Schwerdter gegen ihn richteten und den wurmsti- chigen Thron umstürzten. Eben so wenig läßt sich für die persönliche Sicherheit eines Tyrannen von einer privilegirten erblichen Volkskaste, dem Adel, erwarten. Die meisten Thronrevolutionen wurden von Edelleuten angezettelt und ausgeführt, wenn gleich selten oder nie zum Besten der Völker, doch immer zum Besten eines Günstlings der Anstifter oder ihrer erblichen Kaste, welcher sie dadurch größere Unabhängigkeit von dem Herrscher und mehr Vorrechte vor den übrigen Volksklassen zu verschaffen suchten. Diese letztern gewannen in der Regel nie das Mindeste dabei, denn ob der Tyrann Peter oder Paul hieß, das konnte ihnen gleichgül- tig seyn; sie waren ja unter jeder Bedingung zu Opfern der großen und kleinen, der geistlichen und weltlichen Blutigel bestimmt.
Ausser der Liebe und Achtung des Volks, welche aber kein willkührlicher Herrscher zu erlan- gen vermag, giebt es also nur eine einzige zuver- lässige Stütze des Despotismus, ein über die Ge- müther durch religiösen, blinden Aberglauben ge- bietendes Pfaffenthum, dessen Jnteressen mit denen des Thrones auf das Jnnigste verknüpft sind. Dies hat man in neuern Zeiten wiederum eingesehen, und deshalb wurden und werden vielleicht fürder noch in mehreren großen Staaten dem Zeitgeist der Pfaffengeist, den Liberalen und sogenannten
III. Bäudchen. 17
Schwerdter gegen ihn richteten und den wurmſti- chigen Thron umſtuͤrzten. Eben ſo wenig laͤßt ſich fuͤr die perſoͤnliche Sicherheit eines Tyrannen von einer privilegirten erblichen Volkskaſte, dem Adel, erwarten. Die meiſten Thronrevolutionen wurden von Edelleuten angezettelt und ausgefuͤhrt, wenn gleich ſelten oder nie zum Beſten der Voͤlker, doch immer zum Beſten eines Guͤnſtlings der Anſtifter oder ihrer erblichen Kaſte, welcher ſie dadurch groͤßere Unabhaͤngigkeit von dem Herrſcher und mehr Vorrechte vor den uͤbrigen Volksklaſſen zu verſchaffen ſuchten. Dieſe letztern gewannen in der Regel nie das Mindeſte dabei, denn ob der Tyrann Peter oder Paul hieß, das konnte ihnen gleichguͤl- tig ſeyn; ſie waren ja unter jeder Bedingung zu Opfern der großen und kleinen, der geiſtlichen und weltlichen Blutigel beſtimmt.
Auſſer der Liebe und Achtung des Volks, welche aber kein willkuͤhrlicher Herrſcher zu erlan- gen vermag, giebt es alſo nur eine einzige zuver- laͤſſige Stuͤtze des Despotismus, ein uͤber die Ge- muͤther durch religioͤſen, blinden Aberglauben ge- bietendes Pfaffenthum, deſſen Jntereſſen mit denen des Thrones auf das Jnnigſte verknuͤpft ſind. Dies hat man in neuern Zeiten wiederum eingeſehen, und deshalb wurden und werden vielleicht fuͤrder noch in mehreren großen Staaten dem Zeitgeiſt der Pfaffengeiſt, den Liberalen und ſogenannten
III. Baͤudchen. 17
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Schwerdter gegen ihn richteten und den wurmſti-
chigen Thron umſtuͤrzten. Eben ſo wenig laͤßt ſich
fuͤr die perſoͤnliche Sicherheit eines Tyrannen von
einer privilegirten erblichen Volkskaſte, dem Adel,
erwarten. Die meiſten Thronrevolutionen wurden
von Edelleuten angezettelt und ausgefuͤhrt, wenn
gleich ſelten oder nie zum Beſten der Voͤlker, doch
immer zum Beſten eines Guͤnſtlings der Anſtifter
oder ihrer erblichen Kaſte, welcher ſie dadurch
groͤßere Unabhaͤngigkeit von dem Herrſcher und
mehr Vorrechte vor den uͤbrigen Volksklaſſen zu
verſchaffen ſuchten. Dieſe letztern gewannen in der
Regel nie das Mindeſte dabei, denn ob der Tyrann
Peter oder Paul hieß, das konnte ihnen gleichguͤl-
tig ſeyn; ſie waren ja unter jeder Bedingung zu
Opfern der großen und kleinen, der geiſtlichen und
weltlichen Blutigel beſtimmt.
Auſſer der Liebe und Achtung des Volks,
welche aber kein willkuͤhrlicher Herrſcher zu erlan-
gen vermag, giebt es alſo nur eine einzige zuver-
laͤſſige Stuͤtze des Despotismus, ein uͤber die Ge-
muͤther durch religioͤſen, blinden Aberglauben ge-
bietendes Pfaffenthum, deſſen Jntereſſen mit denen
des Thrones auf das Jnnigſte verknuͤpft ſind. Dies
hat man in neuern Zeiten wiederum eingeſehen,
und deshalb wurden und werden vielleicht fuͤrder
noch in mehreren großen Staaten dem Zeitgeiſt
der Pfaffengeiſt, den Liberalen und ſogenannten
III. Baͤudchen. 17
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/193>, abgerufen am 28.11.2024.
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