrann frech, nichtswuͤrdig und ſcham-
los genug iſt, fuͤr die ſeinen Poſten anvertraueten,
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/206>, abgerufen am 23.12.2024.
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